Kirchenasyl: Meister fordert Reform der Dublin-Regelung

Landesbischof Ralf Meister fordert eine Reform der sogenannten Dublin-Regelung.
Foto: dpa/Silas Stein
Landesbischof Ralf Meister
Kirchenasyl: Meister fordert Reform der Dublin-Regelung
Beckstein: Härtefallkommission statt Kirchenasyl
Angesichts der erneuten Diskussion um das Kirchenasyl hat der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Ralf Meister, eine Reform der sogenannten Dublin-Regelung gefordert.

"Die gegenwärtige Praxis und die Weigerung vieler Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen, beschädigen den humanitären Grundkonsens, auf den Europa baut", sagte der Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers am Mittwoch.

"Die Kirchengemeinden schaffen mit dem Kirchenasyl einen besonderen Schutzraum für von Krieg und Verfolgung bedrohte Menschen und setzen sich sehr gründlich und kritisch mit der Situation der Flüchtlinge auseinander", betonte Meister. Die aktuellen Diskussionen dürften dies nicht infrage stellen.

"Kirchenasyl wendet sich nicht gegen den Rechtsstaat"

Die Dublin-Regelung besagt, dass der Staat, in dem ein Flüchtling erstmals den Boden der EU betreten hat, für das Asylverfahren zuständig ist. Reist der Asylsuchende weiter, kann er innerhalb von sechs Monaten wieder in den Staat der Ersteinreise zurückgeschickt werden. Durch das Kirchenasyl wurde die Frist oft überschritten. Seit dem 1. August gilt eine von sechs auf 18 Monate verlängerte Rückführungsfrist für Dublin-Fälle, wenn Kirchengemeinden Verfahrensabsprachen nicht einhalten. Dazu gehört unter anderem, rechtzeitig ein Dossier beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einzureichen.

Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen hätten vor kurzem ihre Kirchengemeinden über die aktuellen Regelungen informiert, sagte Meister. Sie hätten darum gebeten, das Kirchenasyl weiterhin sorgfältig zu handhaben und die Beratung der Fachleute in den Kirchen in Anspruch zu nehmen. "Für uns kann und soll das Kirchenasyl in besonderen Fällen einen Aufschub für weitere Klärungen des jeweiligen Einzelfalls gewähren und wendet sich daher nicht gegen den Rechtsstaat."

Günther Beckstein

Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) plädiert hingegen für ein restriktiveres Vorgehen beim Kirchenasyl. Zugleich tritt er für eine Stärkung der Härtefallkommissionen ein, um schwierige Flüchtlingsfälle gesondert zu überprüfen. Er sei "etwas traurig", dass die Härtefallkommission in den vergangenen Jahren "ein Stück in Vergessenheit geraten ist und wieder das Kirchenasyl sehr stark wird", sagte Beckstein am Donnerstag dem Deutschlandfunk.

Zugleich hält er es für schwierig, wenn sich der Staat gegen Gemeinden stelle, die Kirchenasyl anböten. Denn sie verkörperten Werte wie Solidarität, Nächstenliebe und Engagement, auf denen der Staat aufbaue. Er sehe es als "Grenzüberschreitung", wenn Flüchtlinge mit Polizeigewalt aus dem Kirchenasyl geholt würden. Dennoch sei das Kirchenasyl für den Rechtsstaat nur schwer zu ertragen, "denn die Kirchen sind nicht die Wächter des Rechtsstaats, sondern das sind die Gerichte", sagte der frühere stellvertretende Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). 

Bedford-Strohm: Keinen kircheneigenen Rechtsweg einschlagen

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, hatte zuvor davor gewarnt, die Kirche dürften den Rechtsstaat nicht infrage stellen und keinen "kircheneigenen Rechtsweg" einschlagen.

Seit August gelten nach einem Erlass des Bundesinnenministeriums für das Kirchenasyl strengere Regeln. Danach müssen die Kirchen ein Falldossier für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstellen und einen Ansprechpartner benennen. Kommen Kirchen diesen Pflichten nicht nach, kann die Entscheidungsfrist von 6 auf 18 Monate verlängert werden. Paragraf 23a des Aufenthaltsgesetzes räumt den Bundesländern die Möglichkeit ein, Härtefallkommission für schwierige Flüchtlings-Fälle einzurichten.

Nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" sind derzeit bundesweit 552 aktive Kirchenasyle mit mindestens 868 Personen bekannt. 512 Fälle fallen dem Verein zufolge unter die Dublin-Regelung, wonach Asylsuchende, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, dorthin zurückgeführt werden können.