Auf den Spuren der ersten Christ:innen in Rom

Kirche in Rom
Alexandra Barone
Die Basilika Santa Pudenziana gilt als eine der ältesten Kirchen Roms.
Christentum in der ewigen Stadt
Auf den Spuren der ersten Christ:innen in Rom
Was als eine Minderheit begann, ist heute eine Weltreligion. Kaum vorstellbar, dass im jetzigen Herzen des Christentums vor rund 2.000 Jahren die Anhänger:innen dieser Religion brutal verfolgt wurden. Die Verfolgungen hatten mit dem ersten christlichen Kaiser Konstantin ein Ende. evangelisch.de-Redakteurin Alexandra Barone hat sich auf die Spuren der ersten Christ:innen in Rom gemacht und neben den Stadtheiligen Roms zwei besondere Schwestern entdeckt.

Bei dem Wort Christentum kommt einenm sofort der imposante Petersdom in Rom, der kleine, aber hochsichere Vatikanstaat und natürlich der Papst in den Sinn. Hört man wiederum das Wort Christenverfolgung und Geburtsstunde des Christentums denkt man natürlich an die beiden Aposteln Peter und Paul, die hier in Rom predigten und den Tod vermutlich während der Christenverfolgung durch Kaiser Nero fanden. Während das Grab des Apostels Peter im Vatikan, unter dem Petersdom begraben liegt, wird das Grab des Apostels Paul in der relativ unbekannten Kirche San Paolo alle Tre Fontane vermutet. 

Weitaus wichtiger als die Gräber sind vielen Pilgern allerdings die Reliquien der beiden Apostel, die in ganz Rom verteilt sind - in der Regel in kleineren, versteckt liegenden Kirchen. Ebendiese unscheinbaren Orte, die der ersten Christ:innen und der damaligen Christenverfolgung gedenken, will ich aufsuchen. Sie stehen oft nicht in den gängigen Stadtführern und werden nur selten von den großen Touristenbussen angefahren. Die kleinen Kirchen gelten als die ältesten Kirchen Roms und erzählen von der Zeit, als die Menschen ihr Christ-Sein verheimlichen mussten, um der Verfolgung durch die Römer zu entgehen. 

Ein Beispiel ist die Basilika di San Clemente. Ihre Fassade aus dem Spätbarock wirkt unauffällig und unterscheidet sich nicht von den zahlreichen Kirchen Italiens, doch das Besondere an der Basilika sind die vielen Ebenen und Fundamente, auf denen sie errichtet wurde. Diese reichen bis in das 1. Jahrhundert zurück. Die Basilika San Clemente befindet sich zwischen der Via Labicana und der Via di San Giovanni in Laterano, also an dem historischen Pilgerweg vom Lateran zum Forum Romanum. Der Gebäudekomplex besteht dabei aus drei Ebenen: auf den römischen Gebäuderesten des 1. bis 3. Jahrhunderts mit einem Mihräum von ca. 240 wurde um 384 eine frühchristliche Basilika gebaut. Darüber entstand im 11. Jahrhundert die mittelalterliche Basilika San Clemente, die dem Märtyrer Clemens I. geweiht ist, der in der Zeit von 88 bis 97 Bischof von Rom war. 

Eine Basilika gleich neben dem Kolosseum 

Direkt gegenüber vom imposanten Kolosseum, wo vor über 2.000 Jahren vermutlich die ersten Christ:innen ums Leben kamen, liegt die Basilika Massenzio. Von Kaiser Massenzio begonnen, wurde sie um 312 n.Chr. von Kaiser Konstantin, dem ersten christlichen Kaiser eingeweiht, der das Gesicht des Massenzios in der kolossalen Kaiserstatue in der westlichen Apsis des Bauwerks durch das eigene ersetzen ließ. Imposant ist die Höhe des Mittelschiffes von etwa 35 Meter, höhere Gewölbe wurden erst in der Gotik geschaffen, wie beispielsweise im Kölner Dom (43 Meter). 

Zwei ganz besondere Schwestern

Ein kleiner Fußmarsch durch die typisch römischen Gassen im Rione (Viertel) Monti an der Via Urbana führt zur Basilika di Santa Pudenziana. Sie gilt als einer der ältesten Kirche Roms. Die Kirche, die um 384 n. Chr. auf den Überresten römischer Gebäude aus dem 1. und 2. Jahrhundert entstand, wurde der römischen Märtyrin Pudentiana gewidmet. Der traditionellen Überlieferung zufolge hat sie zusammen mit ihrem Vater, dem römischen Senator Pudens, ihrer Schwester Praxedis, ihren Brüdern Timotheus und Novatus sowie ihrer Mutter Priscilla dem Apostel Petrus in Rom Gastfreundschaft gewährt. 

Außerdem kümmerte sie sich mit ihrer Schwester um Arme. Während der Christenverfolgungen holten sie die Überreste von 3.000 Märtyrern von den Richtstätten, sammelten mit Schwämmen deren Blut und bestatteten sie im Haus ihres Vaters. Der Überlieferung zufolge starben die leiblichen Schwestern Pudentiana (ital. Pudenziana) und Praxedis (ital. Prassede) an der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert in Rom als Märtyrinnen. 1969 wurden die beiden Schwestern in der Liturgiereform von Papst Paul VI. aus dem allgemeinen Heiligenkalender gestrichen, ihrem Ansehen unter den Römern hat das nicht geschadet. Wenig besucht, aber kostbar, ist das zur Erstausstattung der frühchristlichen Basilika gehörende Kunstwerk, das große Mosaik in der Apsis. 

