Also mal Butter bei die Fische: Wann haben Sie das letzte Mal offen zugegeben, dass sie sich gerade einsam fühlen oder es schon einmal waren? Ihnen fällt keine Situation ein? Na dann, willkommen im Club, denn damit sind sie schon mal garantiert nicht alleine. Am Einsamsein haftet bis heute der Makel, es entweder selbst verbockt zu haben oder aber eben so ein fieser, nicht kommunikativer Typ zu sein, den niemand treffen will. Einsamkeit ist irgendwie peinlich, immer noch.
Im Kühlschrank brennt immer ein Licht
Abends mit Netflix kuscheln, Monologe bei offener Kühlschranktür halten, Wärme aus dem Toaster spüren oder sinnlos durch Newsletter scrollen. Der Mensch ist clever und ha, wer ist schon einsam, wenn die Timeline bei Facebook überläuft oder auf WhatsApp 23 ungelesene Nachrichten leuchten? Und ja, Online-Shopping und Essen bestellen sind zumindest für eine Weile auch durchaus befriedigende Tätigkeiten.
Katja Eifler volontierte nach ihrer Studienzeit im Lokalradio im Rhein-Kreis Neuss. Anschließend arbeitete sie als Radioredakteurin. Später als Redaktionsleiterin eines Wirtschaftsmagazins am Niederrhein. Heute ist sie freischaffende Journalistin, Online-Texterin, Coach und Moderatorin. Seit April 2023 ist sie als Redakteurin vom Dienst für evangelisch.de tätig.
Doch warum ist es uns eigentlich so peinlich, einfach mal zu sagen: Ich habe viel Zeit oder ich fühle mich gerade alleine? Dazu zunächst ein Schwank aus dem eigenen Journalistenleben. Aus privaten Gründen musste ich umziehen und landete in einem Dorf und kannte niemanden. Kein Problem als kontaktfreudige Rheinländerin. Doch nach ein paar Wochen war alles erledigt, die Wände frisch gestrichen, Bücher und Küche ein- und umgeräumt und sogar ein paar neue Möbel, samt langwidrigem Selbstaufbau, schmückten das Heim.
Die anfänglichen Besuche von entfernt lebenden Freunden ebbten ab und der Kalender wurde leerer. Drei Tage in Jogginghose auf der Couch und 20 Folgen der Lieblingsserie durchgebinged. Herrlich, so ein freies Wochenende. Wirklich? Eins ja, das zweite ging auch und das dritte: Flucht nach vorne und bei den nächstbesten Bekannten eingeladen. Aber hätte ich da am Telefon gesagt: Hey, ich fühle mich hier so einsam? Natürlich geht meine Geschichte gut aus, aber sie hat mich etwas gelehrt: Einsamkeit ist gar nicht so selten unter uns Menschen. Sie ist nur perfekt getarnt.
Einsamkeit perfekt getarnt
Denn wir versuchen alle möglichst beschäftigt zu wirken, mit vollen Kalendern zu prahlen und vergessen dabei: Hey, es ist völlig normal, sich manchmal alleine zu fühlen. Ja, das passiert auch als Mensch mit Hunderten von Facebook-Freunden, spätestens dann, wenn genau nur einer davon zum Umzugshelfen kommt.
Also dann jetzt mal wirklich ran an den Speck: Was macht es denn so schlimm, zuzugeben, dass man sich einsam fühlt und ist das dann wirklich peinlicher als den Bonusstempel beim Pizzalieferdienst für die zehnte Bestellung zu bekommen oder nur noch im Schlafanzug zum Briefkasten zu schlurfen? Ich finde es eher mutig, zu sagen, dass man sich manchmal alleine fühlt oder dass es natürlich freie Zeiten im Terminkalender gibt.
Es sein denn, Sie sind auch hierbei ein "Ich-bin-immer-busy-Profi" und befüllen ihren Kalender vorab selbst. Ja, nicht lachen, es gibt Menschen, die tragen 10 Uhr Staubsaugen als Termin ein und können dann auf den ersten Blick Samstagmorgen schon mal nicht.
Ich denke, wir sollten der Einsamkeit unbedingt das Dramatische absprechen und sie wieder dahin bugsieren, wo sie hingehört: Einsamkeit ist kein Drama, sie ist ein menschliches Gefühl. Manchmal ist sie kreativ, manchmal sogar wunderbar (ich denke gleich an laute Musik hören oder Gedichte schreiben), aber manchmal eben auch langwierig und schmerzhaft. Wäre es also nicht prima, wir dürften es, ganz ohne einen roten Kopf zu bekommen, einfach öfter mal aussprechen und sagen: Ich bin heute einsam – wer hat Lust auf Gemeinschaft?