TV-Tipp: "Käthe und ich: Ein gutes Leben"

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19. September, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Käthe und ich: Ein gutes Leben"
In "Ein gutes Leben" deckt Psychologe Paul Winter die Härten des Alters auf: Wer pflegte, bekommt kaum Rente. Zwischen obdachloser Lehrerin, einem kranken Hund und familiären Verstrickungen zeigt die elfte "Käthe"-Folge, wie eng Fürsorge und Ungerechtigkeit sind.

Der größte Teil des ARD-Publikums ist jenseits der sechzig und kennt die Problematik, die in der elften Episode der Reihe "Käthe und ich" behandelt wird: Arbeit ist nicht gleich Arbeit, zumindest nicht aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung. Wer pflegebedürftige Angehörige versorgt hat, muss sich mit einem "Vergelt’s Gott" begnügen; und ohne Beiträge zur Rentenversicherung gibt’s auch keine Rente. Weil es zumeist Frauen sind, die sich zum Beispiel um betagte Eltern kümmern, ist Altersarmut vorrangig ein weibliches Thema. 

Autorin und Produzentin Brigitte Müller hat es von Anfang an geradezu vorbildlich verstanden, die privaten Verwicklungen des von Christoph Schechinger mit stiller Intensität verkörperten Psychologen mit Stoffen von gesellschaftlicher Relevanz zu fesselnden Geschichten zu kombinieren. Die Filme hatten dabei trotz der oft schweren Sujets auch einen gewissen Unterhaltungswert. In dieser Hinsicht fällt "Ein gutes Leben" deutlich aus dem Rahmen: Die Handlung ist über weite Strecken recht bedrückend, und das gilt nicht nur für die zentrale Ebene. Sie beginnt mit einer alltäglichen Beobachtung: Beim Spaziergang mit Therapiehündin Käthe sieht Paul Winter eine alte Frau, die in öffentlichen Mülleimern nach Flaschen sucht. Lore Lehmann hat vor zwanzig Jahren, als Paul im ersten Semester war, vergeblich versucht, ihm Klavierspielen beizubringen. Dafür hat er damals etwas anderes gelernt. Auf ihre Frage, warum er Psychologe werden wolle, lautete seine Antwort: "weil ich Menschen interessant finde." Lore hat ihn gelehrt, was einen Menschenfreund wirklich auszeichnet.

Um die von Birgit Berthold sehr anrührend verkörperte alte Frau nicht in Verlegenheit zu bringen, beschränkt sich Paul zunächst auf Beobachtungen und diskrete Nachforschungen. Auf diese Weise findet er heraus, dass Lore mehr oder weniger obdachlos ist. Ihre Rente fällt äußerst spärlich aus, weil sie sich lange um ihre kranke Mutter gekümmert hat. Gemeinsam mit seiner Mutter Helga (Hildegard Schroedter) fädelt der Psychologe nun ein karitatives Komplott ein: Unter dem Vorwand, die wegen einer Fußverletzung krankgeschriebene Helga langweile sich und wolle Klavierspielen lernen, quartiert er Lore im gemütlichen Bootshaus ein. Aber natürlich will er wissen, warum die stets beliebte und entsprechend gefragte Klavierlehrerin keine Aufträge mehr bekommt: Angeblich hat sie ihrer letzten Vermieterin, Sabine Wagner (Isabell Gerschke), zwei Ringe und eine wertvolle Brosche gestohlen. Mit dem Erlös, glaubt die Frau, habe sie eine teure Operation für ihren Hund Klaus bezahlt.

Aufgrund des vermeintlichen Diebstahls Lore hat nicht nur das Dach über dem Kopf, sondern auch Klaus verloren: Weil das Tier Ruhe braucht, durfte es vorerst bei Frau Wagner und ihrer Tochter bleiben. Tanja liebt Klaus heiß und innig.

Deshalb will Wagner mit Hilfe des Veterinäramts erreichen, dass Lore gewissermaßen das Sorgerecht für Klaus entzogen wird, weil sie sich die Kosten für die nach der Hüft-OP nötige Physiotherapie plus Medikamente wegen seines Herzfehlers nicht leisten kann. Damit ist das Drehbuch bei seinem zweiten Thema: Sabine Wagner ist geschieden und alleinerziehend, aber vor allem Unternehmensberaterin. Tochter Tanja darf keine Freundinnen mit nach Hause bringen und hat die Leere ihres Daseins mit einer unsichtbaren Gefährtin gefüllt. Die braucht sie nun dank Klaus zwar nicht mehr, aber davon abgesehen ist das Mädchen ist ein typisches Beispiel für Wohlstandsverwahrlosung.

Die Inszenierung oblag wie bei den letzten vier Episoden Oliver Liliensiek, diesmal wird Müller auch als Co-Regisseurin genannt. Die Reihe zeichnet sich generell durch eine sympathische Unaufgeregtheit aus, die perfekt zum sparsamen Spiel Schechingers passt. Sehr wohltuend ist zudem der konsequente Verzicht auf eine Vermenschlichung Käthes; der Australian Shepherd darf ein ganz normaler Hund sein, wenn auch mit besonderen empathischen Fähigkeiten. Für Paul gilt das selbstredend nicht minder.

Diesmal allerdings gewährt ihm das Drehbuch eine Überreaktion, zumindest für seine Verhältnisse, als er erfährt, dass Tierarzt Eric, seit einigen Folgen unglücklich in den heterosexuellen Freund verliebt, die Gegend verlassen und nach Berlin ziehen will, um dort in seinem ursprünglichen Beruf als Psychologe noch mal neu anzufangen. Damit verlässt bedauerlicherweise auch Ulrich Brandhoff die Reihe. Zum Ausgleich kommt es im nächsten Film zu einem Wiedersehen mit vielen Figuren aus der Anfangszeit der Reihe.