Die Pioniere der Kunst- und Pressefreiheit

Die Pioniere der Kunst- und Pressefreiheit

Was muss, was soll Satire? Sie muss nicht geistreich rein, und wenn sie keine geschmacklichen Grenzen überschreitet, ist sie eigentlich keine. Außerdem erfahren wir heute unter verschiedenen Gesichtspunkten, warum die französischen Karikaturisten im allgemeinen einen „besonderen Biss“ haben, und warum insbesondere Charlie Hebdo wurde, was es war und wohl auch bleiben wird.

Gefragte Gesprächspartner und Gastartikelschreiber sind derzeit aus naheliegenden Gründen Karikaturisten und andere Satiriker. Tim Wolff, der Chefredakteur der Titanic, steigt in seinen Gastbeitrag für n-tv.de so ein:

„Es ist anlässlich der fürchterlichen Morde in Paris wohl nötig, mal wieder Grundsätzliches über Komik und Satire zu sagen.“

Er ist gerade beileibe nicht der einzige, der das tut, aber bleiben wir erst einmal bei Wolff, zumal sein Text auch einen medienkritischen Aspekt hat:

„Je ernster die Lage, desto wichtiger der Humor. Komik schafft Distanz zu bedrückenden Ereignissen, sie erlaubt, uneigentlich über eigentlich Unerträgliches zu sprechen – und so den Schrecken zu bekämpfen. Sehr viele Komikunkundige, ob Islamisten, Rassisten oder deutsche Durchschnittsjournalisten, begehen den Fehler, einen Witz auf einen unkomischen, ernsten (und zumeist noch auf einem Missverständnis beruhenden) Aussagekern herunterbrechen zu wollen. Die einen, weil sie den Witz auslöschen wollen; die anderen, weil sie glauben, Satire und Komik zu ernsten Themen sei nur angebracht, wenn sie ‚wertvoll‘, ‚geistreich‘ oder was auch immer ist.“

Man hat hier den Eindruck, dass Wolff einiges gern schon mal vorher - zu angenehmeren Anlässen - formuliert hätte

In einem Gespräch, das Wolff mit der taz geführt hat, geht es wie in vielen aktuellen Interviews mit Humorfachleuten um deren eigene Betroffenheit und eigene Erfahrungen, in diesem Fall „mit dem Satire-Verständnis von radikalen Muslimen“. Wolff antwortet darauf:

Deutsche Muslime können sehr gut mit Satire umgehen. Entweder sie ignorieren uns einfach – Helmut Kohl hat das jahrelang vorgemacht – oder sie haben Humor. Wir haben jedenfalls noch nie Todesdrohungen oder ähnliches von Muslimen erhalten. Und wir haben durchaus genügend Witze gemacht, bei denen man so etwas hätte erwarten können.“

In einer Hinsicht ähnlich wie Wolff und in einer Hinsicht anders als der heutige Titanic-Chefredakteur sehen es die Karikaturisten Greser & Lenz, die durch ihre Arbeit für die Titanic einst bekannt wurden, mittlerweile aber noch viel bekannter sind, weil sie - obwohl immer mal wieder im Satiremagazin vertreten - hauptsächlich für die FAZ zeichnen. Eben diese hat - in Gestalt von Reinhard Müller - die beiden Humorkünstler nun interviewt.

„Satire ist ein unverzichtbares Korrektiv für die Entwicklung von freien, demokratischen Gesellschaften, die geschmackliche Grenzüberschreitung ist ihr Wesensmerkmal“,

sagt das Duo, in Übereinstimmung mit Wolff. Aber direkt daran anschließend von ihm abweichend:

„Das Problem ist offenbar, dass es im Islam, dieser vergleichsweise jungen Religion, an Toleranz fehlt.“

Auch der Tagesspiegel interviewt einen Karikaturisten des eigenen Hauses: Klaus Stuttmann. Der kennt das Bedrohtwerden, er musste eine Zeitlang „abtauchen“, nachdem 2006 „eine innenpolitisch gemeinte Karikatur“ von ihm „plötzlich zum Affront gegen Iran umgedeutet wurde“, wie es Interviewer Stefan Jacobs eingangs formuliert. Auf dessen Frage, ob man „als Karikaturist vom Islam doch lieber die Finger lassen sollte“, antwortet Stuttmann:


„Nein. Wenn jemand religiös ist, habe ich das ohnehin nicht zu kritisieren. Aber es bleibt natürlich unsere Aufgabe, den Missbrauch von Religion zu kritisieren.“

