TV-Tipp: "Tatort: Der Elektriker"

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14. Dezember, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Tatort: Der Elektriker"
Dass Fall Nummer 61 eine gewisse Größe bekommt, hat mit Titel und Herkunft des Opfers Danijel Filipovic zu tun. Eine Fotografie, auf deren Rückseite "Der Elektriker" steht, lenkt die Ermittlungen in Richtung des jugoslawischen Bürgerkriegs.

Der Tod ist häufig zu Gast im Pflegeheim, aber das ist in den allermeisten Fällen keine Angelegenheit für die Mordkommission. Kein Wunder, dass Moritz Eisner die Ermittlungen für Zeitverschwendung hält, als ein alter Mann unter zwar tragischen, aber offenkundig unglücklichen Umständen ums Leben kommt. Danijel Filipovic ist das Opfer einer Kettenreaktion geworden: Just in dem Moment, als ihn Pfleger Horst per Lift in die Wanne heben wollte, ging der Feueralarm los. Weil unmittelbar darauf auch noch der Strom ausfiel und Horsts Chefin nicht auffindbar war, musste der Pfleger den Mann kurz allein lassen, um die Sicherung wieder einzuschalten. In der Zwischenzeit ist Danijel ertrunken. 

Selbstredend hat der Vorfall strafrechtliche Konsequenzen, schließlich hat der Pfleger (Michael Edlinger) seine Aufsichtspflicht verletzt. Er beteuert jedoch, dass der alte Mann im Wannenlift gesessen habe und die Wanne zudem bei Weitem nicht genug Wasser enthalten habe, um darin zu ertrinken. Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) bleibt trotzdem skeptisch. Dass Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ihn zu ihrer Gaudi in den Lift nötigt, wo sich der Oberstleutnant wie in einer Affenschaukel fühlt, hebt seine Laune auch nicht gerade. Hinweise auf Fremdeinwirkung lassen sich ohnehin nicht entdecken. 

In früheren Fällen musste sich das Duo vom Wiener BKA regelmäßig mit organisierter Kriminalität, Korruption in höchsten Kreisen, Drogen-, Menschen- oder Waffenhandel befassen. Gemessen daran ist dieser Krimi mit dem zunächst rätselhaften Titel "Der Elektriker" ein für ORF-Verhältnisse vergleichsweise "kleiner" und mit wenig Aufwand umgesetzter Film.

Die Handlung trägt sich größtenteils im Haus Laetitia zu und ist recht dialoglastig; daran ändern auch zwei kurze Verfolgungs-"Jagden" nichts. Das vermeintliche Thema ist ohnehin schon oft erzählt worden, denn natürlich kommt der personelle Notstand in der Altenpflege (Buch: Roland Hablesreiter, Petra Ladinigg) ausführlich zur Sprache. 

Für einen zweiten Aspekt gilt das ebenfalls: Fälle sogenannter Todesengel gab es auch in Österreich, daher gerät alsbald Horsts Chefin (Nina Fog) in Verdacht: Womöglich wollte sie Danijel von seinem Leid erlösen. Der alte Mann hat allerdings einen noch recht robusten Eindruck gemacht. Die Pflegedienstleiterin hat zwar, wie sich schließlich rausstellt, in der Tat etwas zu verbergen, aber das hat andere Gründe. Bleibt noch die Tochter (Gabriela García-Vargas), die ständig Streit mit ihrem Vater hatte und seine Wannenbäder regelmäßig nutzte, um sein Zimmer nach Wertsachen zu durchsuchen. 

Dass Fall Nummer 61 für Eisner doch noch eine gewisse Größe bekommt, hat mit dem Titel und der Herkunft von Danijel Filipovic zu tun. Eine Fotografie, auf deren Rückseite "Der Elektriker" steht, lenkt die Ermittlungen in Richtung des jugoslawischen Bürgerkriegs, und nun offenbart sich nach und nach der ganze grausige Hintergrund der Geschichte. Neben der zunehmenden Komplexität zeichnet sich der Film nicht zuletzt durch die Besetzung der Nebenfiguren aus.

Die Menschen im Heim sind weit mehr als bloß Komparserie. Zwei tun sich besonders hervor: Herr Fritz (Johannes Silberschneider) war vierzig Jahre lang Kellner und hat sich einen wachen Geist bewahrt. An seinen Informationen lässt er Eisner und Fellner jedoch nur teilhaben, wenn sie mit ihm Karten spielen.

Diese Momente sorgen für die heitere Ebene des Films. Bewegend wird es in den Szenen mit einer Jugendfreundin des Oberstleutnants: Zu seiner großen Überraschung lebt auch Sandra (Elfriede Schüsseleder) in dem Alten- und Pflegeheim. Sie leidet an einer Erkrankung des Nervensystems und sitzt im Rollstuhl. Eisner ist das Wiedersehen mit der Frau, die einst seine erste große Liebe war, sichtlich unangenehm. Der Grund für sein merkwürdiges Verhalten wird nicht ausgesprochen, aber er lässt sich erahnen.

Sandra ist sein personifiziertes "Memento mori" und erinnert ihn an die eigene Vergänglichkeit; immerhin beschert diese Ebene dem Film ein rührendes Ende. 
Eine weitere "Hauptrolle" gänzlich anderer Art sorgt zwischendurch mehrfach für Auflockerung: Anhand eines Modellnachbaus des Heims rekonstruieren Eisner, Fellner und ihre junge Kollegin (Christina Scherrer) immer wieder den möglichen Ablauf der Ereignisse. Das ist überraschend lustig, zumal die handelnden Personen von typischen Schreibtischutensilien repräsentiert werden. Pfleger Horst allerdings nicht: Ihm gilt ein schließlich von Eisner vertilgter Glückskeks mit dem Sinnspruch "Das Glück ist a Vogerl"; das gilt auch für das Glück, von körperlichen Schicksalsschlägen verschont zu bleiben.