Pfarrer Christian Dellert ist die Ruhe selbst. "Die Stimmung vor Ort ist sehr entspannt", sagt der evangelische Gemeindepfarrer von Aufkirchen, einem kleinen Ortsteil von Gerolfingen am Fuße des mittelfränkischen Hesselbergs. Zwar habe er in den vergangenen Tagen 60 bis 70 E-Mails von Tierschützern zur aktuellen "Pfarrschweine-Aktion" seiner Gemeinde bekommen. "Aber die waren eigentlich fast alle höflich formuliert - auch wenn sie einen anderen Standpunkt vertreten", berichtet er. Auslöser für diese mittelgroße Protest-E-Mail-Welle ist offenbar die Tierrechtsorganisation Peta.
Schon zum zweiten Mal mästen sie im Aufkirchener Pfarrgarten drei Duroc-Schweine. Nicht zum Selbstzweck oder als Streichelzoo, sondern für die historische Barockorgel in der St. Johanniskirche. Die nämlich versuchen sie schon seit vielen Jahren instand setzen zu lassen - doch das Unterfangen ist allen Zuschüssen und Spenden zum Trotz ein finanzieller Kraftakt. Und da kommen die drei Schweine Frederick, Tinkia und Lina ins Spiel. Denn sie sind einer der Hauptgewinne einer Losaktion, besser gesagt: ihr Fleisch und was der örtliche Metzger daraus alles macht.
Insgesamt wollen die Aufkirchener 2.500 Lose für jeweils vier Euro verkaufen. Am Tag des Schlachtschüssel-Fests, dem 8. November, sollen dann 100 Lose gezogen und mit Preisen bedacht werden - unter anderem dann auch mit Würsten und anderen Schweinefleisch-Produkten. Der Hauptpreis sind zwei Musical-Tickets. Der Erlös der Aktion soll in die Sanierung der Orgel fließen, die mit Baujahr 1663 eine der ältesten Süddeutschlands sein soll - und in großen Teilen auch noch aus den Original-Teilen besteht. Ein Schatz, den sie in Aufkirchen seit vielen Jahren schon versuchen, zu retten: Kostenpunkt: 400.000 Euro plus x.
Pfarrer Dellert räumt ein, dass die Aktion auch im Dorf nicht alle supertoll finden: "Es gibt schon ein paar wenige, die sagen: Meine Aktion ist das nicht." Allerdings, und darauf weist der evangelische Theologe hin, gehörten die Schweinehaltung und der Anbau von Gemüse im eigenen Garten zum Pfarrerdasein im ländlichen Franken dazu. Nicht umsonst haben viele der ländlich gelegenen Pfarrhäuser große Gärten. "Und", sagt Pfarrer Dellert, "die Menschen auf dem Land haben kein Problem mit Landwirtschaft, mit Nutztierhaltung und dem Essen von Schweinefleisch aus guter Haltung."
Gemeindeschweine sind gemeinschaftsbildend
Die hat das zuständige Veterinäramt der Kirchengemeinde bestätigt. Fast schon Bio-Bedingungen seien das für die drei Schweine im Pfarrgarten: viel Platz, viel frische Luft, gutes Fressen und regelmäßig Besuch. "Im Kirchenvorstand hatten wir auch überlegt, unsere Schweine direkt beim Bauern am Hof zu halten, aber wir wollten ein Projekt mitten in der Gemeinde", sagt Dellert. Das Fazit des Pfarrers: Die "Gemeindeschweine" seien "absolut gemeinschaftsbildend", schließlich kümmerten sich viele Menschen zusammen um die drei Tiere.
Konkret sieht das Kümmern so aus: "Es gibt zwei Schweinehirten aus unserer Gemeinde, Karl und Gerhard Weinländer, die füttern morgens und abends", sagt der Gemeindepfarrer. Bauern, Futterunternehmen und Schrotmühle haben sich als Futter-Sponsoren gefunden. Die Kinder und die Senioren der Gemeinde haben Futterrüben gesät, die im Oktober dann auf dem Speiseplan der Schweine stehen sollen, erläutert Christian Dellert: "Ich finde ja, Kinder sollen sehen und lernen, woher das Fleisch und die Wurst kommen."
Das sehen die Peta-Aktivisten freilich anders. Sie sprechen von einem "makaberen" Vorhaben, den drei Schweinen zuerst Namen zu geben und dann "ihre Leichenteile als Preise wie auf einem Jahrmarkt zu verlosen". Die öffentliche Peta-Kritik hat dann wohl auch zu den kritischen E-Mails an Pfarrer Dellert geführt. Er hält diese für eine "lautstarke Minderheitenmeinung", mit der die Menschen im Ort gut umgehen könnten. Mit Protesten der Tierschützer zum Fest am 8. November rechnet er nicht: "Wir sind mitten im schönen Nirgendwo - die kommen nicht zu uns."