Bahnhofskästen

Bahnhofskästen
Ich liebe Bahnfahren. Gut, mit vier Kindern und Gepäck ist das manchmal ein wenig zu kompliziert, da ist dann doch das Auto das Fortbewegungsmittel der Wahl. Aber wenn ich alleine unterwegs bin – so wie gerade, während ich dies hier schreibe – dann doch bitte unbedingt mit der Bahn. Und wenn es länger dauert als mit dem Auto – egal. Dafür komme ich entspannter an, kann lesen, schlafen oder so seltsame Texte schreiben wie diesen hier. Nur eines tue ich nicht so wahnsinnig gern: Umsteigen. Nicht, weil ich die Bahnhöfe nicht mag. Eher, weil der Anblick manches Schaukastens mir fast körperliche Schmerzen bereitet. Stellen Sie sich vor: Sie haben es geschafft, einen der wenigen Schaukästen am Bahnhof zu mieten! Kostet vermutlich ein Schweinegeld; Tausende, Millionen, ja Milliarden Bahngäste erblicken es dafür auch jeden Tag. Und was machen die lieben Kolleginnen und Kollegen (Namen von der Redaktion geändert) damit? Hängen ein Plakat schief rein. Mit Tesafilm. Noch einen veralteten Aufkleber in die Ecke, fertig. Das Ding hängt dann da vermutlich ein paar Jahre, bis die zuständige Stelle (sofern überhaupt noch jemand weiß, dass er/sie dafür zuständig ist) mit einer neuen Person besetzt wird, die sich dann frohen Mutes mit Tesafilm und einem frommen Plakat bewaffnet und den Schaukasten neu bestückt. Ach nein, ich wills nicht sehen. Ich will am liebsten gar nicht mehr umsteigen. Wo diese Schaukästen allerdings nicht von den großen Kirchen belegt werden, dort werden sie meist von Freikirchen oder ähnlichen Organisationen bestückt. Dann steht da in riesigen Lettern: „Nur Jesus kann dich retten!“ Theologisch richtig, hermeneutisch möglicherweise nicht die allerüberzeugendste Variante.  Ach, eigentlich bin ich froh, dass meine Züge meistens so gut getaktet sind. Anschlusszug in sechs Minuten am Bahnsteig gegenüber. Dann muss ich dieses Trauerspiel nicht mit ansehen. Ich wünsche allseits gute Fahrt. Jesus liebt Sie. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts.

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