Hilfsorganisationen warnen vor wachsendem Hunger

Getreidefeld in der Ukraine
© Getty Images/Misha Kaminsky
Ein Gerstenfeld in der Ukraine - vor dem Krieg. "In der Ukraine scheint eine reguläre Frühjahrsbestellung der Äcker wegen des Krieges nicht mehr möglich", sagt Udo Hemmerling vom Bauernverband und warnt vor einer globalen Krise und wachsendem Hunger.
Folgen des Krieges für die Welt
Hilfsorganisationen warnen vor wachsendem Hunger
Wegen steigender Weizenpreise könnte der Ukraine-Krieg den Hunger auch in armen Ländern verschärfen. Unionspolitiker dringen deshalb auf ein Sonderprogramm für Entwicklungsländer.

In vielen Ländern droht laut Hilfsorganisationen infolge des Ukraine-Krieges eine weitere Verschärfung der Hungerkrise. Aufgrund steigender Weizenpreise nach dem russischen Angriff seien Millionen von Kindern in Ländern wie dem Jemen, Libanon oder Syrien in Gefahr, erklärte die Hilfsorganisation Save the Children am Donnerstag. Auch die Welthungerhilfe warnte vor einer Zunahme des weltweiten Hungers. Abgeordnete der Union forderten derweil ein Sonderprogramm, um arme Ländern bei der Bewältigung der Kriegsfolgen zu unterstützen.

Verschlechtern könnte sich die Ernährungslage laut Save the Children beispielsweise im Jemen, wo bereits acht Millionen Kinder von einer Hungersnot bedroht seien. "Weizen gehört zu den wenigen Nahrungsmitteln, die sie noch am Leben halten", sagte die Jemen-Landesdirektorin, Rama Hansraj. Laut der Hilfsorganisation importiert das Land etwa 95 Prozent seines Weizenbedarfs aus dem Ausland, mehr als ein Drittel davon aus Russland oder der Ukraine. Der Libanon und Teile Syriens sind lauf der Organisation ebenfalls auf Importe aus den Ländern angewiesen.

Russland und die Ukraine zählen zu den größten Weizenexporteuren der Welt. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist Russland für 17 Prozent und die Ukraine für zwölf Prozent der globalen Weizenexporte verantwortlich. Vor allem nordafrikanische und asiatische Staaten sowie die Türkei beziehen demnach Weizen aus den beiden Ländern. Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) bezieht für seine Lebensmittelhilfe in Konflikt- und Krisenländern ebenfalls enorm viel Getreide aus der Region - laut WFP-Direktor David Beasley bis zu 50 Prozent.

Auch der Deutsche Bauernverband warnte vor höheren Getreidepreisen. Die Getreidepreise am Weltmarkt seien bereits im Herbst 2021 nach den Corona-Lockdowns stark gestiegen, sagte Udo Hemmerling, Vize-Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag). Dies setze sich nun weiter fort. Dies setze sich nun weiter fort. "In der Ukraine scheint eine reguläre Frühjahrsbestellung der Äcker wegen des Krieges nicht mehr möglich", sagte er. "Landwirte gehen in den Militärdienst; ebenso werden Diesel und Traktoren dorthin abgegeben."

Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe sagte, Handelsbeeinträchtigungen infolge des Kriegs träfen vor allem Länder im Nahen Osten und Afrika, die teilweise 70 Prozent ihres Weizens importierten. "Das Menschenrecht auf angemessene Ernährung wird für Millionen Menschen in fahrlässiger Weise bedroht." Länder wie Deutschland seien gefordert, ihre Unterstützung für Hungerbekämpfung und ländliche Entwicklung auszubauen.

Marita Wiggerthale, Agrarexpertin der Hilfsorganisation Oxfam, sagte, die höheren Preise für Weizen und Mais träfen im globalen Süden auf Gesellschaften, die durch die Corona-Krise bereits sehr in Mitleidenschaft gezogen seien. Die Menschen dort hätten keine Reserven mehr, sagte sie den Zeitungen. Steigende Lebensmittelpreise würden in vielen Regionen zu mehr Hunger führen.

Der Vizechef der Unionsfraktion, Hermann Gröhe (CDU), rief die deutsche Regierung auf, ähnlich dem Corona-Sofortprogramm "unverzüglich ein schnell umsetzbares und wirksames Sonderprogramm" aufzulegen.

Das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" forderte "zusätzliche Investitionen in die Ernährungssicherung sowie den Auf- und Ausbau sozialer Sicherungssysteme". Im Jahr 2020 hatte die damalige schwarz-rote Regierung Corona-Soforthilfen für arme Länder im Umfang von vier Milliarden Euro bis Ende 2021 zugesagt.