SZ.de hat dagegen nicht mit einem Hauszeichner gesprochen, sondern mit Emmanuel Letouzé alias Manu, einen Künstler, der viele der Ermordeten persönlich kannte:

„Für mich waren diese Leute früher Helden. Heute fühlt es sich an - ich hoffe, das klingt nicht vermessen - als hätte ich Familienmitglieder verloren.“

Und auf die Frage, ob „politische Karikaturisten in Frankreich aber auch im Rest der Welt nach dem Anschlag vorsichtiger werden“, sagt er:

„Bei den Karikaturisten mache ich mir keine Sorgen. Es ist ja ihr Job, sich gegen die Dinge zu stellen, sich aufzulehnen. Ihre Tradition reicht zurück ins 19. Jahrhundert, da werden sie sich jetzt nicht plötzlich verstecken. Aber es braucht auch die Zeitungen, die ihre Karikaturen veröffentlichen. Meine Sorge ist eher, dass manche Publizisten jetzt vorsichtiger werden und sich weigern, Dinge abzudrucken, weil sie Angst vor Angriffen haben.“

Stichwort 19. Jahrhundert: Zu den erhellenden Beiträgen des Tages gehört für mich ein im Feuilleton der gedruckten SZ erschienenes Interview mit dem Kunsthistoriker Klaus Herding, das sich mit den Fragen befasst, „wie Karikaturisten Europas die Kunstfreiheit erkämpften“ und „woher der besondere Biss der französischen Karikaturisten kommt“:

„Das große Vorbild ist Honoré Daumier. Der Zeichner nahm es mit dem König und seinem Innenminister auf. Als sie 1834 die Pressefreiheit einschränkten, zeichnete er den König, wie er Journalisten ausspuckt. Wegen solcher Bilder, die an der Zensur vorbeigeschmuggelt wurden, kam Daumier ins Gefängnis.“


In dem Interview, das Kia Vahland geführt hat, geht es auch um die die unterschiedliche Wirkungen von Zeichnungen und Texten. Herding sagt:


„Texte konnte man schwärzen, und sie nehmen den Umweg über den Intellekt. Bilder aber wirken unmittelbar auf die Sinne. In Frankreich waren es die Zeichner, die als Erste Ernst machten mit der Pressefreiheit. Ihnen ist zu verdanken, dass die Zwänge für Journalisten nach der Revolution von 1848 gelockert wurden. Und: Ohne das Engagement der französischen Karikaturisten gäbe es auch die moderne Kunstfreiheit so nicht. Schon 1849 durften in Frankreich Künstler ohne eine Zensur-Jury ausstellen – eine Freiheit, die allerdings wenige Jahre später unter Napoleon III. schon wieder rigoros beschnitten wurde.“

In die Geschichte - und sogar noch etwas weiter zurück - blickt The Globe And Mail:

„There is a specific French tradition of shocking and scurrilous visual mockery. Even before the French Revolution, underground prints circulated showing the clergy and nobility performing all sorts of demeaning actions. Pornographic images of Marie Antoinette were particularly popular. The subversive impact of cartoons was a major concern for the authorities.“

Nur mal am Rande: Gilt das mit der Subversion theoretisch auch heute noch? Falls ja oder zumindest vielleicht: Warum setzen hiesige Medien so selten auf gezeichnete Komik, und warum ist diese, sofern sie es doch tun, in der Regel hundertzehnprozentig unsubversiv? Und, ohne jetzt Comics, Cartoons und Karikaturen in einen Topf werfen zu wollen: Hat die FAZ, auch im Lichte dieser aus aktuellen Gründen notwendig gewordenen historischen Betrachtungen, mit der kürzlichen Einstellung ihrer Comicstrips nicht eine völlig falsche Entscheidung getroffen? Die Frage liegt nahe, weil heute aus gegebenem traurigen Anlass mehrere im gedruckten Feuilleton der Zeitung erschienen sind.

Warum insbesondere Charlie Hebdo wurde, was es ist, beschreibt Andreas Platthaus auf der Aufmacherseite eben dieses FAZ-Feuilletons auch anhand eines Blicks auf die Entwicklung der französischen Gesellschaft im vergangenen halben Jahrhundert:

„Je liberaler der französische Staat nach den Verwerfungen der Studentenunruhen Ende der sechziger Jahre geworden war, desto schwieriger wurde es für das Satiremagazin, den eigenen Biss zu bewahren. Die ehedem stramm linke politische Ausrichtung war unter François Mitterrands Präsidentschaft nicht mehr durchzuhalten, wollte sich das Blatt nicht gemein machen mit den Oberen – und das war aus der französischen Tradition heraus undenkbar. Der konservativen Opposition aber wollte man auch nicht in die Hände spielen, und so fand Charlie Hebdo sein neues lohnendes Feld im Antiklerikalismus, der in Frankreich ungleich politischer besetzt ist als in Deutschland. Und da das Blatt konsequent zu sein pflegt, nahm es alsbald auch Islam und Judentum unter karikaturesken Beschuss. Vieles davon mag geschmerzt haben, nichts hat getötet.“

