Hupen statt Glocken - "Drive-In-Gottesdienste"

Autogottesdienst Wolfsburg
© epd-bild/Joachim Thies
Rund 200 Christen aus Wolfsburg haben am Himmelfahrtstag erstmals einen Autogottesdienst gefeiert. Auf dem Parkplatz der Volkswagen Arena in Wolfsburg trafen sie sich in hundert Autos, um die Freiluftfeier zu verfolgen.
Hupen statt Glocken - "Drive-In-Gottesdienste"
In Zeiten von Corona boomen nicht nur die Autokinos, sondern es entstehen auch die ersten "Autogottesdienste". Denn im eigenen Fahrzeug lassen sich bequem die Abstandsregeln einhalten. Jetzt hat der Trend auch die Automobilstadt Wolfsburg erreicht. Hier ein paar Beispiele vom Himmelfahrtstag:

Hupkonzert statt Glockengeläut und Kirchenbänke mit Dreipunktgurt: Mehrere hundert Menschen haben am Himmelfahrtstag in Wolfsburg und Hildesheim einen Autogottesdienst gefeiert. Auf dem Parkplatz an der Volkswagen Arena in Wolfsburg trafen sich nach Angaben der Veranstalter etwa 200 Personen in hundert Autos, um die Freiluftfeier zu verfolgen. Auf dem Hildesheimer Festplatz kamen etwa 350 Besucher mit 152 Autos. Auch in Itzehoe konnte man im Auto vorfahren und beten.

In Wolfsburg hatte der evangelische Superintendent Christian Berndt vom Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen zu der Feier eingeladen. Per UKW-Frequenz 96,0 übertrug ein Technikerteam Predigt, Gesang und Fürbitten an die Autoradios der Teilnehmer. Das Ordnungsamt hatte mit Blick auf die Corona-Pandemie verfügt, dass die Autos mit Sicherheitsabstand zueinander parken mussten. Aussteigen durfte während des Gottesdienstes niemand. Damit sich jeder daran hielt, waren vor dem Stadion des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg rund 20 ehrenamtliche Helfer mit Warnweste und Mundschutz im Einsatz.

Weihwasser auf abfahrende Autos

In Hildesheim feierten die Teilnehmer auf Einladung des Kolpingwerks einen katholischen "Drive-In-Gottesdienst". Pfarrer Hans-Günter Sorge dankte allen Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeheimen für ihren Dienst in Zeiten von Corona, wie der Malteser-Hilfsdienst mitteilte. Mitarbeiter der Malteser untermalten die Feier mit Blaulicht und Sirenen. Bei der Ausfahrt wurde jeder einzelne Wagen mit Weihwasser gesegnet. Der Bürgersender "Radio Tonkuhle" übertrug die Feier live.

In Niedersachsen hatten in den vergangenen Wochen wegen der Corona-Krise bereits mehrere Auto-Gottesdienste stattgefunden. Ende April kamen auf dem Parkplatz am Göttinger Jahn-Stadion, wo sonst Autokino-Vorstellungen angeboten werden, rund 90 Christen mit 40 Autos zusammen. In Hildesheim hatte das katholische Bistum bereits am Ostersonntag zu einem "Drive in-Gottesdienst" eingeladen, an dem sich rund 400 Menschen in etwa 200 Fahrzeugen beteiligten.

Drei Pastoren und Posaunenchor in Itzehoe

Kein Altar, dafür eine riesige Leinwand: Die Kirchengemeinden der Region Itzehoe feierten am Himmelfahrtstag ihren dritten Gottesdienst im Autokino. Mit reichlich Abstand standen 18 Autos auf der großen Sandfläche der Maltzmüllerwiesen in der Itzehoer Innenstadt. Drei Pastoren und der Posaunenchor Hohenlockstedt feierten ihnen gegenüber auf einer LKW-Bühne Gottesdienst mit Predigt, Fürbitten, Gebet und Gesang. Im PKW waren jeweils maximal zwei Personen zugelassen. Dort durften sie auch mitsingen - was in den Kirchen noch verboten ist.

"Unsere Kirche ist noch nicht wieder geöffnet", sagte ein Besucher aus dem Umland, der mit seinem Vater angereist ist. "Mein Vater gehört zur Risikogruppe, daher ist dies eine schöne Möglichkeit, in geschützter Umgebung trotzdem Gottesdienst feiern zu können." "Positiv überrascht" sei sie, rief eine Besucherin im knallroten Kleinwagen aus dem geöffneten Fenster bei der Abfahrt. Alle Besucher hatten sich vorab online registriert - nur so konnte das Kontaktverbot eingehalten werden. Die Autos wurden am Einlass anhand ihres Kennzeichens registriert, so dass keiner aussteigen musste.

"Experimentieren hier mit ganz neuen Elementen"

Diese Form sei auch für ihn und seine Kollegen neu, sagte Pastor Christian Kosbab aus Kremperheide. "Wir sind ja sonst in unseren Gottesdiensten eher analog unterwegs." Beim Ablauf konnten sich die Pastoren an einer Vorlage des Gottesdienstinstitutes orientieren. Das sei sehr hilfreich gewesen, weil das Format ein völlig anderes sei - auch zeitlich, denn die einzelnen Beiträgen müssen deutlich kürzer sein, sagte Kosbab. "Wir experimentieren hier mit ganz neuen Elementen wie Filmausschnitten und Videos." In diesem Fall wurden fünf Passagen des Films "Wie auf Erden" eingespielt, die zur Predigt passten. 

Klar wäre es schön, wenn zum nächsten Autokino-Gottesdienst am Sonntag (24. Mai) mehr Besucher kämen, so Kosbab, der wie seine Kollegen keinen Talar trug, sondern Alltagskleidung. Aber die Anzahl sei nicht das entscheidende Kriterium - "auch die Besucher in den 18 Wagen nehmen mit Sicherheit was aus diesem Gottesdienst mit."

Das Autokino Itzehoe zeigt seit dem 5. Mai täglich mindestens zwei Filme. Organisiert wird es von der örtlichen Event-Agentur Nordflair. "Das hilft auch unserem kleinen Familienbetrieb in einer schwierigen Zeit", sagte Projektmanagerin Hannah Reimers. Außerdem gebe es ihr persönlich auch etwas wieder, da die Leute Spaß haben und am Ende immer mit guter Laune den Platz verlassen würden. Die Agentur organisiert die fünf Gottesdienste ehrenamtlich, auch für die Besucher sind sie kostenfrei. Die Kooperation kam durch einen ehemaligen Konfirmanden zustande.