Feurige Predigten

Feurige Predigten

Ein wenig verspätet, aber doch, beginnt nun die heißeste Jahreszeit für Pfarrerinnen und Pfarrer. Und das in der allergrößten Kälte. Schuld daran ist die Fürsorglichkeit einiger Mesnerinnen – oder wer auch immer diese Dinger installiert hat. Doch fangen wir einmal von vorne an:

Stellen Sie sich eine kleine, schnuckelige Dorfkirche vor, irgendwo auf dem Land. Steinboden. Keine Heizung unter der Woche. Nur am Sonntagmorgen glühen die unter den Holzbänken angebrachten Heizstrahler um die Wette. Wer diese Art von Heizung mal in ihrer stärksten Ausprägung erlebt hat, der ist dankbar für jedes Gebet, bei dem er aufstehen und das eigene schon beinahe gegrillte Gesäß mal ein wenig auslüften kann. Leider ist das dann aber auch schon der einzige Körperteil, der von dieser Heizungsform erhitzt wird. Als Pfarrer, der in der ersten Reihe sitzt, habe ich vor allem keinen solchen Heizstrahler über meinen Füßen. Nun kann ich aber auch nicht wirklich mit den dicken Winterstiefeln unterm Talar vor der Gemeinde stehen – sieht irgendwie zu klobig aus. Dann sind es halt doch die dünnen, schwarzen Lederschuhe, in die auch keine dicken Socken hineinpassen.

Und so begebe ich mich mit klirrenden Eiszapfen an den Füßen endlich zur Kanzel. Kann kaum noch etwas anderes denken als „mein großer Zeh fällt gleich ab!“. Doch dann: Die Erlösung! Eine fürsorgliche Person hat eine Heizdecke auf den Kanzelboden gelegt – und die heizt schon seit Gottesdienstbeginn vor sich hin, damit der arme Herr Pfarrer es auch wirklich wohlig warm hat. Ein wenig ist es wie bei Kneippschen Fußbädern. Erst kalt, dann heiß. Wohlig steigt die Wärme meine Beine empor. Ich taue auf. Predige lieber ein bisschen länger, um die Wärme zu genießen, bevor ich meine Füße wieder auf die kalten Steinplatten stellen muss. Thema „Wärme und Liebe in der kalten Welt“ oder so.

Doch leider ist diese Form der Pfarrererwärmung auch mit Gefahren verbunden. Eine Kollegin erzählte mir davon, wie sie, gewissermaßen auf glühenden Kohlen, eine besonders feurige Predigt hielt. Plötzlich stiegen Rauchschwaden unter ihrem Talar auf – die Heizdecke zu ihren Füßen hatte tatsächlich Feuer gefangen! Ein Zeichen des Heiligen Geistes, wie die Apostelgeschichte es ja auch berichtet? (Apostelgeschichte 2,2) Ach nein, das Feuer damals schien ja eher über den Köpfen zu sein, nicht unter dem Talar. Also doch einfach ein schnödes Versagen der Technik. Besagte Kollegin – man verzeihe mir dieses Wortspiel – fackelte nicht lange, nahm die Heizdecke in die Hand, rannte vor der verdutzten Gemeinde aus der Kirche und schlug die brennende Decke – man verzeihe ihr diesen Fauxpas – am nächsten Grabstein aus. Ging anschließend wieder rein und predigte weiter, als wäre nichts geschehen.

Ganz ehrlich: Seitdem mache ich um Kanzelfußheizdecken einen großen Bogen, Eiszapfen hin oder her. Lieber eine eisige Predigt als eine im brennenden Talar. Amen. 

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