Versuchter Prozessbetrug: Anzeige gegen Woelki

Archivbild: Kardinal Rainer Maria Woelki bei einem Gottesdienst am 09.03.2025 im St.-Paulus-Dom.
Christoph Reichwein/dpa
Gegen Kardinal Woelki und leitende Mitarbeitende des Erzbistums Köln wurde Strafanzeige gestellt. (Archivbild)
Missbrauchsverfahren
Versuchter Prozessbetrug: Anzeige gegen Woelki
Im Missbrauchsverfahren gegen das Erzbistum Köln wurde Strafanzeige gegen Kardinal Woelki und weitere Verantwortliche gestellt – wegen versuchten Prozessbetrugs. Sie sollen dem Gericht wichtige Dokumente vorenthalten haben. Im Zentrum steht die Klage einer Frau, die als Kind von einem Priester schwer missbraucht wurde.

Im Zusammenhang mit dem Schadenersatz-Verfahren eines Opfers von sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln ist Strafanzeige gegen Kardinal Rainer Maria Woelki gestellt worden. Die Anwälte der Betroffenen werfen dem Erzbischof Woelki und weiteren Verantwortlichen der Bistumsleitung versuchten Prozessbetrug vor, wie aus der Anzeige hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Die betreffenden Mitglieder der Bistumsleitung hätten dem Landgericht Köln Dokumente aus der Personalakte des bereits verurteilten Missbrauchstäters vorenthalten, heißt es darin. Zuerst hatten am Dienstag der WDR und der "Kölner Stadt-Anzeiger" darüber berichtet.

Die Strafanzeige haben die Anwälte der Klägerin, der früheren Pflegetochter des verurteilten Priesters Ue., und der Sprecher der Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, nach eigenen Angaben bei der Staatsanwaltschaft Köln eingereicht. Die Staatsanwaltschaft bestätigten den Eingang der Anzeige am Dienstagmittag auf epd-Anfrage noch nicht.

In der Anzeige heißt es, durch das Vorenthalten von Dokumenten seien Sachverhalte, die für die Frage einer Amtshaftung der Kirche von entscheidender Bedeutung seien, in den Darlegungen der Bistumsanwälte verschleiert oder verfälschend dargestellt worden. Woelki ist nach Ansicht der Anzeige-Erstatter nicht nur als Letztverantwortlicher mit der Prozessführung vertraut. Alles spreche dafür, dass er "in alle Details eingebunden" gewesen sei.

Eine Entscheidung über die Klage der früheren Pflegetochter des als Serientäter verurteilten ehemaligen Priesters Ue. wird für den 1. Juli erwartet (AZ: 5 O 220/23). Die heute 58 Jahre alte Frau war von dem Geistlichen als Zwölfjährige in Pflege genommen und in den Folgejahren vielfach missbraucht worden. Sie fordert Schmerzensgeld vom Erzbistum. Das Erzbistum bestreitet die Amtshaftung mit dem Argument, der Geistliche habe die Missbrauchstaten nicht in Ausübung seines Amtes begangen, sondern als Privatperson.

Die Klägerin und ihre Anwälte argumentieren hingegen, für die Übernahme des Sorgerechts durch den Geistlichen Ue. habe es einer Sondergenehmigung des damaligen Kölner Erzbischofs, Kardinal Joseph Höffner, bedurft. Zudem sei ein Priester nach katholischem Amtsverständnis "immer im Dienst", und Ue. habe "die seelsorgerliche Komponente seines Wirkens zur Tatbegehung ausgenutzt". Mit der Zustimmung zur Übernahme des Sorgerechts durch Ue. habe das Erzbistum die beiden Pflegekinder in den seelsorglichen Verantwortungsbereich der Kirche hineingenommen.

Die Dokumente, die nun zur Anzeige gegen Woelki geführt haben, enthalten laut den Anzeige-Erstattern unter anderem ausführliche Erörterungen der damaligen Bistumsleitung zur Verantwortung für das Wohl der beiden Pflegekinder. Zudem sei die Zustimmung des Erzbistums zur Übernahme des Sorgerechts an strenge Vorgaben geknüpft gewesen, darunter die Beschäftigung einer Haushälterin. Das sei jedoch nicht geschehen.