Ich habe mit Menschen gesprochen, die sich beruflich mit Spenden beschäftigen, ich habe Texte dazu gelesen und Tabellen gecheckt. Der Konsens aller Expert:innen ist eindeutig: Spenden ohne Zweckgebundenheit sind besser, nachhaltiger und wirkungsvoller. Denn nur so können die Organisationen das eingehende Geld flexibel dorthin verteilen, wo es gerade am nötigsten ist. Eben auch in ihre Verwaltungsarbeit oder in die Transportkosten. Noch effizienter ist es, regelmäßig einen ungebundenen Betrag zu spenden. Dann lässt es sich für die Helfenden mit meinem Geld sogar verlässlich planen. Das klingt logisch und überzeugt mich und bestimmt auch Sie, oder?
Doch dann blicke ich einem Kind in die Augen, das ein Huhn in den Händen hält und lächelt. Wenn ich 26 Euro spende, kann ich mit einem Hahn und zwei Hennen eine Basis für die gesunde Ernährung und ein sicheres Einkommen für seine Familie schaffen. Es sind diese Szenen, die mich immer wieder erwischen.
Gegen eine "Besitzurkunde" habe ich so schon virtuelle Grundstücke im Regenwald gekauft, um etwas gegen die Abholzung zu tun, einem Tiger als Pate ein Jahr beiseitegestanden, Brillen für Kinder erworben und Lebensmittelpakete für Katastrophengebiete bezahlt. Dazu kaufe ich gerne jedes Jahr den Straßenhundekalender, bei dem ein Teil des Geldes an die obdachlose Verkäuferin fließt. Meine Liste konkreter Spenden ist lang.
Katja Eifler volontierte nach ihrer Studienzeit im Lokalradio im Rhein-Kreis Neuss. Anschließend arbeitete sie als Radioredakteurin. Später als Redaktionsleiterin eines Wirtschaftsmagazins am Niederrhein. Seit April 2023 ist sie als Redakteurin vom Dienst für evangelisch.de tätig. Weiterhin arbeitet sie nebenbei als freischaffende Journalistin, Online-Texterin, Coach und Moderatorin.
Ich muss es wohl zugeben: Ich bin offenbar eine emotionale Spenderin. Die Vorstellung, dass mein Geld dem Kind auf dem Bild ein Huhn beschert oder ich mit einem Mikrodarlehen einer Frau in Afrika zu einem Geschäft verhelfe, die mir dann eine Dankespostkarte schickt, ist einfach unwiderstehlich. Und so lande ich immer wieder zwischen zwei Stühlen: zwischen dem rationalen Wissen, dass ungebundene Spenden mehr bewirken, und dem emotionalen Kick, etwas Greifbares zu unterstützen. Ich zücke offenbar gerne da das Portemonnaie, wo es konkret wird. Der Tiger streift dank mir noch durch den Wald, zu mindestens das eine Jahr, und das Kind, das eine Brille hat, kann lesen, was an seiner Tafel in der Schule steht. Das macht meine Hilfe greifbar und ich fühle mich auch selbst gut.
Wo der Verstand mit dem Herzen ringt
Dabei wäre es wirklich besser, rationaler zu handeln. Denn genau das machen zu wenige Menschen und Organisationen brauchen diese Freiheit bei der Verteilung des Geldes immer dringender. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann weiß ich auch: Ohne den konkreten Anlass würde ich vielleicht manchmal weniger spenden.
Also, wie kommt mann nun raus aus dem Dauerstreit von Verstand und Herz? Wie schafft man es, nicht mehr der Verführung der persönlichen Geschichte zu verfallen? Immerhin ist es mir ja schon bewusst, wie ich ticke. Ich müsste nur das Loslassen lernen. Vielleicht sollte ich schon vorab einen festen Betrag ohne Zweckbestimmung für das ganze kommende Jahr spenden, weil ich ja weiß: Hilfe braucht keine äußere Belohnung. Sie braucht nur mein Vertrauen und natürlich mein Geld, und das gebe ich ja gerne.


