Wenn's im Christentum "um die Wurst" geht

Wurst
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In der Geschichte des Christentums habe es immer wieder Konflikte um die richtige Ernährung gegeben. "Dabei ging es wortwörtlich um die Wurst", so die evangelische Theologin Heike Reisner-Baral.
Gottesdienst mit Weißwurst
Wenn's im Christentum "um die Wurst" geht
Für die evangelische Theologin Heike Reisner-Baral ist die gesellschaftliche Diskussion um fleischhaltige oder vegetarische Ernährung nichts Neues.

Ob fleischhaltig oder vegetarisch - die Ernährung beschäftigt die Gesellschaft und Kirche bereits seit Jahrhunderten, sagt die evangelische Theologin Heike Reisner-Baral dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der Geschichte des Christentums habe es immer wieder Konflikte um die richtige Ernährung gegeben. "Dabei ging es wortwörtlich um die Wurst."

Viele der frühen Christinnen und Christen seien Vegetarier gewesen, erklärt die Pforzheimer Pfarrerin, die an diesem Sonntag einen Gottesdienst zu "Bibel und Wurst" in der Pforzheimer Matthäuskirche feiert. Vom Apostel Petrus sei überliefert, dass er sich von Brot, Oliven und etwas Gemüse ernährt habe. Auch von Jakobus, dem Halbbruder von Jesus, werde berichtet: "Er trank weder Wein noch irgendwelche anderen starken Getränke, und er aß kein Fleisch."

Anders der Apostel Paulus. Dieser habe gerne Fleisch gegessen. Als die Korinther diskutierten, ob sie Fleisch essen dürften, das in den Tempeln von Götzen geopfert wurde, habe Paulus an die Toleranz appelliert. Man dürfe alles essen, so Paulus. Aber im Zweifel solle man auf den Genuss verzichten, wenn dies einem anderen Christen schaden könnte (1. Korinther 8,13).

Für die evangelische Theologin Heike Reisner-Baral ist die gesellschaftliche Diskussion um fleischhaltige oder vegetarische Ernährung nichts Neues. Vielmehr beschäftige dies Gesellschaft und Kirche bereits seit Jahrhunderten, sagt die Pforzheimer Pfarrerin.

Im 4. Jahrhundert änderte sich das. Kaiser Konstantin habe das kirchliche Christentum zur Staatskirche erhoben. Weil er nicht auf Fleisch und Wein verzichten wollte, sollte das für alle Bürger gelten. Berichtet werde, dass er Vegetarier töten ließ, indem er ihnen Blei in den Hals schütten ließ, sagt Reisner-Baral.

Im Mittelalter hätten sich die Auswirkungen der institutionalisierten Kirchenlehre weiter zugespitzt. Im 11. Jahrhundert seien Menschen als "Ketzer" zum Tode verurteilt worden, weil sie es ablehnten, Hühner zu töten und zu essen. "Als Beweis ihrer Ketzerei reichte ihr blasses Aussehen, was nach kirchlicher Auffassung Folge einer vegetarischen Ernährung sei", erläutert die Theologin.

Im Jahr 1522 hätten dann die Schweizer Reformatoren um Huldrych Zwingli bewusst die katholische Kirche mit einem "Wurstessen" während der Fastenzeit provoziert. Ein Affront gegen die Regel, in dieser Zeit auf Fleisch und Eier zu verzichten. Damit hätten sie öffentlich evangelische Freiheit demonstriert und auf unbiblische Kirchengebote hingewiesen, sagt Reisner-Baral. Zwingli hatte dies später in seiner Flugschrift "Von erkiesen und der fryheit der spysen" (Von der Wahl und der Freiheit der Speisen) erläutert.

In den aktuellen Diskussionen etwa um das von der EU geplante Veggi-Wurst -Verbot wünscht sich die Pfarrerin mehr Rücksichtnahme und die Toleranz des Apostels Paulus. In Deutschland seien etwa zehn Prozent der Menschen Vegetarier. Wenn sie dieses Verhältnis betrachte, verstehe sie das Veggi-Wurst-Verbot nicht, sagt die Theologin, die auch selbst "hin und wieder Fleisch und Wurst" isst. 

"Bibel & Weißwurst"-Gottesdienst beginnt am Sonntag 26.Oktober um 10 Uhr in der Matthäuskirche in Pforzheim, mit anschließendem Weißwurst-Essen und einer vegetarischer Alternative.