Bischof schlägt 9. November als Feiertag vor

 brennende Synagoge am Michelsberg in Wiesbaden in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938
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In vielen deutschen Städten wie hier in Wiesbaden wurden am 9./10.November 1938 Synagogen in Brand gesteckt und verwüstet
Erinnerung an Pogromnacht
Bischof schlägt 9. November als Feiertag vor
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 schlug die Verfolgung der Juden im NS-Staat in offene Gewalt um. Der Berliner Bischof Christian Stäblein plädiert dafür, den 9. November zum arbeitsfreien Feiertag zu machen.

Der 9. November sei der Gedenk- und Feiertag in der deutschen Geschichte, sagte Stäblein im RBB-Radiosender 88,8. Man sollte den Tag begehen mit Gottesdiensten, mit Erinnerungsstunden, mit Reden, mit Gebeten, multireligiös und verbindend.

Der 9. November verkörpere das konkrete Leid und Versagen in der Reichspogromnacht vor 87 Jahren und das konkrete Glück und Erringen mit dem Mauerfall vor 36 Jahren. Wichtig sei, stets beides im Blick zu haben.

Der 9. November zeige, wie eine Gesellschaft untergeht, wenn das Recht nicht mehr gilt und Gotteshäuser nicht geschützt, sondern niedergebrannt werden, sagte der Landesbischof. Und er zeige andererseits, wie Recht und Demokratie vom Volk selbst den Weg gebahnt bekommen.

"Deshalb: Macht den Tag frei und setzt ein Zeichen, gerade jetzt", sagte Stäblein. Freiheit und Menschenwürde, Erinnern und Gedenken gehöre zusammen: "Und wir kriegen es nicht hin, da einen würdigen Gedenk- und Feiertag zu halten? Wann, wenn nicht am 9. November!"

Zeichen des Zusammenhalts

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) hat zum 87. Jahrestag der Reichspogromnacht der Nationalsozialisten vor wachsendem Antisemitismus in Deutschland und Europa gewarnt. "Die Pogromnacht vom 9. November 1938 war ein barbarisches Verbrechen, das uns bis heute verpflichtet", erklärte Weimer in Berlin. Die Erinnerung daran sei "kein Ritual, sondern eine schmerzhafte Mahnung an uns alle, wachsam zu bleiben".

Weimer betonte: "Antisemitismus ist kein Schatten der Vergangenheit, er wütet wieder im grellen Licht unserer Gegenwart". Der Kulturstaatsminister rief dazu auf, die Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Reichspogromnacht als Zeichen des Zusammenhalts zu verstehen. Das Gedenken an die Opfer sei auch ein Bekenntnis zu einer offenen, vielfältigen und demokratischen Gesellschaft.

Solidaritär mit den Holocaust-Überlebenden fordert das Internationale Auschwitz Komitee zum 87. Jahrestag der Reichspogromnacht. Für diese Menschen sei der 9. November ein Tag des Gedenkens und der Demokratie, erklärte Exekutiv Vizepräsident Christoph Heubner: "Deshalb hoffen sie darauf, dass die große Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland mit den Überlebenden und ihren Erinnerungen solidarisch ist und die Demokratie gegen die Attacken und Parolen rechtsextremer Populisten und Parteien stärkt und beschützt."

Gedenkveranstaltungen

Mit der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 gingen die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen die jüdische Minderheit im Deutschen Reich über. Es brannten Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet, jüdische Bürger misshandelt. Drei Jahre vor Beginn der systematischen Massendeportationen und nach zahlreichen rechtlichen Diskriminierungen erhielt die Verfolgung der Juden mit den Ausschreitungen einen neuen Charakter.

Der Gedenktag wird in ganz Deutschland mit verschiedenenVeranstaltungen begangen. Im Rahmen einer Matinée am 9. November in seinem Amtssitz Schloss Bellevue wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Grundsatzrede zu aktuellen Gefahren für die Demokratie halten. Die Veranstaltung wird ab 12 Uhr im Internet übertragen.