Siedlung auf ehemaligem Kirchengelände im Westjordanland geplant

Demonstration im Mai 2015: Ein Palästinenser bringt eine palästinensische Flagge am Eingang des Beit El Baraka an.
Foto: dpa/Abed Al Hashlamoun
Demonstration vor dem Beit El Baraka im Mai 2015.
Siedlung auf ehemaligem Kirchengelände im Westjordanland geplant
Das Beit El Baraka an der Hauptstraße zwischen Bethlehem und Hebron war erst kirchliches Krankenhaus und später Pilgerherberge. Nach dem Verkauf wird es nun zum Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Siedlern.

Vor ein paar Wochen kamen die Bauarbeiter: Sie zogen einen Zaun um das Grundstück im Westjordanland, begannen die acht verlassenen Gebäude zu renovieren. Wie es aussieht, sollen hier künftig jüdische Siedler wohnen - auf dem Beit-El-Baraka-Gelände, das früher einer presbyterianischen Kirche in den USA gehörte. "Die Siedler können praktisch jeden Tag hier einziehen", meint Younes Arar, palästinensischer Aktivist und Koordinator des Volkskomitees im südlichen Westjordanland.

Arar lebt in der Kleinstadt Beit Ummar, einige hundert Meter südlich von dem umstrittenen Gelände, auf dem einst ein kirchliches Krankenhaus und später eine Pilgerherberge untergebracht waren. Er ist ungehalten darüber, dass das 40.000 Quadratmeter große Grundstück in die Hände des jüdischen US-Milliardärs Irving Moskowitz geraten konnte. Gerade die Kirche sei doch angehalten, ihren Landbesitz "für die Öffentlichkeit zu erhalten", statt ihn zu verkaufen, sagt er. In einer so empfindlichen Situation "wie heute in Palästina" komme dieser Grundstückshandel "einem Verbrechen gleich". 

Amerikaner treibt Judaisierung palästinensischer Wohnviertel voran

Vor dem Tor des Geländes steht ein Armeejeep. "Gehen Sie bitte nicht zu dicht ran", warnt einer der Soldaten höflich. Auf dem Boden zeugen leere Hüllen Dutzender Rauchbomben von den heftigen Demonstrationen der vergangenen Wochen. "Wir erfuhren von dem Verkauf erst aus der Zeitung", sagt Arar. Der 42-Jährige erinnert sich noch gut an Sommerlager für palästinensische Jugendliche, die hier früher stattfanden, an sonntägliche Messen und gelegentliche Konferenzen.

Gegenüber vom Beit El Baraka auf der anderen Straßenseite liegt das Flüchtlingslager Al-Aroub mit rund 10.000 Einwohnern. Es ist bewacht von Soldaten, die in einem Betonturm am Tor des Lagers sitzen.

Der US-Milliardär Moskowitz ist bekannt dafür, dass er palästinensische Grundstücke und Häuser kauft, um diese dann jüdischen Siedlern zur Verfügung zu stellen. Vor allem in Ostjerusalem treibt der Amerikaner seit vielen Jahren die Judaisierung palästinensischer Wohnviertel voran.

Das Grundstück mit der ehemaligen Pilgerherberge hat Moskowitz offenbar über einen Zwischenhändler erstanden. Auf entsprechende Medienberichte weist das katholische Lateinische Patriarchat in Jerusalem hin: Demnach sei der Kauf über eine "schwedische Firma" gelaufen, die vor drei Jahren ihre Auflösung bekanntgegeben habe. Das Patriarchat verurteilte den Verkauf des kirchlichen Grundstücks.

Laut der liberalen Zeitung "Haaretz" ist als neuer Grundstückseigentümer nun Arie King registriert. King ist Gründer und Chef des "Israel Land Fund", mit dem Moskowitz kooperiert und der sich zum Ziel setzt, "das Land Israel zu retten". Das Patriarchat spricht von einem "unbegreiflichen und höchst komplizierten Verwirrspiel mit ernsten Folgen für die palästinensisch-christliche Gemeinde". 

Die Bauarbeiten auf dem Gelände hatte das israelische Verteidigungsministerium bereits Mitte Juni genehmigt, nun zögert es aber, den Einzug der Siedler freizugeben. Soweit von außen erkennbar, sind keine großen Reparaturen mehr nötig. Nur am früheren Speisesaal für die Gäste sind die Fensterscheiben kaputt.

Die Koalition in Jerusalem ist siedlerfreundlich wie keine zuvor

Doch eine häufig angewandte Praxis der Siedler ist, in nächtlichen Aktionen Tatsachen zu schaffen, ohne die Zustimmung der Regierung abzuwarten. Oft vergehen Jahre, bevor die Minister über eine Räumung der auch nach israelischem Recht "illegalen Siedlervorposten" entscheiden. Die derzeitige Koalition in Jerusalem ist so siedlerfreundlich wie keine zuvor. Denkbar wäre auch eine rückwirkende Legalisierung.

Die presbyterianische Kirche aus den USA hatte das Grundstück Mitte des vergangenen Jahrhunderts von arabischen Christen erworben und baute das Beit El Baraka, das Baraka-Haus. Dort war anfangs eine Spezialklinik für Lungenkranke untergebracht, später eine Herberge für christliche Pilger.

Doch die Reisenden ins Heilige Land blieben aus, vermutlich auch wegen der Zweiten Intifada, die im September 2000 begann. Die Herberge wurde geschlossen. Nur der palästinensische Hausmeister und seine Familie wohnen bis heute auf dem Gelände.