Du sollst nicht langsam sein versus Du sollst am siebten Tage ruhen

Du sollst nicht langsam sein versus Du sollst am siebten Tage ruhen

Dass die Werbung sich aus der reichhaltigen Fülle biblischer Bilder und der christlichen Tradition bedient ist ja nun nichts Neues. Man denke nur an diese im Dezember noch geschaltete Werbung für eine Kochsendung, bei der die Köche nach dem Vobild von DaVincis Abendmahl zusammensitzen. Ein Motiv, das ja relativ häufig aufgenommen wird - ich erinnere mich an LOST-Werbung oder Battlestar-Galactica-Motive, die auch DaVincis Motiv benutzten. Jetzt tönt es aber von allen Ecken und Enden: "Du sollst nicht langsam sein!"

Die Firma, die diese Botschaft in die Weite streut verkauft Internetzugänge. Und wirbt mit dem Motiv des Rennfahrers und des Slogans, der sich der Sprache der 10 Gebote: "Du sollst - du sollst nicht" bedient, für die Schnelligkeit ihres Anschlusses. Noch besser, noch schneller, kein Warten beim Download mehr - Werbebotschaften, die so alt sind wie das Internet jung.

In der heutigen Zeit ist alles irgendwie dringen, schnell und wichtig. Wir haben dauernd das Emailprogramm offen, werden von pingenden Twitterclients genervt, müssen ständig unseren Status auf Facebook reinstellen, ordern den Mietwagen, der uns schneller nach Hause bringt als die Bahn, online und wehe wenn der Paketbote uns das selbige nicht persönlich in die Hand drückt und wir das irgendwo abholen müssen. Drama! Katastrophe! Die wertvolle Zeit, die da verloren geht, könnte man ja so nutzbringend anwenden. Immer schneller und hektischer werden wir auf der Suche nach der letzten notwendigen Information und verstricken uns dabei häufig in unseren Aktivitäten. Denn wir sind nicht multitasking-fähig, auch wenn wir uns das gerne einreden wollen. Und dann kommt noch diese Firma daher und fordert uns auf, nicht langsam zu sein. Sondern schnell den neuen Internetanschluss zu bestellen inklusive Fernsehen mit Stopptaste, damit wir während es Telefonats das Fernsehen nicht unterbrechen müssen.

Moment mal. Predige ich hier gegen den Fortschritt per se? Ist das nicht toll, dass man in Echtzeit per Internet kommunizieren kann? Ist das nicht prima, wenn man nicht mehr tagelang auf eine Briefantwort warten muss? Ist das nicht toll wenn man sich vernetzen kann? Und ist das hier nicht ein Blog? Richtig. Stimmt alles. Und wer meint, ich würde per se gegen alles Neumodische sein, der kennt meinen Twitterstatus nicht. (Über 50.0000 Tweets, hüstel.) Wir haben den Fortschritt mitgenommen und die Seele dabei vergessen. Wir haben einfach vergessen wie man abschaltet. Und deswegen nervt mich diese Slogan, der in Form eines Gebots daherkommt unendlich, zumal Gott in der ersten Woche der Schöpfung auch nicht durcharbeitete, sondern am siebten Tage ruhte. Und das nochmal später mit: "Du sollst den Sabbat heiligen" in den 10 Geboten betonte.

Einmal in der Woche sollte Schluss sein mit blinkenden Updates, mit nervenden Mails, mit störenden Anrufen. Einmal in der Woche, so will Gott es, sollen wir der hektischen Zeit entfliehen können und auf die wichtigen Dinge im Leben besinnen. Der Werbebotschaft des "Schneller, höher, weiter" stellt Gott bewußt die Entschleunigung entgegen. Sich auf sich selbst besinnen damit man im Alltag dann wieder tätig werden kann - das ist der Sinn des Gebotes, dass man den Sabbat - Sonntag oder den arbeitsfreien Tag, die Pause - heiligen solle. Zeit für sich und andere zu haben. Wer unablässig nur aufs Gaspedal drückt, kommt mit dem Körper sicherlich schneller ans Ziel. Doch vergißt er dabei seine Seele.

 

 

 

 

 

 

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