"Friedensethik ist nicht weltfremd"

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Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung bekräftigt auf der Synodentagung, dass Friede nicht nur mit Waffen zu erreichen sei.
Synodentagung in Hessen-Nassau
"Friedensethik ist nicht weltfremd"
Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung setzt bei der Beilegung des Krieges in der Ukraine auch auf die Diplomatie. Waffenlieferungen alleine führten nicht zum Frieden. Die Kirchensynode schloss sich in einer Resolution dieser Position an.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hat verstärkte diplomatische Bemühungen im Ukrainekrieg angemahnt. "Krieg bedeutet nicht das Ende der Diplomatie", sagte Jung am Freitag vor der in Frankfurt am Main tagenden Kirchensynode. Zugleich bekräftigte er das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung. Es gebe keine Rechtfertigung für den russischen Überfall, auch russische Sicherheitsinteressen seien dafür keine.

Russland habe grundlegende Abkommen gebrochen, sagte Jung in seinem traditionellen Bericht zur Lage in Kirche und Gesellschaft. Sanktionen und Waffenlieferungen seitens des Westens seien daher legitim. Deren Folgen und Ziele müssten jedoch klar definiert werden. Der Leitgedanke des gerechten Friedens gehe davon aus, dass Friede nur mit Waffen nicht zu erreichen sei, sagte Jung. Es sei jedoch falsch, der Friedensethik eine Weltfremdheit zu attestieren.

Der Kirchenpräsident erneuerte seine Kritik an der Rechtfertigung des Überfalls durch den Moskauer Patriarchen Kyrill I. Ein Angriffskrieg stehe in eklatantem Widerspruch zu den Evangelien, die Äußerungen Kyrills seien "unerträglich und gotteslästerlich". Allerdings sprach er sich gegen einen Ausschluss der russisch-orthodoxen Kirche aus dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) aus. "Damit würde man auch die Kirchenmitglieder in der Ukraine treffen."

Einstimmige Resolution

Ohne Gegenstimme oder Enthaltung verabschiedete die Synode eine Resolution zum Ukrainekrieg. Ebenso wie der Kirchenpräsident weist das Papier mit dem Titel "Nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden streben" alle christlich verbrämten Begründungen für diesen Krieg zurück und fordert eine verstärkte Diskussion über friedensethische Themen. Zudem erweist es auf die globalen Folgen des Kriegs, etwa den verschärften Hunger.

Die neu gewählte Präses der Kirchensynode, Birgit Pfeiffer, rief am Rande der Synodentagung dazu auf, mit Mut und Zuversicht die Zukunft der Landeskirche zu gestalten. Bei dem Spar- und Kirchenentwicklungsprozess "ekhn2030" müssten Dekanate, Gemeinden und die rund 1,5 Millionen Mitglieder mitgenommen werden, sagte die Mainzer Medizinerin.

Ambitionierte Sparziele

Die 61-jährige Pfeiffer war am Donnerstag als Nachfolgerin von Ulrich Oelschläger (75) zur Vorsitzenden des Kirchensynodalvorstandes gewählt worden. In das Gremium gewählt wurden für sechs Jahre auch Pfarrer Wolfgang Prawitz als stellvertretender Präses sowie die Pfarrerin Lotte Jung, der Jurist Jan Löwer und der Rettungssanitäter Josua Keidel.

Der Leiter der Kirchenverwaltung und langjährige Finanzdezernent, Heinz Thomas Striegler, bezeichnete den Prozess "ekhn2030" als "schwierige Aufgabe". Das Sparziel von 140 Millionen Euro bezogen auf den Haushalt 2021 mit einem Volumen von 700 Millionen Euro sei sehr ambitioniert. Gleichwohl sei er sicher, dass die Kirche die Vorgabe erreichen werden. Die Auswirkungen etwa der hohen Inflation träfen vielmehr die "Schwachen in der Gesellschaft". Das bereite ihm große Sorgen.

Striegler informierte auch über eine positive Kirchensteuerentwicklung im ersten Quartal dieses Jahres. Die Einnahmen seien im Vergleich zum ersten Quartal 2021 um rund 45 Millionen Euro gestiegen. Das Plus sei jedoch auf einen Sondereffekt bei der Einkommensteuer zurückzuführen. Auf das Gesamtjahr 2022 bezogen bleibe eine "große Unsicherheit".

Mit einer Feierstunde eröffnete die Kirchensynode das Festprogramm zum 75-jährigen Bestehen der Landeskirche. Die EKHN wurde mitten in den Wirren der Nachkriegszeit am 30. September 1947 in der Friedberger Burgkirche gegründet.