"Ärzte ohne Grenzen" sehen keinen Grund zur Entwarnung bei Ebola

Foto: dpa/Ahmed Jallanzo
"Ärzte ohne Grenzen" sehen keinen Grund zur Entwarnung bei Ebola
Trotz eines Rückgangs der Ebola-Neuinfektionen in Westafrika sieht die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" keinen Anlass zum Aufatmen.

"Für eine Entwarnung gibt es keinen Grund", sagte Vorstandsvorsitzender Tankred Stöbe dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es gebe noch immer große Lücken in der Ebola-Bekämpfung, berichtete der Mediziner aus Freetown in Sierra Leone. Gerade in Sierra Leone und Guinea sei die Lage weiter kritisch, die Sterblichkeitsrate alarmierend hoch.

"In Guinea breitet sich die Epidemie immer noch weiter aus", betonte Stöbe. Besonders besorgniserregend sei, dass bisher nicht betroffene Regionen erstmals Infizierte meldeten und in diesen Gegenden Behandlungsmöglichkeiten fehlten. "Auch in Sierra Leone sehen wir keine befriedigende Entwicklung, in manchen Landesteilen breitet sich die Epidemie weiter aus, die Hauptstadt Freetown zählt zu den kritischsten Regionen."

Laut den jüngsten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sank die Zahl der Neuinfektionen in Liberia, Sierra Leone und Guinea in der zweiten Januarwoche auf den niedrigsten Stand seit dem Sommer. "Ärzte ohne Grenzen" verweisen aber darauf, dass die Epidemie unberechenbar ist und fürchten einen neuen Anstieg der Ansteckungszahlen.

"Wir werden noch Monate hier bleiben müssen", sagte Stöbe. "Täglich sterben Menschen einen zu frühen und qualvollen Tod, allein in der vergangenen Woche haben wir in unserem Behandlungszentrum in Freetown 22 Ebola-Patienten verloren." Als besonders grausam erfährt Stöbe das Schicksal schwangerer Frauen. "Infizieren sie sich mit Ebola, bedeutet das den sicheren Tod für das ungeborene Kind und meist auch die Frauen."

Sorge bereitet der Organisation auch, dass die internationale Hilfe nachlassen könnte. "Diese Krise benötigt weiterhin alle Unterstützung", erklärte Stöbe. Auch über die Ebola-Bekämpfung hinaus sei dringend und langfristig Hilfe nötig: "Die ohnehin schwachen Gesundheitssysteme in den betroffenen Ländern sind unter der Ebola-Belastung zusammengebrochen", erklärte der Helfer. Krankenhäuser seien geschlossen, es gebe kaum medizinische Hilfe für Nicht-Ebola-Infizierte. "Kinder sterben daher an Malaria und Durchfallerkrankungen und Mütter an Geburtskomplikationen." Der Wiederaufbau des Gesundheitssektors sei eine immense Herausforderung über Jahre hinweg.

Insgesamt wurden in Westafrika bislang mehr als 21.200 Ebola-Fälle bekannt, von denen über 8.400 tödlich verliefen. Die WHO geht allerdings von einer weit höheren Dunkelziffer aus.