Platthaus, der FAZ-Experte für Karikaturen und Comics, ordnet das Wirken von Charlie Hebdo auch ästhetisch ein:

„Es sollte der 1967 geborene Charb sein, der in den späten neunziger Jahren als Neueinsteiger im Blatt eine caricature brute etablierte, die (...) gar nicht mehr den Anschein ästhetischer Meisterschaft erwecken wollte. Charbs mehr am Cartoon als an der Karikatur orientierter Stil machte Schule, denn damit war die Drastik des Humors alleiniges Qualitätskriterium für komische Illustration geworden. In Deutschland ist unter den jungen Zeichnern des Satiremagazins „Titanic“ genau das gleiche Phänomen zu sehen.“

Auf der FAZ-Medienseite, deren Texte allesamt um das Massaker von Paris kreisen, lauten Headline und Vorspann eines kürzeren Textes:

Lieber nix zeigen. Amerika zu Charlie Hebdo kleinlaut.“

Warum die New York Times „kleinlaut“ blieb, beschreibt deren Ombudsfrau Margaret Sullivan auf Basis eines Gesprächs mit Dean Baquet, deren „Executive Editor“, der seine Entscheidung ungefähr einen halben Tag überlegte und mehrmals revidierte:

„Ultimately, he decided against it, he said, because he had to consider foremost the sensibilities of Times readers, especially its Muslim readers. To many of them, he said, depictions of the prophet Muhammad are sacrilegious; those that are meant to mock even more so. ‚We have a standard that is long held and that serves us well: that there is a line between gratuitous insult and satire. Most of these are gratuitous insult.‘”

Nicht anders reagiert hätte wahrscheinlich Marco Ratschiller, wenn er für eine Tageszeitung verantwortlich wäre. Tatsächlich ist er aber Chefredakteur des Schweizer Satiremagazins Nebelspalter. „Die westliche Kultur verstehe das Bilderverbot im Islam nicht“, zitiert ihn indirekt der Tages-Anzeiger. Und weiter:

„Dort sei die Darstellung Mohammeds ein Tabubruch. ‚Während wir selbst darin im Grunde nicht einmal eine satirische Pointe erkennen.‘ Denn: Eine solche Karikatur habe eine Zielgruppe, zu der man nicht selbst gehört. Diese Form des ‚Tabubruchs zum Selbstzweck‘ mache der Nebelspalter nicht."

Um die oben bereits angerissene Frage, was aus den Morden von Paris für den Journalismus folgt, geht es auf allgemeineren Ebene in einem Wortwechsel eines Skype-Interviews von dbate.de mit dem oben bereits erwähnten Tim Wolff:

- „Müssen sich deutsche Journalisten in Zukunft selbst zensieren?“


- „Tun sie ja schon viel zu häufig.“

####LINKS####Hier spricht Wolff dann nicht als Satirefachmann, sondern in seiner Eigenschaft als Chefredakteur eines medienkritischen Magazins, das die Titanic in einem weiteren Sinne ja auch ist. Die - spontane - Antwort erinnert daran, dass zu unterscheiden ist zwischen Selbstzensur aus Angst um Leib und Leben („In einer Umfrage bestätigten insbesondere Reporter bei Lokalzeitungen, dass sie sich heiklen Themen aus Sicherheitsgründen nicht annehmen. Genannt wurde vor allem das organisierte Verbrechen - es geht hier aber wohlgemerkt um schwedische Journalisten) und banaleren Formen der eigenen Beschneidung. Die zum Beispiel daraus resultieren, dass Autoren liebgewonnene Informanten nicht verlieren möchten oder Hierarchen öffentlich-rechtlicher Sender auch beim nächsten Neujahrsempfang noch mit diesem oder jenen Wirtschaftsboss gemütlich schnacken wollen.

