FedCon: Heilsbringer zum Anfassen

FedCon: Heilsbringer zum Anfassen

Spätestens seit Sheldon aus der "Big Bang Theory" ist klar: Science-Fiction kann auch Religion sein. Wer am Wochenende auf der FedCon war wird jedenfalls gewisse Parallelen zum christlichen Kult nicht verleugnen können - bis hin zum gefeierten Erscheinen des Star-Trek-Hohepriesters aka William Shatner.

Reliquien? Kein Problem - wer an diesem Wochenende ein Stück von seinem persönlichen Shatner braucht, kann den bekommen. Die Kaufsummer eines Autogrammes des Star-Trek-Stars wird mit an die 100 Euro gehandelt. Welche Sünden man dafür erlassen bekommt, das wird von jedem Einzelnem definiert. Es ist schon eine recht seltsame Welt, die sich dem eröffnet, der unvorbereitet zur FedCon kommt. An die verkleideteten Fans wird man sich vielleicht rasch gewöhnen, an die teilweisen recht religiösen Züge dieser Veranstaltung vielleicht nicht sofort.

So gibt es natürlich eine Eröffnungsveranstaltung, die mit ihren Elementen durchaus dem Gottesdienst am Sonntag morgen ähnlich ist. Hier wie dort führt ein Vermittler - der Master of Ceremonies auf der FedCon, der Pfarrer sonntags in der Gemeinde - auf. Und hier wie dort gibt es Rituale, die dem Außenstehenden fremd vorkommen: So werden etwa alle Gaststars des Wochenendes bei der sogenannten Opening auf die Bühne geführt. So, als ob man sich auch wirklich versichern muss dass die Schauspieler der verschiedenen Serien tatsächlich auch anwesend sind. Na ja, also wenn die schon im Programm angekündigt worden sind, sollten sie ja eigentlich auch vor Ort sein.

Betrachtet man sich einmal ein Panel, eine Veranstaltung bei der die Stars auf der Bühne sind, so ist auch hier der Bezug zu einem Gottesdienst nicht von der Hand zu weisen - da wird der Star angekündigt, in dessem Namen man sich versammelt hat. Der Star erscheint dann persönlich auf der Bühne, nachdem das traditionelle Serienthema oder ein ähnliches Lied gespielt wird. Predigt und Abkündigungen fallen hier allerdings dann doch etwas zusammen, denn der Star wird in der Regel etwas über seine Zeit bei der Serie erzählen - "und ja, wir haben uns alle super verstanden" ersetzt dann häufig das "Amen" - links und rechts stehen dann die Sicherheitsleute, Messdienern ähnlich - und nach einer netten Plauderei - oder auch nach einer philosophischen Belehrung, wer jemals ein Panel von Avery Brooks besucht hat wird wissen was ich meine - gibts dann das Ritual der Fragen und Antworten. Und das Ganze dann sogar in einer fremden Sprache!

So müssen sich damals wohl die Besucher der Messe vorgekommen sein: Da redet der Priester - oder der Star - in einer fremden Sprache. Diesmal nicht Latein sondern Englisch, was nun nicht alle Besucher der FedCon verstehen, und das Publikum, die Gemeinde, reagiert angemessen mit Gelächter auf Äußerungen, mit Seufzern, mit Reaktionen, die man nicht versteht. Weil der Bezug zur eigentlichen Sprache fehlt.
Seltsamerweise beschwert sich dann auch niemand darüber, dass er nichts verstanden habe - was ja immer der Fall ist wenn Serienfolgen in ihrer Originalesprache gesendet werden in der Regel. Nein, in diesem Fall ist es halt ein akzeptiertes Ritual, bei dem man einfach nur von der Anwesenheit, der Präsenz des Stars gebannt ist.

Und Reliqien gibts ja auch genug - Bademäntel, Sammelkarten, Actionfiguren, Uhren, Zeitschriften, Bücher... Und ganz genau wie man auch gerne den Gottesdienst der Konfirmation auf Video aufzeichnet, gibts dann später im Jahr noch eine DVD der Veranstaltung zu kaufen, damit man dann im eigenen Heim nochmal das Gefühl, das Erlebnis des Gesamten erleben kann - und zudem ist es tatsächlich auch eine Veranstaltung, bei der man wie in der normalen Gemeinde Leute sieht, die man sonst im Alltag kaum sehen würde.

Nein, ich habe nichts gegen die FedCon, es macht mir ja selber Spaß bei solchen Veranstaltungen dabei zu sein. Nur wenn ich dann die Preise für die Autogramme sehe, sage ich mir: "Hmm, beim Gottesdienst am Sonntag kommste eindeutig billiger weg..."

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