Muslimische Kita-Erzieherinnen? Das sagen unsere Leser

Hinweisschild zum Kindergarten der evangelischen Sankt Johanniskirche in Dessau, Sachsen-Anhalt
Foto: epd/Rainer Oettel
Wenn draußen "evangelisch" steht - darf drinnen eine Erzieherin muslimischen Glaubens arbeiten?
Muslimische Kita-Erzieherinnen? Das sagen unsere Leser
Mehr als 100 Kommentare: "Pro und Contra" löste heftige Debatte aus
Sollten in evangelischen Kitas ausschließlich Mitglieder der eigenen Kirche arbeiten - oder auch Erzieherinnen muslimischen Glaubens? Diese Frage wird von einer hitzigen Diskussion begleitet. Weit über 100 Kommentare haben die Redaktion von evangelisch.de zum "Pro und Contra" vom 31. Juli erreicht. Hier eine Auswahl der Reaktionen.

"Allah in der evangelischen Kita" war der Beitrag überschrieben. Um bei einer kirchlichen Einrichtung zu arbeiten, muss die Bewerberin oder der Bewerber Mitglied einer Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft sein, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehört. In Ausnahmefällen ist aber auch die Anstellung von nichtchristlichen Beschäftigten möglich. Wird das Profil einer evangelischen Einrichtung "verwässert", wenn dort eine Muslimin arbeitet? Oder stärkt das gerade den interreligiösen Respekt?

Frank Hatje, Vorsitzender des Kirchengemeindeverbandes der Kindertagesstätten im Kirchenkreis Hamburg-Ost, meint, dass "einerseits das evangelische Profil unserer Einrichtungen sichergestellt und gelebt werden muss, und dass es andererseits unter bestimmten Bedingungen das evangelische Profil geradezu geboten erscheinen läßt, muslimische Erzieherinnen zu beschäftigen." Selbst innerhalb seines Hamburger Kirchenkreises sei der Spagat zwischen Kitas in städtisch und solchen in ländlich geprägten Gemeinden bemerkenswert: "Nicht zuletzt deshalb tue ich mich > außerordentlich schwer, mich auf ein klares Ja oder Nein einzulassen."

###mehr-artikel###Nadine Funke hat uns via Facebook geschrieben, dass sie ihre Tochter gerade wegen des evangelischen Profils in einer evangelischen Kita angemeldet hat. "Die Erziehung im evangelischen Glauben ist mir sehr wichtig. Wenn dem nicht so wäre, hätte ich sie in einer städtischen Einrichtung oder einer Einrichtung freier Träger anmelden können." Annegret Winkler sieht das ähnlich: "Gerade Kinder im jüngeren Alter brauchen erstmal Festigung im eigenen Glauben und keine anderweitige Verwirrung."

Sigrun Stoellger entgegnet dem mit einer elementaren Frage: "Seit wann können Kinder sich ihren eigenen Glauben aussuchen? Sie übernehmen ihn in der Regel von ihren Eltern." Zudem führt sie eine ganz praktische Überlegung ins Feld: "Was ist aber, wenn es in bestimmten Gebieten nur solche Angebote gibt - für Arbeitnehmer, wie auch für Kinder?

Roswitha Rosa Selle sieht andersgläubige Erzieherinnen in einer evangelischen Kita "durchaus problematisch und unangebracht". Sönke Franz ist der Meinung, dass alle Erzieherinnen einer "christlichen Kirche" angehören sollen, schließlich solle in Kitas der evangelische Glaube nähergebracht werden. Also müsse man sich entscheiden: "entweder sich taufen lassen oder keine christlichen Kinder erziehen". "Wessen Brot ich ess dessen Lied ich sing!" Dem widerspricht Sigrun Stoellger. Dieser Logik folgend dürfte eine evangelische Kita dann auch keine staatlichen Gelder mehr erhalten. Ein anonymer Kommentator fordert, dass ganz streng in einer evangelischen Kita nur über "Jesus Christus gepredigt werde". Er ist sich sicher: "Muslimische Eltern würden in diesem Falle hundertprozentig ihr Kind sofort abmelden. Ist ja auch verständlich, oder? Allein Christus. Basta!"

"Kinder im Glauben erziehen und ihnen die Vielfältigkeit der Welt zeigen"

Markus ist dieser Meinung: "Ganz besonders im Umgang mit Kindern stellt sich schließlich die Frage, wie ein(e) nicht christliche(r) Mitarbeiter(in) christliche Werte und den christlichen Glauben glaubhaft vermitteln soll." Zwar halte er den interreligiösen Dialog für sehr wichtig, dennoch sollte, wer für eine christliche Institution arbeiten möchte, bereits "bewusst  für das Christentum" entschieden haben.

