Jahreswechsel: Kirchen rufen zu Solidarität auf

Foto: rolf k. wegst/Rolf K. Wegst
Flüchtlingsunterkunft in Marburg.
Jahreswechsel: Kirchen rufen zu Solidarität auf
Die Kirchen in Deutschland haben an Silvester zu Solidarität mit den Flüchtlingen und Entschiedenheit gegenüber Radikalismus aufgerufen.

Man solle den Geflohenen mit mehr Offenheit begegnen, sagte der Osnabrücker katholische Bischof Franz-Josef Bode am Donnerstag im Osnabrücker Dom. Es brauche Vertrauen, Mut und Entschlossenheit, um die Integration der Flüchtlinge zu stärken, damit sie in Deutschland eine neue Heimat fänden.

Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs sagte, trotz verstörender Ereignisse wie die Terroranschläge in Paris und der Syrien-Krieg sei 2015 auch ein gutes Jahr gewesen. So habe Deutschland eine Million Flüchtlinge aufgenommen. Die feste Gewissheit, dass das Gute sich am Ende durchsetzen wird, sei vielleicht der wichtigste Beitrag der christlichen Tradition für das Zusammenleben, sagte Fehrs in ihrer Neujahrsbotschaft. Dieser Glaube sei eine gute Grundlage für eine breite gesellschaftliche Debatte zum Thema Integration als wichtigste Aufgabe im kommenden Jahr.

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann sieht in der weltweiten Flüchtlingskrise ein Anzeichen dafür, dass die "globalisierte Welt nicht mehr statisch, weit von uns weg, irgendwie eine abstrakte Angelegenheit ist". "Die Globalisierung zeigt ihre Auswirkungen nicht nur in fernen Ländern, sondern die betroffenen Menschen bringen sie in unsere Länder, ja sogar in unsere eigenen Häuser", sagte Lehmann in seiner Silvesterpredigt im Dom. "Wir werden in vielem im Blick auf unsere Maßstäbe für ein gelingendes Leben umdenken müssen, nicht nur auf uns allein schauen dürfen, sondern diese Fremden an unseren eigenen Lebenschancen teilnehmen lassen müssen."

Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann rief dazu auf, sich nicht von fremdenfeindlichen Attacken einschüchtern zu lassen. Zwar sei es erschreckend, dass sich bei der wachsenden Zahl von Anschlägen Gewalt nicht nur gegen Sachen, sondern in steigendem Maße auch gegen Menschen richte, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Magdeburg. Das Zusammenleben dürfe aber nicht von Kriminellen bestimmt werden.

Bode: Auf neue Vielfalt einlassen

Nach Einschätzung von Bischof Bode ist das Miteinander der Kulturen, Religionen, Lebensstile und Mentalitäten "ganz neu herausgefordert". "Ich möchte dazu ermutigen, sich auf die neue Vielfalt, die uns begegnet, einzulassen." Gleichzeitig gelte es, wachsam zu sein, Vorurteile und Radikalismus zu überwinden und jeder Form von Hass und Gewalt entgegenzutreten, betonte Bode.

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki sagte, Terroristen wie die, die zu Beginn des Jahres die Redaktion des Pariser Satiremagazins "Charlie Hebdo" überfielen und zwölf Menschen töteten, wollten Märtyrer sein. Doch im Namen der Religion verkehrten diese Ideologen den Inhalt ins Gegenteil, machten etwa aus dem Islam Islamismus und trieben einen Keil in die Gesellschaft, sagte der Kardinal laut Predigttext im Jahresabschlussgottesdienst am Donnerstagabend im Kölner Dom. "Ein Märtyrer unserer Tage, das ist sicherlich der junge Muslim aus Mali, Lassana Bathily, der während der Geiselnahme durch einen islamistischen Attentäter am Tag der Attentate auf 'Charlie Hebdo' mehrere Besucher im Kühlraum eines jüdischen Pariser Supermarkts versteckte."