In dem Thriller von Roland Suso Richter spielte sie eine Frau, die von der Polizei als Gattenmörderin gesucht und von einem Killer gejagt wird. Der Vernau-Krimi ist weit weniger spannend, aber das galt bislang für so gut wie alle Verfilmungen der Romane von Elisabeth Herrmann über den Berliner Anwalt (Jan Josef Liefers).
Dass die 2012 gestartete Reihe selbst nach acht Filmen immer noch nicht rundum überzeugt, hat allerdings andere Gründe. Herrmanns Romane sind stets komplex, erzählen oft von familiären Tragödien und führen gern in die Vergangenheit, weshalb es regelmäßig großen Erklärungsbedarf gibt. Wenn es gelingt, die vielen Informationen flüssig zu integrieren, sind die Ergebnisse ähnlich sehenswert wie zuletzt "Düstersee" (2023), aber diesmal muss Vernau mehrfach die Zusammenhänge erläutern.
Die eigentliche Geschichte beginnt im Frühjahr 1945, als Walther von Hagen, ein deutscher Adeliger, der im heutigen Polen ein Weingut besitzt, seine Familie angesichts der näher rückenden Roten Armee in Sicherheit schickt. Knapp achtzig Jahre später meldet ein unehelicher Nachkomme Besitzansprüche an; es handelt sich um den Mann, den Vernaus Kanzleipartnerin Marie-Luise (Stappenbeck) in der Kapelle des polnischen Anwesens erschlagen haben soll. Da ein Einheimischer (Adrian Topol) sie als Zeuge belastet, wird sie nun mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Die Handlung ist allerdings weitaus umfangreicher, zumal im Hintergrund kräftig gekungelt wird: Rund um das heruntergekommene Weingut ranken sich allerlei Begehrlichkeiten; längst lauern deutsche Heuschrecken darauf, hier einzufallen. Außerdem ist angeblich irgendwo auf dem weitläufigen Gelände der nicht näher bezeichnete Familienschatz derer von Hagen versteckt. Den Schlüssel zu den Reichtümern hat Walther einst seinem kleinen Sohn Helmfried anvertraut. Um das Geheimnis des verlorenen Schatzes zu ergründen, bittet der Anwalt die beste Freundin seiner Mutter und ihren Geliebten, verdeckt in der luxuriösen Seniorenresidenz zu ermitteln, in der Helmfried mittlerweile lebt. Die heitere Note, die Carmen-Maja Antoni und Winfried Glatzeder als "Undercover"-Duo in den Film bringen, passt allerdings nicht recht zu den ernsten Begleitumständen.
Josef Rusnak hat die Vernau-Krimis nach dem Tod von Carlo Rola übernommen, "Versunkene Gräber" (TV-Premiere war 2023) ist seine vierte Inszenierung; mittlerweile schreibt er zudem die Drehbücher allein. Allerdings hat auch er der Reihe nicht zu durchgehender Qualität verhelfen können: "Totengebet" (2019) war sehenswert, "Requiem für einen Freund" (2021) durchwachsen, "Düstersee" (2023) wieder gut.
Diesmal gibt es zudem kleine handwerkliche Irritationen. Dass Vernaus Berliner Auto auf dem Weg nach Polen plötzlich ein Kennzeichen des brandenburgischen Landkreises Teltow-Fläming ("TF") trägt, ist ein Fehler, bei dem die Beteiligten noch hoffen könnten, er möge nicht auffallen, aber dass die Fahrten wie eine schlecht gemachte Rückprojektion aus den Fünfzigerjahren wirkt, ist eines Fernsehfilms mit diesem Anspruch nicht würdig. Sehenswert ist dagegen die Bildgestaltung (Clemens Majunke). Das Kerzenlicht beim Auftakt in der Kapelle ist ebenso kunstvoll wie Marie-Luises anschließende Flucht bei Nacht und Nebel. Die Musik von Mario Grigorov ist ohnehin großes Kino.
Fans von Stefanie Stappenbeck werden größere Freude an dem romantischen Thriller "Ohne dich" haben, den die ARD zur gleichen Zeit auf ihrem Tochtersender One zeigt: Ein Paar aus Köln macht Urlaub in der Betragne. Eines Tages kommt es zur Tragödie: Der Mann geht segeln und kehrt nicht mehr zurück; das Boot wird verwaist gefunden. Weil es aber auch keine Leiche gibt, ist seine Frau überzeugt, dass ihr Lebensgefährte noch lebt. Ihre Überzeugung ist so stark, dass sie die Träume von seinen nächtlichen Besuchen für Wirklichkeit hält; erst recht, als sie am nächsten Morgen zwei benutzte Gläser findet. Es gibt nur einen Weg, die Wahrheit rauszufinden: Sie muss noch mal nach Frankreich. Die Handlung ist weder neu noch spektakulär, aber Buch (Ulli Stephan) und Regie (Florian Baxmeyer) versehen die Geschichte von Anfang an mit einer ganz speziellen Atmosphäre, an der auch die Bildgestaltung (Arthur W. Ahrweiler) und vor allem die lauernde Musik großen Anteil haben. Enjott Schneiders Kompositionen geben den Aufnahmen eine Abgründigkeit, die ständig nahe legt, den Bildern nicht zu trauen: weder der anfänglichen Idylle noch der späteren Einsamkeit.