Anna-Nicole Heinrich will raus aus der Kirchenbubble und rein in die Welt

Kommentar
Anna-Nicole Heinrich will raus aus der Kirchenbubble und rein in die Welt
Die Wahl der 25-jährigen Philosophie-Studierenden Anna-Nicole Heinrich zur Präses der Synode der EKD ist ein wichtiger Schritt der EKD hin zum Generationenwechsel. Trotz gewaltiger Aufgaben sind die Hoffnungen auf Aufbruch und Neues groß, kommentiert Markus Bechtold, evangelisch.de-Portalleiter.

Heute ist für die EKD ist ein historischer Tag. "Mein Handy explodiert gleich!“, twitterte Anna-Nicole Heinrich das Ereignis, direkt nach ihrer Wahl zur neuen Präses der Synode der EKD. Und Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD, bezeichnete die Wahl als „ein ganz starkes Zeichen für unsere Kirche“. Sie zeige die Bedeutung, die junge Menschen für die Gestaltung der Zukunft haben.

In der vorherigen 12. Synode war Heinrich noch Jugenddelegierte und konnte nicht mitentscheiden. Jetzt mit der sich neu konstituierenden 13. Synode ist Anna-Nicole Heinrich die jüngste Präses in der Geschichte der EKD und führt damit das evangelische Kirchenparlament. Wofür nicht nur die ehemaligen Jugenddelegierten der Synode der EKD eingetreten sind, für eine stärkere Stimme der Jugend zu kämpfen, ist mit dem heutigen Tag Wirklichkeit geworden, die man sich so vor kurzem noch nicht hätte vorstellen können. Und mit Heinrich sind die Synodalen jünger und weiblicher geworden. Zugleich ist sie jetzt auch das jüngste Mitglied im Rat der EKD.

Heinrich spricht in gendergerechter Sprache. Ihre Eltern gehören keiner Kirche an. Zugang zum Glauben habe sie über den Religionsunterricht an der Schule im Mittagsbetreuungsraum erhalten. Sie beschreitet neue Wege. Sie will pragmatisch integrierend wirken. Sie setzt auf neue digitale Formen, auch im Gottesdienst. Nicht allein mit dem #GemeinsamGlauben will sie Menschen erreichen. Darüber berichtete sie schon einmal auf evangelisch.de.

Als stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) und als ehemalige Jugenddelegierte in der vorherigen Synode konnte sie bereits wertvolle Erfahrung mit evangelischer Gremienarbeit sammeln. In ihrer Vorstellungsrede rief sie die Synodalen heute Vormittag auf, „einfach mal zu machen“, raus aus der Bubble zu gehen und Einheit in Vielfalt zu üben. Dafür stehe ihr Glaube, der prägungs- und konfessionsübergreifend sei: nicht polarisierend, sondern im ständigen Gespräch zueinander gewandt. „Geht hinaus in die Weite und lebt euren Glauben zuversichtlich, gemeinsam und tatkräftig“, sagte Heinrich. Aus dieser Grundhaltung heraus lebe und gestalte sie mit.

Anna-Nicole Heinrich ist jung, charismatisch und selbstbewusst. Mit der neuen Präses weitet sich der Blick der evangelischen Kirche. Sie macht mit ihrer Wahl sicherlich vielen jungen Menschen Mut, sich innerhalb der Kirche stärker zu engagieren. Heute, am Tag ihrer Wahl, spüre sie nicht viel von den vielbesagten alten Beharrungskräften.

Als Präses der Synode der EKD führt sie ein Ehrenamt aus und hat eine große Aufgabe vor sich. Sparmaßnahmen, Rückbau und Umbau innerhalb der evangelischen Kirche stehen an. Sie wird dabei eigene Positionen einnehmen und ihren Weg finden müssen. Theologisch will sie sich keinem Spektrum zuordnen. Das ist gut. Indem sie sich nicht eingrenzt, grenzt sie andere nicht aus. Als Präses wolle sie für eine hoffnungsvolle integrierende und pragmatische Kirche stehen. Das macht zuversichtlich und ist das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt. Der Weg ist geebnet. Ihre Vorgängerin Irmgard Schwätzer, 79 Jahre alt, konnte auf ein ganzes Arsenal an Werkzeugen im Umgang mit gestandenen Kirchenmenschen zurückgreifen. Darauf kann Heinrich nun aufbauen. 

Den Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm erfüllt die Wahl mit Stolz auf seine Kirche. Er und sicher auch viele andere blicken nun mit großer Freude in die Zukunft. Innerhalb der Synode der EKD hat heute der Generationenwechsel begonnen. Wenn Heinrich Bedford-Strohm im November 2021 sein Amt ablegen wird, darf man gespannt sein, wer die Wahl als neuer Ratsvorsitz der EKD gewinnen wird.

Anna-Nicole Heinrich steht für einen Neuanfang. Sie steht für Schwung und Kraft und Zuversicht. Genau das ist es, wovon die evangelische Kirche jetzt und in Zukunft noch viel gebrauchen kann.