"Politik muss Pleitewelle sozialer Dienste abwenden"

© epd-bild/Christian Ditsch
Warnt die Politik vor einer drohenden Pleitewelle sozialer Dienste wegen der steigenden Energiekosten: Diakonie-Chef Ulrich Lilie.
Diakonie-Chef zu Energiekosten
"Politik muss Pleitewelle sozialer Dienste abwenden"
Konferenz: Arbeit der Kirchen des Südens mehr würdigen
Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat die Politik gedrängt, soziale Einrichtungen schnell von den steigenden Energiekosten zu entlasten. Lilie erklärte am Donnerstag in Berlin, die Kostenexplosionen brächten viele Beratungsstellen, Pflegedienste oder Wohnheime bereits in Existenznöte.

Nach einer Umfrage der Bank für Sozialwirtschaft (BfS), rechneten 40 Prozent der befragten Einrichtungen in diesem Jahr mit einem Defizit und 70 Prozent mit Liquiditätsengpässen.

Gemeinnützige Einrichtungen können Lilie zufolge die Kostensteigerungen nicht auffangen, weil sie aus rechtlichen Gründen keine Rücklagen bilden dürfen: "Hier ist der Gesetzgeber gefragt, damit es nicht zu irreparablen Schäden an der sozialen Infrastruktur kommt, unter denen vor allem die Schwächsten leiden würden: Alte, Kranke und Menschen mit Behinderungen", sagte der Diakonie-Präsident.

Für die BfS-Umfrage waren vom 16. September bis zum 6. Oktober 2022 Vertreterinnen und Vertreter von rund 1.000 Einrichtungen aus dem Sozial- und Gesundheitswesen und der Freien Wohlfahrtspflege befragt worden.

Vertreter von Kirche, Diakonie und Entwicklungshilfe haben bei einer Konferenz in Berlin gefordert, die Leistungen der Kirchen des Südens mehr zu würdigen. Sie seien für die ökumenische Diakonie und ihre Hilfswerke wie Brot für die Welt unverzichtbare Partner, teilte das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) am Donnerstag mit. Das zweitägige Treffen der Delegierten stand unter dem Titel "Zu Transformation berufen: Lernprozess Ökumenische Diakonie".

Dagmar Pruin, EWDE-Vorstandsvorsitzende und Präsidentin von "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe, forderte ein Umdenken. Sie sagte, die Wurzeln der globalen Klimakrise lägen im Anspruch auf ökonomisches Wachstum und mehr Konsum begründet. Sie sprach sich für eine "gemeinsame Orientierung an den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen" aus. Statt den globalen Süden, wie in der Vergangenheit geschehen, unter dem Begriff "Entwicklung" zu begleiten, sei ein neuer Ansatz hin zur "Transformation" nötig: Dieser Wandel sei jedoch eine Herausforderung für die Länder des Nordens.

Diakonie-Präsident Lilie, der auch stellvertretender EWDE-Vorstandsvorsitzender ist, sagte, Veränderungen auf verschiedenen Ebenen zu gestalten, sei für die Diakonie eine zentrale Aufgabe. Man arbeite daran, dass die sozial-ökologische Transformation gelinge "und wir unseren Teil dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele bis 2045 erreicht". Es gehe darum, die UN-Nachhaltigkeitsziele mit ihren ökologischen, sozialen und gesundheitspolitischen Aspekten als Gesamtanliegen zu verstehen und an der Basis umzusetzen, so Lilie.

Frauenquote von 50 Prozent beschlossen

Die 112 Delegierten verabschiedeten eine Verbandsempfehlung, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Diakonie Deutschland und ihren Fachverbänden, bei Trägern und Einrichtungen zu erreichen. Außerdem wird eine verbindliche Frauenquote von mindestens 50 Prozent in den EWDE-Entscheidungsgremien angestrebt.

Die Konferenz für Diakonie und Entwicklung ist das höchste beschlussfassende Gremium des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung (EWDE), in dem die drei Werke Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe zehn Jahre nach der Fusion gemeinsam arbeiten.