Charlie Hebdo jedenfalls wird die eigene Strategie der Nicht-Selbstzensur fortsetzen, am kommenden Mittwoch erscheint eine besondere Ausgabe. Claudia Tieschky schreibt dazu im SZ-Politikteil:

„Die Nummer soll acht Seiten haben, halb so viel wie üblich - und eine Auflage von einer Million statt der sonst üblichen 60 000 Stück. Alle Erlöse sollen ausschließlich an die Familien der Anschlagsopfer gehen. Die Zeitung Libération hat - wie schon bei dem Brandanschlag 2011 auf das Satireblatt - die Charlie-Kollegen bei sich untergebracht; auch habe man Hilfen von Canal+ erhalten, dem großen Bezahlsender, und von der Mediengruppe Le Monde.“

Und wired.de weiß;

„Unterstützt wird das Projekt von zwei Fonds, die insgesamt 500.000 Euro beisteuern, um die Auflage zu steigern. 250.000 kommen von der Vereinigung Presse et Pluralisme, die von Redakteuren der französischen Presse getragen wird. Dieselbe Summe spendet außerdem Google mit seinem Fond Innovation numérique de la presse.“

Ums Weitermachen geht es auch im Aufmachertext der FAZ-Medienseite: Jürg Altwegg hat Fernseh- und Radiointerviews (unter anderem dieses) ausgewertet, die der Notfallmediziner Patrick Pelloux gegeben hat, der nach dem Massaker vor Ort war und selbst Mitarbeiter der Satirezeitung ist:

„Pelloux schluchzt, er kann seine Tränen nicht zurückhalten. Und fährt fort: ‚Ich bin sicher, dass ihnen Charb den Stinkefinger gezeigt hat. Dass er aufgestanden ist und sie als Idioten beschimpft hat.‘ Dem Chefredakteur war der Polizeischutz ein bisschen lästig geworden (...) (Aber) immer wenn ein heikles Thema anstand, rief er die Polizei an, die einen bewaffneten Mann vor das Gebäude schickte und Charb auch außerhalb bewachte. Seit Polizisten zur Zielscheibe der Dschihadisten im eigenen Land geworden waren, praktizierte man eine „‘dynamische Überwachung‘ mit Streifenwagen, die alle halbe Stunde durch die Straße fuhren: ‚Wenn zwei Polizisten vor der Redaktion gewesen wären, hätte es zwei Tote mehr gegeben.‘"

Mit Blick auf das weitere Erscheinen sagt Pelloux:

„Charb, Cabu, Wolinski sind nicht umsonst gestorben.“

Ein Trauernder darf das natürlich sagen, falsch sind solche Sätze trotzdem. Vielleicht hätte sich die FAZ die davon inspirierte Überschrift „Sie sind nicht umsonst gestorben“ einfach verkneifen sollen.

Apropos falsch: Den „falschen Freunden“, die das Massaker zu vereinnahmen versuchen, widmet sich Deniz Yücel (taz). Konkret wendet er sich an die von ihm so genannten „Spackos“ von Pegida, AfD und NPD:

„Spackos, hört zu: Wagt es nicht, die Toten von Paris zu instrumentalisieren. Denn für euch hätten die Satiriker von Charlie Hebdo zur ‚Lügenpresse‘ gehört. Ihr könntet ahnen, was die für euresgleichen in Frankreich übriggehabt hätten. Was die Titanic, der Postillon oder die ‚heute-show‘ für euch übrighaben: nüscht. Absolut nüscht. Außer Kritik, Spott und Verachtung.“

Ein im Instrumentalisieren offenbar auch nicht untalentierter „Spacko“ ist dieser hier.

[+++] Selber Themenkomplex, ganz anderer Aspekt: David Hugendick stellt bei Zeit Online die These auf, dass das 42 Sekunden lange Amateurvideo, das die Exekution eines Polizisten zeigt, „die europäische Wahrnehmung des islamistischen Terrors für immer verändern“ werde. Die „Macht“ dieser Hinrichtungsbilder

„erscheint stärker als die der Propaganda-Filme des IS. In deren choreographierter Grausamkeit, ihrem nach Drehbuch inszenierten Horror blieb immer noch der Verweis auf die Ferne, auf die vorzivilisatorische Wüste, in der sie gedreht worden sind, von der die bequeme Hoffnung ausging, sie möge Europa nie erreichen. Im Pariser Video begreifen wir es nun mit Schaudern: Es sind die Straßen, die wir kennen.“

Dietrich Leder geht in der Vorrede für seinen 32-seitigen Rückblick aufs TV-Jahr 2014 (Medienkorrespondenz, ehemals Funkkorrespondenz) ebenfalls auf diese Bilder ein:

