Grinchigkeit

Getty-images/iStock/Carther/evangelisch.de/privat (M)
Spiritus Blog mit Birgit Mattausch
Geistvoll in die Woche
Grinchigkeit
Über die für unsere Autorin schwierigste Zeit des Jahres

Advent ist mein Endgegner. Die schwierigste Zeit des Jahres.

Früher als Gemeindepfarrerin war mein Advent natürlich voll und busy und ich dauer-überanstrengt.

Jetzt ist das gar nicht mehr so. Schwer macht es mir der Advent aber trotzdem. Ich hatte schon Panikattacken im Advent. Ich stand schon weinend und nach Luft ringend in Hauseingängen in der Nähe von Weihnachtsmärkten, auf denen offensichtlich alle anderen Spaß hatten. In manchen Jahren habe ich versucht, mich mit den Adventsenthusiast:innen um mich herum zu verabreden. Vielleicht würde etwas von ihrer Begeisterung auf mich abfallen. Aber sie hatten keine Zeit. Sie mussten in Konzerte gehen, mussten Plätzchen backen, Kinder zu Krippenspielproben fahren, Weihnachtsgeschenke besorgen, putzen und probe-kochen.

Seit ein paar Jahren versuche ich mich in Grinchigkeit (auch wenn ich kein grünes Fell habe wie der weihnachtshassende Grinch im Film): ich mache Instagram und Facebook aus, schreibe keine einzige Weihnachtskarte und hänge maximal einen Stern auf.

Dieses Jahr habe ich bisher nicht mal den Stern geschafft. Der Advent hat mir nämlich Rückenschmerzen from hell beschert. Anscheinend mag er mich so wenig wie ich ihn. Wahrscheinlich findet der Advent, dass Leute wie ich am besten bis Januar allein in ihren Wohnungen bleiben sollten. Zwischen Bergen von ungewaschener und gewaschener Wäsche. Mit Mülltüten auf dem Balkon und einem Stapel zu überweisender Rechnungen auf dem Tisch. Wir sollen uns via Amazon Wärmepflaster liefern lassen und montagmorgens im Dunkeln gekrümmt zur Apotheke schleichen um einen Nachschub an Schmerztabletten zu holen.

Nein - der Advent und ich, wir werden keine Freund:innen mehr. Und wenns im Spruch für diese Woche heißt: „Bereitet dem HERRN den Weg!“, dann kann ich nur sagen: Sorry, das müssen andere tun. Ich übernehme dann wieder ab Januar - versprochen.  Erfreulicherweise heißt es ja aber weiter: „Der HERR kommt gewaltig.“ Vielleicht brauchts mich also für diesmal gar nicht. Und das, worauf auch noch der letzte Grinch und sogar ich warten:  Ein Ende der erbarmungslosen Skrupellosigkeit. Frieden und Heilsames für diesen Planeten. Für alle bitte, die es dringend brauchen. Die Menschen, die Tiere, die Bäume, die Steine. Worauf wir alle gemeinsam warten - selbst wenn wirs gar nicht merken - das kommt, irgendwann sogar gewaltig.

Mein Stern hängt immer noch nicht. Am Fenster am Haus gegenüber aber hat jemand einen grünen Labubu befestigt - von hier aus und im Gegenlicht sieht er für einen Moment aus wie ein Christbaum. 

Weitere Blogeinträge

weitere Blogs

Regenbogen Gemälde
Ein kleiner Text aus queerer Perspektive zum Jahrestag der Menschenrechte
Das Jahr neigt sich dem Ende zu. In der Evangelische Kirche ist für queere Christ:innen nicht alles gut gelaufen. Allerdings gab es auch Fortschritte, wie evangelisch.de-Blogger Christian Höller schreibt.
Der Bamberger Dom hat vorgesorgt – auch wenn der letzte Brand schon eine Weile her ist