Kontroverse um Bischof Marahrens

Landesbischofs August Marahrens
© epd-bild/epd Niedersachsen-Bremen/Landeskirchliches Archiv Hannover
Die Synode der Evangelisch-lutherischen LandMitglieder des "Landeskirchentages" 1925 in Hannover auf dem Weg zur Wahl des ersten Landesbischofs August Marahrens (1875-1950).
Kontroverse um Bischof Marahrens
Eine Bürgerinitiative will die mögliche Umbenennung des Marahrensweges in Hannover verhindern. Namensgeber ist der frühere Landesbischofs August Marahrens (1875-1950). Der habe eine zu große Nähe zum NS-Staat gehabt, sagt ein Beirat der Stadt Hannover.

Ein solcher historisch gewachsener Straßenname dürfe nicht einfach aus der Stadtkarte getilgt werden, sagte der Sprecher der Initiative, Christian Stichternath, dem Evangelischen Pressedienst. Ein Beirat der Stadt Hannover hatte die Umbenennung im vergangenen Herbst empfohlen. August Marahrens war von 1925 bis 1947 Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Der Bezirksrat des Stadtteils Döhren-Wülfel plant für den 7. November eine Anhörung zu der möglichen Umbenennung.

Inzwischen wehrten sich fast alle Anwohner gegen die Umbenennung der Straße, sagte Stichternath. Mit ihren Unterschriften hätten sie sich für die Erhaltung des Namens ausgesprochen. Marahrens sei nicht persönlich an Verbrechen beteiligt gewesen und habe auch keine tragende Funktion zur Stützung des nationalsozialistischen Staats ausgeübt, betonte der studierte Historiker. "Er war kein NSDAP-Mitglied und gehörte nicht der sogenannten Deutschen Kirche an, die mit den Nationalsozialisten direkt paktierte."

Anwohner wollen aktive Auseinandersetzung

Der Beirat machte dagegen geltend, dass Marahrens zur NS-Rassenpolitik geschwiegen habe. Der konservative Theologe habe seine Stimme nicht gegen die Verfolgung und Vernichtung der Juden erhoben, obwohl er dies als Bischof hätte tun können, sagte Hannovers früherer evangelischer Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann als Mitglied des Beirats. Auch nach dem Ende des NS-Staates habe sich Marahrens nicht wirklich von der Judenverfolgung distanziert. "Das hat etwas Beschämendes und Erschreckendes." Der Bischof habe eine Linie des konservativen Luthertums repräsentiert, von der sich die Kirche später mit guten Gründen verabschiedet habe.

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Stichternath sagte, es gehe der Initiative nicht darum, den durchaus ambivalent wirkenden Marahrens von Schuld freizusprechen. Die Anwohner sprächen sich vielmehr für erläuternde Hinweise auf Zusatztafeln und eine aktive Auseinandersetzung mit der Person Marahrens aus. In Hannover war 2014 bereits der frühere Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz am Landtag umbenannt worden, der an den ersten Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen erinnerte. Zuvor waren Verstrickungen von Hinrich Wilhelm Kopf (1893-1961) in das NS-Regime bekanntgeworden.

Eine ähnliche Auseinandersetzung gab es vor Jahren auch in Bayern: Nach langem Tauziehen hatten die Städte Nürnberg und München beschlossen, die nach Landesbischof Meiser benannten Straßen umzuwidmen. In der Landeshauptstadt wurde die Meiserstraße 2010 in Katharina-von-Bora-Straße umbenannt. Die ehemalige Bischof-Meiser-Straße in Nürnberg heißt seit 2007 Spitalgasse. Hans Meiser war von 1933 bis 1955 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Er war wegen Nähe zur NS-Ideologie in die Kritik geraten.