Diakonie deckt für Obdachlose den Tisch

epd-bild/Aaron Kniese
Alle Gäste an diesem Mittag in der Diakonie sind wohnungslos. Sie leben auf der Straße oder in Not- oder Übergangsunterkünften.
Aktion "Tischlein deck‘ dich!"
Diakonie deckt für Obdachlose den Tisch
Ein herzhafter Essensgeruch zieht durch das Haus der Kirche in Rüsselsheim. Rund 120 Menschen singen gemeinsam Weihnachtslieder, lachen und unterhalten sich. Ein warmes Essen ist für diese Menschen nicht selbstverständlich.

Es ist Punkt 13 Uhr, als Mitglieder des Lions- und des Rotary-Clubs die Deckel der großen chromfarbigen Catering-Behälter öffnen. Helfer und Helferinnen mit Tellern in den Händen stehen bereit, um Weihnachtsbraten, Soße, Rotkraut, Klöße und Preiselbeeren in Empfang zu nehmen. "Tischlein deck‘ dich" stand über der Einladung ins Haus der Kirche in Rüsselsheim.

Seit fünf Jahren gibt es die Veranstaltung in der Vorweihnachtszeit, Ausrichter sind die Regionale Diakonie Groß-Gerau/Rüsselsheim, die Evangelische Martinsgemeinde, zwei Lions-Clubs in Rüsselsheim und die Rotarier Rüsselsheim-Mainspitze.

Die Helfenden tragen die gefüllten Teller zu den Tischen im Saal. "Guten Appetit, lasst es euch schmecken!", wünschen sie den Gästen. Für diese ist das Festessen etwas Besonderes: "Für unsere Gäste heute ist das nicht selbstverständlich", betont der Leiter der Regionalen Diakonie Groß-Gerau/Rüsselsheim, Lucian Lazar.

Ein Essen in einer Preislage von 25 bis 30 Euro könne sich hier niemand leisten. Denn alle Gäste an diesem Mittag sind wohnungslos. Sie leben auf der Straße oder in Not- oder Übergangsunterkünften. Mit der Einladung zum Weihnachtsessen wollten die Gastgeber einen besonderen Moment für die von Armut betroffenen Menschen schaffen, sagt Lazar. Die Gäste stehen im Mittelpunkt, werden bedient und können gemeinsam feiern.

Alte Bekannte wieder treffen

An einem der Tischenden sitzt Petra März. Sie kommt gemeinsam mit ihrem Partner jedes Jahr zu "Tischlein deck‘ dich". "Es ist eine Weihnachtsfeier für Menschen, die sonst kein Weihnachten haben", sagt sie. Sie sei dankbar, dass es diese Feier gibt. Ihr Partner Heinz Uwe Dörrschuck sitzt neben ihr. Für ihn ist die jährliche Feier auch immer eine Möglichkeit, alte Bekannte wiederzutreffen. Früher habe er auf der Straße gelebt. Hier trifft er Bekannte aus der alten Gruppe wieder und kann sich nach deren Ergehen erkundigen.

Zu den Gästen gehört auch Georg Raitza. Er erzählt, dass er jahrelang alkoholkrank war. Den Weg aus der Sucht fand er durch die Unterstützung der Diakonie, weshalb er den Mitarbeitenden sehr verbunden sei. Die Weihnachtsfeier sei daher immer ein schöner Moment zum Beisammensein und auch zum Danke sagen.

Mehr als 30 ehrenamtliche Helfende aus den verschiedenen Clubs wie auch Mitarbeitende der Diakonie sind an diesem Mittag im Einsatz. Teller für Teller bringen sie an die Tische und leer wieder zurück. Nach dem Essen setzen sie sich mit an die Tische, unterhalten sich und singen mit den Gästen gemeinsam Weihnachtslieder. Die Stimmung im Saal ist herzlich. An solchen Tagen erfahre sie immer wieder von den Schicksalen der Menschen und wie schnell sich ein Leben verändern kann, sagt Helferin Claudia Laudes.

"Mir geht es gut in meinem Leben und es ist schön, den Menschen, denen es nicht so gut geht, etwas zurückzugeben", fügt sie hinzu. 150 Portionen hat der Caterer und Rotarier Kurt Eisenacher für die Gäste und die Helfer zum Selbstkostenpreis zubereitet. Neben dem Weihnachtsbraten gibt es auch eine vegetarische Variante. Eisenacher unterstützt die Aktion jedes Jahr. Hier komme er mit Menschen in Kontakt, auf die er im Alltag nicht trifft, sagt er.
Bedarf steigt

Sozialarbeiterin Eva Dettweiler beim Weihnachtsessen für Menschen ohne Wohnung im Haus der Kirche in Rüsselsheim.

Alle Gäste haben zuvor eine Eintrittskarte erhalten. Man kenne seine Leute, sagt Sozialarbeiterin Eva Dettweiler. Bei der Essensausgabe "Kochen für Rüsselsheim", bei der Wohnungsnotfallhilfe und anderen diakonischen Angeboten haben die Helfenden die Klienten angesprochen und 120 Eintrittskarten verteilt, die Platzkapazitäten sind begrenzt.

Der Bedarf an Unterstützung sei riesig, sagt Dettweiler und betont: "Es wird immer mehr!" Beinahe täglich erhält die Sozialarbeiterin nach eigenen Angaben Anrufe von Menschen, die verzweifelt seien, weil sie ihre Wohnung verlieren oder kein Geld für Nahrungsmittel haben.