Endlich Licht!

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Spiritus Blog mit Beatrice von Weizsäcker
Geistvoll in die Woche
Endlich Licht!
Es ist Advent – jetzt will ich‘s wagen.

Bin ich froh, dass der November vorbei ist. All die Finsternis und die Gedenktage voller Trauer und Bekümmernis. Jetzt ist Advent. Endlich. Endlich Licht! Endlich Hoffnung. Da wachsen die Widerstandskräfte fast von ganz allein. Wenn dann noch der Adventskalender von Andere Zeiten dazukommt, kann nichts mehr schief gehen. Ich habe ihn. Jedes Jahr. Immer ist er eine Freude. Eine Freude und Ermutigung. In drei Tagen wird er mir die Frage stellen: „Wie viele Menschen auf der Straße blicken hoch, wenn sie Fremde sehen, die hochblicken?“

Was keiner wagt, das sollt Ihr wagen,
was keiner sagt, das sagt heraus, 
was keiner denkt, das wagt zu denken, 
was keiner ausführt, das führt aus.

Die Zeilen von Lothar Zenetti sollen mir Ansporn sein. Den Mund aufmachen, wenn andere schweigen. Denken, was andere nicht denken, und an Menschen denken, an die kaum jemand denkt. Zum Beispiel an den hochblickenden Fremden. Tun, wovor sich andere scheuen. Wagen, was andere sich nicht trauen – und ich häufig auch nicht. Dabei ist es gar nicht so schwer. Besonders im Nikolaustag. Denn da beschert uns der „Andere Advent“ wahre Wort-Wunder. Goldene Wort-Schätze. Morgenschimmer etwa. Oder Augenweite. Himmelszeit, die mag ich sowieso. Und Mutausbruch. Ja, nicht Wut, Mut soll mich lenken. Auch wenn ich eigentlich oft feige bin. Aber wenn es klappt, bin ich ein glücklicher Frohlockvogel, noch so ein Wort-Schätzchen. Man kann die Begriffe aus der Seite herausdrücken und verschenken. Oder auf die Fensterbank legen. Für die anderen Vögel.

Wenn keiner ja sagt, sollt Ihr´s sagen,
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein,
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben, 
wenn alle mittun, steht allein.

Dann sage ich, was niemand sagt: Lebt und freut euch. Dann sage ich Nein, wenn niemand nein sagt, weil es mir wichtig ist. Dann bleibe ich im Abseits, wenn alle mittun, auch wenn es mir schwerfällt. Dann glaube ich, wenn alle zweifeln. Das Leben ist doch schön! 

Wo alle loben, habt Bedenken, 
wo alle spotten, spottet nicht, 
wo alle geizen, wagt zu schenken, 
wo alles dunkel ist, macht Licht!

Ich will nicht loben, wenn Loben eine Lüge wäre. Ich will niemanden verspotten, der Hilfe braucht. Ich will schenken, mich verschenken, wenn jemand kommt, der einsam ist.

Es ist Advent. Das Licht ist da. Heller, immer heller wird es werden. Von Kerze zu Kerze. Bis zur stillen, heiligen Nacht. Wenn Jesus zur Welt kommt, in der Dunkelheit. Wenn er sich ganz klein macht, für uns. Wenn er kommt, uns zu erlösen. 

Was kann uns da noch widerfahren? Viel natürlich. Doch wenn es nicht gut ist, sind wir nicht allein. Das ist mein Glaube. Den will ich wagen.

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