„Beim US-amerikanischen Nachrichtensender CNN ist am frühen Abend dieses 7. Januar ein Foto zu sehen, das in extremer Aufsicht zeigt, wie vor einem der komplett schwarz maskierten Täter ein Polizist am Boden liegt und beide Arme in die Höhe streckt als Symbol der Aufgabe und der Hilflosigkeit. Der Terrorist schießt ihm in den Kopf. Die Aufsicht dieses Bildes wie weitere Videos von Augenzeugen, die von ihnen ebenfalls von Dächern aus aufgenommen wurden, provozieren unwillkürlich die Gewaltphantasie, man sähe das Geschehen in Wirklichkeit, man wäre bewaffnet und man könnte diesen Mörder an seinem Mord hindern – man schösse.“

Und diese eigene persönliche Reaktion auf das Gesehene analysiert Leder dann auch gleich:

„Der Irrwitz dieses Terroraktes, bei dem zwölf Menschen ermordet wurden, besteht darin, dass er solche Gewalt- und Rachephantasien freisetzt, die es in einer Zivilgesellschaft zu beherrschen gilt.“


Altpapierkorb

+++ Eine Überleitung vom Thema (nicht nur) der Woche zu jenem zu finden, das heute in dieser Kolumne unter anderen Umständen wahrscheinlich recht umfangreich vorgekommen wäre - nämlich der neue Erscheinungstag des Spiegels -, ist möglich. „Keine Angst vor der Wahrheit“, lautet dessen neuer Reklamespruch, „ein Motto, das unbeabsichtigt in der Woche des Charlie-Hebdo-Anschlags beklemmende Aktualität hat“ (meedia.de).

+++ Die ARD berichtet in eigener Sache darüber, dass die Regierung Sri Lankas der Hörfunkkorrespondentin Sandra Petersmann die Einreise verweigert hat. Der Text steht bei tagesschau.de, wo hin und wieder Artikel der Betroffenen zu finden sind.

+++ Im epd-medien-Tagebuch wirft Altpapier-Autor Christian Bartels die Frage auf, warum das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht „öfter und tiefer in seine gewaltigen Archive“ greift bzw. gar „einen der zahlreichen Kanäle solchen ausgesuchten Fundstücken“ widmet. Anlass ist eine am vergangenen Sonntag im MDR-Fernsehen ausgestrahlte Dokumentation von 1990: „Zärtlich kreist die Faust“ hieß der Film damals, der MDR zeigt ihn jetzt unter dem Titel „Die letzten Tage in der DDR.“ Warum der MDR und Co. so etwas öfter tun sollten? Weil in besagtem Dokumentarfilm erfreulicherweise all das fehlte, was heute selten fehlt: „Keine Experten ordneten die Zeit vor der ersten freien Wahl in der DDR im März 1990 ein, keine klimpernde Untermalungsmusik führte zurück in die vom Historytainment aller Kanäle bekannte Bild- (und Sound-)Sprache.“

+++ Was uns diesem Monat sicher noch häufiger beschäftigen wird: der 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar. arte sendet einen Schwerpunkt bereits am kommenden Dienstag, weshalb die Jüdische Allgemeine in Kürze schon mal einen dort zu sehenden Film empfiehlt, der wiederum die Rekonstruktionen eines anderen Films beschreibt.

+++ Der Jahrestag ist auch einer der Anlässe für das Heft „Die Philosophen und der Nationalsozialismus“, eine zu Jahresbeginn erschienene Sondernummer des Philosophie-Magazins. In eben jenem Heft betont die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann, dass es unterschiedliche Formen der Erinnerungskultur gibt: „Zum einen die Erinerungskultur als eine nationale Angelegenheit, die man an die Politiker delegiert und deren offizielle Akte entsprechend monoton und inhaltsleer sind (...) Neben den offiziellen Staatsakten gibt es auch die Ebene der Zivilgesellschaft und der Künstler in den Städten und Gemeinden, die zum Beispiel die lokale Geschichte der Judenverfolgung aufarbeiten (...) Über diese Erinnerungsarbeit vor Ort erfahren wir in den überregionalen Medien kaum etwas. Deshalb übersieht man diese wichtige Dimension leicht, wenn man Erinnerungskultur einseitig als eine offizielle und zentralistische Einrichtung wahrnimmt.“

+++ Jetzt abrufbar: die hier u.a am Donnerstag bereits erwähnte „Panorama“-Sendung über den Preis des Sharings.

+++ Heute erstmals im Fernsehen: Michael Steinbrecher als Moderator der nach Ansicht manch ernstzunehmender Menschen mindestens semilegendären, von mir aber noch nie in Augenschein genommenen Talksendung „Nachtcafé“ im SWR (der SZ ist das der Aufmacher auf der Medienseite wert) sowie die ZDF-Krankenhausserie „Bettys Diagnose“, die Giti Hatef-Rossa (tittelbach.tv) mittelgut findet.

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.

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