Essen ist weit mehr als die reine Nahrungsaufnahme. Essen bedeutet Gesellschaft am Tisch, Genuss auf der Zunge und eine herrliche Auswahl verschiedenster Köstlichkeiten am Bufett oder im eigenen Kühlschrank. Essen bedeutet aber auch immer öfter, Einsamkeit am Essenstisch, dreimal die Woche nur billige Pasta mit Tomatensoße oder wiederholt den Weg zum Mülleimer gemacht, um Reste, die keiner essen mag, zu entsorgen.
Dabei sind Käse, Kaffee und frisches Gemüse nur einige der Lebensmittel, die deutlich teurer geworden sind. Für etliche Menschen heißt das, direkt weniger kaufen und noch sparsamer kalkulieren. Und dennoch, obwohl Lebensmittel im Wert gestiegen sind, landet erstaunlich viel noch im Müll. Um diese Verschwendung zu verringern gibt es eine Vielfalt von Organisationen und Ideen, die dagegen angehen wollen. Zusätzlich gibt es aber auch Initiativen, die sich besonders für mehr Gemeinschaft beim Essen einsetzten oder mit der Abgabe von Lebensmitteln vor Altersarmut schützen wollen.
Katja Eifler volontierte nach ihrer Studienzeit im Lokalradio im Rhein-Kreis Neuss. Anschließend arbeitete sie als Radioredakteurin. Später als Redaktionsleiterin eines Wirtschaftsmagazins am Niederrhein. Seit April 2023 ist sie als Redakteurin vom Dienst für evangelisch.de tätig. Weiterhin arbeitet sie nebenbei als freischaffende Journalistin, Online-Texterin, Coach und Moderatorin.
Unsere Beispiele:
Obstkäppchen
Altersarmut kommt uns nicht in die Tüte, so lautet der Slogan der Aktion "Obstkäppchen". Die modernen "Obstkäppchen" haben Obst, Gemüse und Zuneigung parat für Senior:innen, die wenig Geld und zuviel Zeit allein haben. Die Lebensmittel werden von regionalen Lieferanten eingekauft und frisch angeliefert. Die übrigen Lebensmittel werden von einem kooperierenden Supermarkt bezogen. Einmal im Monat treffen sich die ehrenamtlichen "Obstkäppchen", packen gemeinsam die Tüten voll und legen ein gesundes Rezept dazu. Dann fahren sie los zu ihren Senior:innen. Dort wird aber nicht nur die Essenstüte abgegeben, sondern auf ein Gespräch halt gemacht. Mittlerweile ist die Initiative in vielen Städten vertreten, jeder Standort ist jeweils eigenständig organisiert.
Mittagstische von Caritas oder Gemeinden
In zahlosen kirchlichen Gemeinden und in Caritas-Niederlassungen wird das Konzept des Mittagstisches umgesetzt. In unterschiedlichen Abständen können Menschen aus dem jeweiligen Quartier für einen Euro zusammen eine leckere Mittagsmahlzeit einnehmen. Ein Beispiel ist der "Mittagstisch für alle" in der Christuskirche in Frankfurt am Main. Eingeladen sind bewusst alle Menschen, egal ob bedürftig oder nicht. Wer mehr geben möchte, kann jederzeit etwas spenden. Das Konzept kommt gut an und wirkt nachhaltig gegen Einsamkeit, da viele Besucher:innen regelmäßig kommen und sich derart auch neue Freundschaften entwickeln.
Foodsaver / Fairteiler
Lebensmittel weitergeben, anstatt sie wegzuwerfen - das ist der Kerngedanke der Initiative Foodsharing. In ganz Deutschland gibt es Gruppen, die sich gegen die Vernichtung von Lebensmitteln stemmen und Waren, kurz vor dem Ablaufdatum oder solche, die übrig sind, einsammeln. Das gilt beispielsweise für drei Gemeinden in Lübeck. Für sie soll jeden Tag Erntedank sein. Zusammen mit 200 Ehrenamtlichen retten sie im Lübecker Foodsharing-Netzwerk mehr als 131 Tonnen Lebensmittel pro Jahr vor der Mülltonne. " Wir wollen Gutes tun und Menschen mit den Waren, die unsere Foodsaver retten, helfen, die sie brauchen", sagt Melanie Hardt, die daran mitwirkt. Insgesamt gibt es zwölf dieser "Fairteiler" im ganzen Stadtgebiet, drei von ihnen werden von evangelischen Kirchengemeinden betreut. Geldbeutel und Umwelt schonen: Das ist auch beim Fairteiler in Scharnhausen möglich.