Bemalte Kinderhände in einer Kita. Wie viel "Buntheit" leistet sich die Kirche bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter?

SG aus E hingegen begrüßt die Einstellung muslimischer Erzieher/innen in evangelischen Kitas: "Kinder im Glauben zu erziehen und ihnen gleichzeitig die Vielfältigkeit der Welt zu zeigen, erscheint mir geradezu ideal." Xenia sieht in der religiösen und kulturellen Vielfalt einen wertvollen Beitrag zur Bildung der Kinder, allerdings nur, "wenn wirklich auch evangelischerseits Farbe bekannt wird und für die Kinder erkennbar wird, wo Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen." Anne spricht aus Erfahrung. Sie habe fünf Monate in einer "städtischen Kita mit hohen Migrantenanteil" gearbeitet und gesehen, "wie schön muslimische Kinder Weihnachten finden". Deshalb ist sie der Meinung, dass man "sich nicht immer allzu sehr mit dem auseinandersetzen sollte, was uns trennt, sondern sich vielmehr gezielt dem widmen, was uns verbindet. Und das ist doch Einiges!"

"Was würde Uli Hoeneß zum BVB-Schal in der Bayern-Loge sagen?"

Auch SG aus E fordert Offenheit: "Ein evangelischer Kindergarten ist keine Missionsstation und die ev.-luth. Landeskirche keine Sekte, die sich vor der Welt verschließt. 'Allah' ist nichts anderes als das arabische Wort für Gott." Sie führt ihre Sicht weiter aus: "Ich denke, dass Kinder mit Unterschieden gut umgehen können. Um das zu lernen, gehen sie ja in den Kindergarten. Eher schwierig ist es, wenn die anderen sagen: ich bin Christ, ich bin Moslem usw. und dann einer übrigbleibt, der sagt: Ich bin nichts, mein Vater sagt, es ist egal, was ich bin. Es geht also gerade nicht darum, die eigene Religion und Kultur zu verleugnen, sondern sie bewusst zu fördern. Genau das macht die Kinder stark. Der Kindergarten kann dabei die Erziehung zu Hause nur ergänzen - nicht ersetzen."

###mehr-links###Deilephila porcellus zieht eine etwas andere Parallele: "Was würde ein Ulli Hoeneß sagen, wenn der Pförtner mit einem BVB-Schal in der Loge an der Säbener Straße sitzen würde?" Ein Leser namens "Abo" meint, dass Jesus ja auch zwar offen auf Andersgläubige zugegangen sein, "aber er hat sie nicht zu seinen Jüngern gemacht, die seine Überzeugung weiterverbreiten." Er schlussfolgert, dass muslimische Kinder in evangelische Kindergärten gehen könnten – "aber Leiter sollten Muslime in evangelischen Kindergärten nicht sein. Da wird sonst 'verleitet'."

"Kann eine katholische Lehrerein evangelische Kinder unterrichten?"

Gerhard Niemeyer hat einen Traum: "Es sollte in allen Kindergärten eine muslimische und eine jüdische Erzieherin geben." Auch er hat Erfahrungen gemacht: "In einer Grundschule unterrichtete eine katholische Lehrerin. Die hat auch Religionsunterricht bei evangelischen Kindern erteilt. Zunächst wollte ich auf die Barrikaden gehen. Als ich dann aber diese Frau kennen lernte, waren meine gesamten Vorurteile verflogen. Warum soll das bei einer muslimischen Erzieherin nicht möglich sein?"

J.B. fragt: "Ist das der evangelischen Kirche nicht auch sterbenspeinlich, wenn ein Nicht-Christ nur wegen einem Arbeitsvertrag Kirchen-Mitglied wird?"

Steffen Weigelt zeigt sich enttäuscht von vielen Kommentaren. Er hätte sich "gerade von Protestanten" etwas mehr Toleranz erwartet. "Ich finde es eher gut, wenn muslimischen Mitbürgern auch eine reale Möglichkeit gegeben wird, sich hier in unserem Land zu integrieren. Seine eigenen Ansichten und seinen eigenen Glauben kann man nämlich nur finden, wenn man auch andersdenkende zu Wort kommen lässt und deren Ansichten kennt und versteht." Er betont die Gemeinsamkeiten der Religionen: "Offensichtlich vergessen wird auch immer, dass Christen, Muslime und Juden jeweils einer Religion mit gemeinsamen Wurzeln angehören und die Gemeinsamkeiten deutlich größer sind als die Unterschiede. Auch wenn der Name des Gottes ein anderer ist - die Person ist dieselbe."

Anne pflichtet dem bei: "Wir haben doch alle den gleichen [Gott]! Es gibt ihm nur jeder einen anderen Namen! Selbst unter Christen, die ihre Kirchensteuer zahlen, hat jeder ein anderes Bild von Gott."