Die Geißelsäule in der Basilika di Santa Prassede

Nur fünf Gehminuten entfernt, unweit der Päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore, liegt die Kirche Santa Prassede. Ihre Berühmtheit verdankt die Basilika in erster Linie ihren Mosaiken, die noch heute unverändert zu sehen sind. Auf dem zentralen Mosaik der Apsis kann man Christus sehen, der von sechs Heiligen flankiert wird (v.l.n.r.): Paschalis I. (mit dem quadratischen Nimbus des noch lebenden Getauften), die heilige Prassede und Paulus. Auf der rechten Seite wird Christus flankiert von Petrus, der heiligen Pudenziana und ein weiterer nicht bekannter Heiliger (möglicherweise Zenon). Über Christus schwebt die Hand Gottes. 

Die Geisselsäule Jesu ist einer der wichtigsten Reliquien von Santa Prassede in Rom.

Die Kirche beherbergt außerdem die Gebeine von etwa 2300 Märtyrern, die aus den Katakomben hierhergebracht wurden. In einem Nebenraum der Zeno-Kapelle befindet sich ein Säulenfragment, das von der Säule stammen soll, an der Jesus Christus gegeißelt wurde, die sogenannte Geißelsäule. Diese wurde im Jahr 1223 von Kardinal Giovanni Colonna nach Rom gebracht.

Auf der Suche nach einer ganz besonderen Reliquie begebe ich mich wieder Richtung Kolosseum. In einer der vielen verwinkelten Gassen Roms befindet sich San Pietro in Vincoli al Colle Oppio. Auch diese Basilika wurde um 400 über den Fundamenten einer römischen Villa des 2. Jahrhunderts und einem Apsidensaal des 4. Jahrhunderts errichtet. 

Micheangelos Moses und Petrus‘ Ketten 

Bekannt ist die Kirche vor allem durch das Grabmal von Papst Julius II. (1503–1513), für das Michelangelo den Moses erschaffen hat. Diese Statue gilt als eines der wichtigsten Werke Michelangelos. Sie zeigt Mose, der mit den Tafeln der Zehn Gebote vom Berg Sinai zurückkehrt, in dem Moment, als er die Israeliten beim Tanz um das goldene Kalb antrifft.

Pilger beten vor den Ketten des Apostels Petrus in San Pietro in Vincoli in Rom.

Für die Bedeutung der Basilika spricht, dass dort in den Jahren 939 und 1073 Papstwahlen stattgefunden haben. Namensgebend für die Kirche sind die Ketten, die in einem Glasbehälter unter dem Altar aufbewahrt werden. Die Pilger verehren sie als diejenigen, mit denen Petrus in Jerusalem bis zu seiner wunderbaren Befreiung gefesselt war und zugleich als diejenigen, die er im Mamertinischen Kerker in Rom getragen hat. Beeindruckt von den Reliquien und der Genialität Michelangelos, die an vielen Ecken Roms zu finden ist, und der Reliquie Petrus‘, die eifersüchtig bewacht wird, gehe ich die paar Schritte zurück zur Haltestelle Cavour. 

Petrus und Paulus: Stadtheilige von Rom

Dort nehme ich die Metro B und steige nach 20 Minuten an der Endstation Laurentina aus. Im modernen Stadtviertel EUR spaziere ich durch imposante und dicht befahrene Straßen zu San Paolo alle Tre Fontane. Im Inneren des Klosters Tre Fontane (dt. drei Brunnen) steht die Kirche einer Stelle, die früher "ad aquas salvias" hieß und wo laut Tradition der Heilige Paulus geköpft wurde.

Nach einer Legende sprang der Kopf danach dreimal auf den Boden, und dort entsprangen die drei Quellen, die für die Kirche namensgebend sind. Durch eine kleine Vorhalle gelange ich in das Innere der Kirche, die aus einem einzigen Querschiff mit zwei Seitenkapellen besteht, wo in drei Nischen die Brunnen sind. An der ersten Quelle steht die Säule, an der der Heilige Paulus bei der Enthauptung befestigt wurde. 

Das sind die Orte, die evangelisch.de-Redakteurin Alexandra Barone abgelaufen hat.

Nachdenklich gehe ich die Straßen des EUR entlang zur Basilika San Pietro e Paolo. Die Basilika ist zwar verhältnismäßig jung, sie entstand ab 1939 im Rahmen des architektonischen Vorzeigeprojekts Mussolinis, zeigt aber die Wichtigkeit der beiden Apostel für Rom. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten Italiens, die im Allgemeinen nur einen Schutzpatron haben, hat Rom zwei, nämlich den Heiligen Petrus und den Heiligen Paulus.

Es gibt natürlich einen Grund, warum die beiden Heiligen am selben Tag (29. Juni) gefeiert werden. Der Überlieferung zufolge hielten sich Petrus und Paulus in denselben Jahren in Rom auf und konnten sich so treffen und gemeinsam das Evangelium verkünden. Beide wurden später in Rom getötet, Petrus durch Kreuzigung, Paulus durch Enthauptung.