Einbau des Lüpertz-Fensters liegt auf Eis

Reformationsfenster von Markus Lüpertz
© epd-bild//Derix Glasstudios
Das umstrittene Reformationsfenster für die Marktkirche in Hannover ist zwar fertig. Doch der Einbau ist gestoppt worden wegen der Haltung des Stifters Gerhard Schröder zum Ukraine-Krieg.
Kirche auf Distanz zu Schröder
Einbau des Lüpertz-Fensters liegt auf Eis
Kritik an Haltung zu Ukraine-Krieg - Entzieht Stadt Ehrenbürgerschaft?
Vor fünf Jahren wollte Altkanzler Gerhard Schröder der Marktkirche in Hannover zum 500. Reformationsjubiläum ein Geschenk machen und sammelte Spenden für ein Glaskunstwerk. Nun stoppt die Kirche den Einbau wegen Schröders Haltung zum Ukraine-Krieg. Die Stadt Hannover strebt indes an, ihm die Ehrenbürgerschaft zu entziehen.

"Wir setzen den Einbau des Fensters bis auf Weiteres aus", sagte der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Martin Germeroth, am Freitag in Hannover. Angesichts der Haltung Schröders (77) zum gegenwärtigen Krieg sehe sich der Kirchenvorstand nicht mehr in der Lage, die finanzielle Förderung für das Kunstwerk von Markus Lüpertz anzunehmen. Das umstrittene Fenster sollte eigentlich im Laufe des Jahres eingebaut werden.

Marktkirchen-Pastor Marc Blessing betonte, die mangelnde Distanzierung Schröders von der völkerrechtswidrigen und menschenrechtsverletzenden Kriegspolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei "unvereinbar mit dem friedensethischen Engagement der Marktkirche". Vor der mittelalterlichen Backsteinkirche hatte in der vergangenen Woche eine große Demonstration gegen den Ukraine-Krieg stattgefunden. Schröder ist in mehreren verantwortlichen Funktionen für russische Energiekonzerne tätig.

Erst vor kurzem hatte in der mittelalterlichen Backsteinkirche ein großes Friedensgebet zum Ukraine-Krieg stattgefunden. Danach drängelten sich 1.500 Menschen auf dem Vorplatz und forderten ein sofortiges Ende des russischen Angriffs. "Wir wollen für die Menschen in der Ukraine da sein, wir sind ein Ort des Friedens, des Gebets und der Hilfe", unterstrich Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes.

Die von Schröder vermittelten Spendengelder sollten zurückgegeben werden, sagte Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes. Schröder hatte die Spenden von Privatfirmen vor fünf Jahren vermittelt, um das Kunstwerk in Auftrag geben zu können. Die Entscheidung im Kirchenvorstand sei am Donnerstagabend einhellig gefallen, betonten die Marktkirchen-Vertreter. Schröder sei bereits informiert und habe den Beschluss zur Kenntnis genommen.

Das 13 Meter hohe Buntglasfenster zeigt eine große weiße Figur, die den Reformator Martin Luther (1483-1546) darstellen soll, sowie andere Motive mit Bezug zur Reformation. Für kontroverse Diskussionen sorgen vor allem fünf große schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen. Schröder hatte das Kunstwerk der Marktkirche anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 als Ehrenbürger von Hannover zum Geschenk gemacht. Die Kosten werden auf rund 150.000 Euro geschätzt. Erst vor drei Monaten hatte ein Gericht nach langem Streit um Urheberrechte entschieden, dass das Fenster eingebaut werden darf.

Es soll nun zunächst weiter in der Glasmanufaktur Derix im hessischen Taunusstein lagern, wo es hergestellt wurde. Es befindet sich formal im Eigentum der Marktkirche, die es in Auftrag gegeben und die Rechnungen aus den Spenden bezahlt hatte. Die Kirche werde nun die Spenden rückabwickeln und bleibe dann auf einer Finanzierungslücke sitzen, erläuterte Müller-Brandes. Offen sei zurzeit, wie diese Lücke gefüllt werde. Offen bleibe zudem, ob und wann das Fenster doch noch irgendwann eingebaut werden könne.

Hannover will Schröder Ehrenbürgerschaft entziehen

Die Stadt Hannover strebt unterdessen an, Gerhard Schröder die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. Der Verwaltungsausschuss der niedersächsischen Landeshauptstadt beschloss in seiner Sitzung am Donnerstag, dass die Stadtverwaltung ein Verfahren zur Aufhebung der Ehrenbürgerschaft einleiten soll, wie die Stadt mitteilte.

Der Verwaltungsausschuss kam den Angaben zufolge zu dem Schluss, dass Schröder "durch seine andauernde geschäftliche Verbindung mit russischen Staatskonzernen die Werte und Ziele der Landeshauptstadt nicht mehr teilt". Er werde, wie es bei negativen Verwaltungsakten immer vorgesehen sei, angehört werden und somit die Möglichkeit bekommen, Stellung zu beziehen. Schröder ist seit 2006 Ehrenbürger von Hannover.

Beschluss wird für Ende März erwartet

Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) betonte, weder der Rat noch die Stadt machten in Fragen der Ehrenbürgerschaft Schnellschüsse und träfen leichtfertigen Entscheidungen. "Ich bedauere, dass sich Gerhard Schröder nicht in der Lage sieht, die notwendigen persönlichen und geschäftlichen Konsequenzen aus Putins Angriffskrieg zu ziehen. Ich begrüße deshalb, dass sich die Ratspolitik heute grundsätzlich zur Ehrenbürgerschaft von Altkanzler Schröder positioniert hat."

Der Verwaltungsvorgang zur Entziehung der Ehrenbürgerschaft soll nun unmittelbar angestoßen werden. Ein Beschluss ist für die nächste Ratssitzung am 31. März vorgesehen. Zuvor hatte schon der Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund Schröder die Ehrenmitgliedschaft wegen seiner Posten in russischen Konzernen entzogen.

Schröder ist unter anderem Aufsichtsratsvorsitzender beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und nimmt Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2 ein. Zudem wurde er vom russischen Erdgas-Unternehmen Gazprom für den Aufsichtsrat des Staatskonzerns nominiert. Nach dem Start des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte er die russische Regierung aufgefordert, den Krieg "schnellstmöglich" zu beenden.