Kino am Vormittag und kleine Enttäuschung

Kino am Vormittag und kleine Enttäuschung

Auf diesen Termin hatte ich mich gefreut: "Das Weiterleben der Ruth Klüger" - Filmpremiere des Dokumentarfilms von Renata Schmidtkunz über das Leben der aus Wien stammenden amerikanischen Schrifstellerin. Und: Die Autorin ist zum Publikumsgespräch anwesend.

Ruth Klüger wurde als Elfjährige mit ihrer Mutter in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, kurz vor Kriegsende gelang ihr auf einem Todesmarsch nach Bergen Belsen die Flucht. Später setzt sie sich mit dem Erlebten in ihrem Roman "Weiter leben. Eine Jugend" auseinander, er erscheint 1992, ist ein Bestseller. "Ich habe den Verstand nicht verloren, ich habe Reime gemacht!" sagt Ruth Klüger. Schön, dass ich die Schrifstellerin auf dem Kirchentag treffen sollte!

Der Saal war schon überfüllt als ich am Donnerstagvormittag im Congress-Centrum ankam und die einleitende Worte hatte ich verpasst - Zeitmanagement während des Kirchentages ist eher ein Glücksspiel. Einen Stehplatz fand ich noch, der Film fing direkt an. Schmidtkunz begleitete Ruth Klüger zu verschiedenen Stationen: in die USA, nach Göttingen, Israel, Wien - Orte, die in dem Leben Klügers eine wichtige Rolle spielen. Die Regisseurin nähert sich ihr behutsam - fast schon intime Momente. Schmidtkunz fängt interessante Dialoge ein, ohne dass es inszeniert wirkt.

Bei einigen Szenen dachte ich: "Wie schön, Ruth Klüger gleich 'in echt' zu erleben!". Eine Frau, die kluge Denkanstöße gibt. Dann, nach knapp neunzig Minuten die Enttäuschung: Regisseurin Renata Schmidtkunz sitzt ohne die Schriftstellerin auf der Bühne. Ruth Klüger ist nicht da, Krankheit! Offensichtlich wurde das Publikum schon vor der Filmvorführung informiert...das ist leider auch Kirchentag: Bei über 2500 Veranstaltungen kommen auch viele Absagen vor. Dennoch - auch durch den Dokumentarfilm lernte ich Ruth Klüger ein wenig kennen. Am 9. Mai kommt er in die deutschen Kinos. Sehenswert!

weitere Blogs

Lesbisches Paar
Was hat der 01. Mai mit queerer Theologie zu tun? Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Queerness immer schon Teil der Arbeiter*innenbewegung war. Und weil die Lesbian Visibility Week erst gestern zu Ende gegangen ist, nimmt der Beitrag ein Beispiel aus der lesbischen Geschichte auf.
Illustration blauer Stuhl
Dieses Jahr blieben beim Pessach-Seder viele Stühle leer.
Coole neue Gottesdienstformen finden viel Aufmerksamkeit – oder geschieht das nur um der Aufmerksamkeit willen?