Verein für Lebensmittelrettung und gegen Ressourcenverschwendung
Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmitteln, die nicht mehr schön sind oder kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, eine zweite Chance zu geben. Altes Brot und nicht mehr ganz so schöner Salat werden aussortiert und diversen Gnadenhöfen und Zirkusbetrieben als Futterunterstützung für die dortigen Tiere zur Verfügung gestellt. Selbst Blumen päppelt der Verein auf und gibt sie weiter. Vor allem im süddeutschen Raum sind die Ehrenamtler:innen unterwegs. Mitmacher:innen werden jederzeit noch gesucht.
Die Tafel
265.000 Tonnen Lebensmittel retten die Tafeln in Deutschland jedes Jahr. Sie sind wohl der bekannteste Lebensmittelretter, den es zur Zeit gibt. Mit ihren gesammelten Waren unterstützen sie armutsbetroffene Menschen und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. Gleichzeitig setzen sie sich angesichts der riesigen Lebensmittelverschwendung dafür ein, dass Gemüse, Milchprodukte, Brot und Co nachhaltig verwendet und besser wertgeschätzt werden.
Too Good To Go
Too Good To Go ist ein zertifiziertes B Corp Social-Impact-Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, gemeinsam Lebensmittel vor der Verschwendung zu bewahren. Unternehmen können überzählige Waren oder Lebensmittel, die nicht länger aufbewahrt werden können über die App des Unternehmens zu einem günstigen Preis an die Nutzer:innen der App verkauft werden. Beide Seiten melden sich auf der App an. Jeden Tag sieht man dann bei sich in der Region, welcher Bäcker oder Supermarkt "Rettungstüten" anbietet.
Slow Food Deutschland
Slow Food Deutschland will schon vor Verschwendung bewahren, bevor sie einsetzt: Mit Veranstaltungen und Bildungsprojekten informiert Slow Food über die Gründe für Lebensmittelverschwendung und sinnvolle Gegenmaßnahmen. Dazu hat der Verein eine Reihe von Aktionsformaten wie die Schnippeldiskos und für Schulen die Aktion "Teller statt Tonne" initiiert. In Kooperation mit dem BMEL hat Slow Food bundesweit "Zu gut für die Tonne"-Aktionstage durchgeführt. Zu dick oder zu dünn, zu krumm oder zu klein – Gemüse, dass es nicht ins Supermarktregal schafft, wird so noch gut verwertet.
Aktion gelbes Band/ Mundraub
mundraub.org bezeichnet sich als die größte deutschsprachige Plattform für die Entdeckung und Nutzung essbarer Landschaften.Die Macher:innen wollen ein Bewusstsein für Regionalität und Saisonalität schaffen. Dafür haben sie auf einer Karte Fundorte mit Obstbäumen, Obststräuchern, Nüssen und Kräutern markiert, auf denen man Essbares pflücken kann. Die mundraub-Idee lebt davon, dass Finder:innen neuer Orte, diese ebenfalls eintragen.
Bevor das Obst sinnlos unter den Bäumen verrottet, will auch die Aktion gelbes Band helfen. Ihr Ziel ist es, dass mehr Obstbäume in Deutschland vollständig abgeerntet werden. Ein Gelbes Band am Obstbaum signalisiert: Hier darf kostenlos und ohne Rücksprache geerntet werden. Wer Obstbäume oder -sträucher besitzt und sie nicht alle abernten kann, bindet ein gelbes Band drumrum. Flächendeckend ist die Aktion unteranderem in Niedersachsen bekannt.
Lebensmittelretter Vereine
In zahlreichen Städten und Gemeinden gibt es auch kleinere selbstständige Initiativen, die sich die Rettung und Verteilung von Lebensmitteln zur Aufgabe gemacht haben. So auch in Dormagen, wo der entsprechende Verein beispielhaft mit etlichen Unternehmen kooperiert, um die Waren abzuholen und zu verteilen. Wie nahezu überall werden auch dort Unternehmen und freiwillige Helfer:innen gesucht.
Sie kennen noch eine tolle Aktion, die wir in die Liste aufnehmen sollten? Dann schreiben Sie uns an info@evangelisch.de



