Eine subversive Geschichte

Figuren der Heiligen drei Könige, Jesuskind, Maria und Josef in einer Krippe
© Privat
Im Christentum wird jedes Jahr am 6. Januar "Epiphanias" oder das Fest der "Heiligen drei Könige" gefeiert.
Drei geheimnisvolle Fremde bezeugen eine subversive Geschichte.
Eine subversive Geschichte
Am 6. Januar wird im Christentum jedes Jahr "Epiphanias" oder Fest der "Heiligen drei Könige" gefeiert. Was es damit auf sich hat und warum die Geschichte subversiv ist, erfahrt ihr hier.

Am 6. Januar feiern evangelische, katholische und anglikanische Christi*innen jedes Jahr weltweit Epiphanias oder das Fest der sogenannten „Heiligen drei Könige“. In christlich orthodoxen Ländern wird am 6. Januar das Weihnachtsfest gefeiert.

Im Matthäusevangelium wird von drei weisen Männern erzählt. Sie kamen aus dem fernen Osten und folgten einem besonderen Stern.

„Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.“ (Matthäus 2,10)

Astrologen, Könige, Weise, Spinner? Wer waren die drei geheimnisvollen Personen aus fernen Ländern, die den Stern von Bethlehem entdeckt hatten und ihm folgten? Im griechischen Text des Matthäusevangeliums wurden sie als Magier bezeichnet. Sie waren offensichtlich kluge Leute, die etwas von Astrologie verstanden. Im Judentum galt Sterndeutung allerdings als befremdlich und irgendwie verdächtig. Es wurde nicht als rechtgläubig angesehen sich mit den Sternen zu beschäftigen. Dagegen war Sterndeutung bereits im  Altertum eine geschätzte Tätigkeit. Sie faszinierte viele, die über das Universum, den Kosmos und die Stellung der Welt darin philosophisch und naturwissenschaftlich nachdachten.

Matthäus wählte also sehr schillernde Personen aus dem Ausland aus, die Jesus die Ehre erwiesen. Sie unterstrichen mit ihrem Besuch aus der Fremde die Bedeutung der Geburt Jesu und wurden zu Zeugen eines ganz besonderen Ereignisses stilisiert. Nur Matthäus berichtet von den drei Weisen aus der Fremde. Ein kluger Schachzug, um Jesus als den rechtmäßigen Messias einzuführen.

Aber es ging Matthäus vor allem um die Machtfrage. Im zweiten Kapitel des Matthäusevangeliums wurde davon berichtet, dass die drei Weisen aus dem Morgenland zuerst nach Jerusalem kamen und dort alle fragten, die ihnen begegneten:

„Wo ist der neu geborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“ (Matthäus 2,2)

Zu der Zeit war Herodes König der Juden. Er war schockiert, als er von den drei Weisen hörte. Er fürchtete Konkurrenz und den Verlust seiner Macht durch diesen neuen König. Daher ließ er die drei Weisen zu sich rufen, schmeichelte ihnen und bat sie, dass sie ihm Bescheid geben sollten, wenn sie den Neugeborenen gefunden hätten, damit er ihm auch die Ehre erweisen könnte. Von jüdischen Schriftgelehrten erfuhr Herodes, dass der Stern über Bethlehem stand, so wie es vom Propheten Micha vorhergesagt war:

„Und du, Bethlehem, im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst,
der mein Volk Israel retten soll.“
(Micha 5,1)

So schickte Herodes die drei Weisen nach Bethlehem und wartete darauf, dass die drei ihm auf dem Rückweg vom neuen König berichten würden. Die drei Weisen fanden Jesus tatsächlich in Bethlehem in der Krippe liegen. Sie zeigten ihm Respekt und schenkten dem Kind Gold, Weihrauch und Myrrhe. Die drei Geschenke wurden später als Zeichen für einen König gedeutet. Gold war damals schon wertvoll und ein exklusives Metall. Weihrauch ist ein Harz, das auch damals bereits im Gottesdienst verbrannt wurde und symbolisch für Reinigung, Verehrung und Gebet stand. Myrrhe ist ein bitterer Saft, der aus der Rinde eines Baumes gewonnen wird. Myrrhe wurde zur Behandlung von Entzündungen genutzt. In der Antike wurde Leichen damit einbalsamiert. Alle drei Gaben wurden als eines Königs würdig angesehen. Sie waren Zeichen von Macht.

Als die drei in Bethlehem angekommen und den Neugeborenen gefunden hatten, erschien ihnen nach biblischen Zeugnis ein Engel im Traum und erklärte ihnen, Jesus nicht an Herodes zu verraten. Sie hielten sich daran und entschieden sich für eine andere Rückroute um Jerusalem herum. Die drei bezeugten die besondere Bedeutung von Jesus ohne zu Verrätern zu werden. Die imperiale Macht der Machthabenden und Statthalter wurde umgangen. Ein Stall am Rande der Provinz wurde zum Zentrum der Erzählung und ein Neugeborenes zum Gesalbten ausgerufen.

Nicht Kaiser Augustus oder der Statthalter Quirinius oder König Herodes spielten die Hauptrolle in dieser Geschichte, sondern einfache Hirten, Schafe, Ochs und Esel, ein junges Paar unterwegs ohne festen Wohnsitz mit einem neugeborenen Kind im Stall. Ein Baby mit unklaren Vaterschaftsangaben und drei geheimnisvolle Fremden als Zeugen der Geburt. Was für ein subversives Setting! Alle gängigen Macht- und Autoritätskategorien werden mit dieser Geschichte unterlaufen.

Matthäus ging in der Geschichte von den drei Weisen aber auch noch um etwas anders:
Es ging ihm um die Symbolik des Lichts in der Finsternis. Menschen folgten dem Stern von Bethlehem. Das Licht hat in der Finsternis geleuchtet und berührte einfache Hirten genauso wie Gelehrte und Weise aus fernen Ländern. Und das Licht wurde nicht ausgelöscht, obwohl Herodes alle Neugeborenen im Umkreis von Bethlehem ermorden ließ. Nicht nur zu Weihnachten erinnern sich Christen und Christinnen in aller genau Welt daran: Dieses Licht leuchtet bis heute für alle, die daran glauben. Unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlechtsidentität, Alter, Familienstand und sexueller Orientierung.

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