Kirchen bitten um Spenden für den Libanon

Nach der schweren Explosion in Beirut
© Marwan Naamani/dpa
Blick über einen Teil der Zerstörung nach einer massiven Explosion im Hafen Beiruts am 04.08.2020.
Kirchen bitten um Spenden für den Libanon
Nach der verheerenden Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut haben evangelische und katholische Kirche rasche Finanzhilfen angekündigt und um weitere Spenden gebeten.

Nach der verheerenden Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut haben das Bistum Limburg und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) rasche Finanzhilfen angekündigt und um weitere Spenden gebeten. Das Bistum und der Diözesancaritasverband spendeten 50.000 Euro an Caritas International, die für die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten vorgesehen seien, sagte der Leiter der Abteilung Weltkirche des Bistums, Winfried Montz, am Donnerstag. Gerade in den vergangenen Jahren habe der Libanon Großartiges im Umgang mit Flüchtlingen geleistet. "Wir alle sollten uns jetzt solidarisch zeigen und die Betroffenen in Beirut unterstützen und ihnen helfen."

Die EKHN stelle 15.000 Euro Soforthilfe für die Near East School of Theology (NEST) bereit, deren Gebäude und Kirche bei der massiven Detonation am Dienstag schwer beschädigt worden seien, teilte die Kirche am Donnerstag in Darmstadt mit. Alle acht Stockwerke und zwei Untergeschosse seien laut George Sabra, Präsident der christlichen Hochschule, getroffen worden. Glasfenster, Glastüren, Glaspaneele im Inneren des Gebäudes sowie viele Holztüren seien zertrümmert, aber Gott sei Dank niemand verletzt worden. Die EKHN lässt seit 19 Jahren an der NEST regelmäßig eigene Pfarrerinnen und Pfarrer im interreligiösen und interkulturellen Dialog ausbilden.

Auch die EKD hat ihren ökumenischen Partnerkirchen im Libanon Unterstützung zugesichert. Viele Mitarbeiter der Partnerkirchen seien angesichts der Zerstörung ihrer Häuser, Büros und Kirchengebäude zutiefst betroffen und traumatisiert. "In diesem Leid und der Verzweiflung stehen wir an Ihrer Seite", heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben der Evangelischen Mittelost-Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das vom Vorsitzenden der Kommission, dem ehemaliger Berliner Bischof Markus Dröge, unterzeichnet wurde.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm drückte seine Bestürzung aus. "Dass dieses Land und seine Menschen, die durch so viele wirtschaftliche und politische Probleme ohnehin gebeutelt sind und die trotz dieser Probleme weit über eine Million Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen haben, nun auch noch von dieser Katastrophe heimgesucht werden, ist furchtbar", schrieb er am Donnerstag auf Facebook.

In der mit der EKD verbundenen deutschen Gemeinde in Beirut sind den Angaben zufolge durch die Explosion Sachschäden entstanden. Verletzte sind nicht zu beklagen.

300.000 Menschen obdachlos

Der libanesische Leiter der Maronitenkirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main, Prior Gaby Geagea, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Druckwelle der Explosion habe Häuser drei Kilometer weit zerstört und 300.000 Menschen obdachlos gemacht. Das Stadtviertel am Hafen von Beirut werde fast vollständig von Christen bewohnt. Die Explosion sei eine Katastrophe für den Libanon, der derzeit sowieso in einer schweren Wirtschaftskrise stecke und von Massenprotesten gegen die Regierung geschüttelt werde. Die fünf Gottesdienstgemeinden der Maroniten in Deutschland riefen zu Spendensammlungen auf und arbeiteten dabei mit der katholischen Kirche zusammen.

Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers unterstützt die Evangelische Kirche in Syrien und dem Libanon (NESSL) mit einer Soforthilfe von 10.000 € aus dem Katastrophenfonds der Landeskirche. "Mit großem Entsetzen und tiefer Sorge schauen wir auf die furchtbare Explosion, die die Menschen in Beirut getroffen hat. In unseren Gedanken und Gebeten sind wir bei ihnen," sagt Landesbischof Ralf Meister. Er hatte in den vergangenen Jahren mehrfach Beirut besucht. Die Landeskirche Hannovers unterstützt seit mehreren Jahren kirchliche Schulen und Projekte für Menschen, die aus Syrien in den Libanon geflohen sind. "Die Bilder aus Beirut haben mich sehr erschüttert. Ich sehe mit großem Respekt die vielfältigen Hilfsmaßnahmen, die unsere Partnerkirche dort jetzt initiiert, um die größte Not der Menschen zu lindern. Wir sind in Kontakt mit unseren Geschwistern in Beirut und werden sie in ihrer Arbeit unterstützen."

Häuser und Wohnungen instand setzen

"Nachdem viele Menschen in den letzten Monaten durch die schwierige wirtschaftliche Lage des Libanon ihre Jobs verloren haben, stehen nun tausende Familien nach dieser schrecklichen Explosion ohne ein Dach über dem Kopf da. Sie haben nichts mehr und sind dringend auf Hilfe angewiesen, um zu überleben," schrieb Joseph Kassab, Präsident des Obersten Rats der Evangelischen Kirche in Syrien und dem Libanon in einer E-Mail an Meister. "Das Wichtigste ist jetzt, die Häuser und Wohnungen schnell wieder so instand zu setzen, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben."

Auch die Diakonie Katastrophenhilfe hat zu längerfristigen Hilfen für die libanesische Bevölkerung aufgerufen. "Das Ausmaß der Katastrophe in Beirut ist schockierend", erklärte der Asienleiter des evangelischen Hilfswerks, Michael Frischmuth, am Donnerstag in Berlin. Doch nicht nur die direkten Auswirkungen der Explosion am Hafen der Hauptstadt seien verheerend. Bereits zuvor hätten eine schwere Wirtschaftskrise und der Wertverfall des libanesischen Pfunds die Hälfte der Bevölkerung in Armut gestürzt. Die ohnehin schwierige Ernährungslage werde sich nun weiter verschärften. "Den Menschen im Libanon stehen weitere schwere Zeiten bevor."

Solidarität mit dem Libanon zeigen

Besonders schwierig sei die Situation der Hunderttausenden syrischen Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren im Libanon Schutz gesucht hätten. Gemessen an der Einwohnerzahl habe kein Land so viele Menschen aus dem Bürgerkriegsland aufgenommen. "Der Libanon hat sich seit dem Ausbruch des Krieges im Nachbarland solidarisch gezeigt - ebenso muss die Weltgemeinschaft nun Solidarität mit dem Libanon zeigen", forderte Frischmuth.

Nach Angaben der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA vom Donnerstagmorgen kamen bei der Explosionskatastrophe in Beirut mehr als 130 Menschen ums Leben, rund 5.000 wurden verletzt. Lokalen Medien zufolge waren 2.700 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, die seit sechs Jahren im Hafen lagerten.