TV-Tipp: "Der Rote Wolf. Ein Krimi aus Passau"

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11. September, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Rote Wolf. Ein Krimi aus Passau"
Zum Auftakt, "Der Rote Wolf", rückt eine Person ins Zentrum (und in den Titel), die beim letzten Fall ("Gier nach Gold", 2024) bloß eine Nebenfigur war. Damals hat Thomas Wodianka den Präsidenten der "Lobos Rojos" als Rocker mit Stil verkörpert.

Es war von Anfang an kein Alleinstellungsmerkmal. Eine Polizistin steht auf der Abschussliste eine verbrecherischen Clans und taucht im Rahmen des Zeugenschutzprogramms in der Provinz unter: Die Rahmenbedingungen der 2020 gestarteten "Passau-Krimis" erinnerten auf den ersten Blick an die gleichfalls von der ARD-Tochter Degeto mitverantwortete Donnerstagsreihe "Nord bei Nordwest" (seit 2014), zumal die Dämonen der Vergangenheit hier wie dort regelmäßig vorbeischauten. In der siebten Episode mit Marie Leuenberger spielt das frühere Leben allerdings keine Rolle mehr.

Wer bislang noch keinen der Filme gesehen hat, wird Frederike Bader für die Mitarbeiterin eines österreichischen Privatdetektivs halten, und das stimmt ja auch; selbst wenn Ferdinand Zankl (Michael Ostrowski) ebenso der Passauer Kripochef Mohn (Stefan Rudolf) weiß, welche Umstände seine Partnerin und deren Tochter Mia nach Niederbayern verschlagen haben. Nun bescheren der Bayerische Rundfunk und die Degeto dem "Passau-Krimi" erstmals eine Trilogie.

Zum Auftakt, "Der Rote Wolf", rückt eine Person ins Zentrum (und in den Titel), die beim letzten Fall ("Gier nach Gold", 2024) bloß eine Nebenfigur war. Damals hat Thomas Wodianka den Präsidenten der "Lobos Rojos" als Rocker mit Stil verkörpert, diesmal wirkt er wie ein Typ, der mit grimmigen Blick den harten Kerl mimt, im Grunde jedoch eigentlich ganz nett ist. Aufgrund des Testeron-Gehabes sind die ersten Szenen, wenn Joszef Hašek seine Gang-Mitglieder zusammenstaucht, beinahe unfreiwillig komisch. Das ändert sich, als Michael Vershinin, der bislang alle Drehbücher geschrieben hat, zur Sache kommt.

Alles deutet darauf hin, dass Hašek seine Ex-Frau ermordet hat, weil sie mit der gemeinsamen Tochter nach Spanien ziehen wollte. In seiner Not macht der Mann Frederike ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann: Es gibt ein Video, auf dem zu sehen ist, wie sie (im letzten Film) der Rockerbande einen Koffer mit SS-Raubgut geklaut hat. Wenn sie ihm nicht hilft, wird er den Kollegen verraten, wer sie damals um die Beute in Höhe von immerhin knapp zwei Millionen Euro gebracht hat. Warum der "President" das Geheimnis für sich behalten und nicht schon längst Rache genommen hat, sei dahingestellt.

Der Reiz des Films liegt in dem Alleingang, zu dem Frederike gezwungen ist, denn natürlich soll sie weder Zankl noch Mohn informieren. Also versteckt sie Hašek im Keller der aus Urlaubsgründen vorübergehend geschlossenen Bäckerei ihrer mütterlichen Freundin Roswitha und beginnt mit den Ermittlungen. Ziemlich bald zeigt sich, dass Rocker-Vize Maier (Aslan Aslan) einer eigenen Agenda folgt, und nun wird’s originell: Kriminalhauptkommissarin Hermine Grill (Xenia Tiling) glaubt das auch.

Weil sie aber nichts gegen Maier in der Hand hat, bittet sie Zankl um Hilfe. Auf diese Weise sorgen Vershinin und Regisseur Jan Fehse, der die gesamte Trilogie inszeniert hat, für einige amüsante Parallelen: Erst erfreut der Film durch eine Parallelmontage, als die aktuelle und die ehemalige Kommissarin zur gleichen Zeit die Rocker befragen, dann durchsuchen Frederike und Zankl nacheinander die Wohnung vom Vize, wo sie jeweils erstaunlich viel Bargeld und rätselhafte Symbole im Kalender entdecken. 

Selbst die Krimimusik kann jedoch nicht kaschieren, dass echte Spannung nur selten aufkommt. Der Film lebt daher vor allem vom Mit- und Gegeneinander der beiden zentralen Figuren. Die Bildgestaltung ist allerdings wie schon zuletzt überdurchschnittlich gut. Besonders gelungen ist eine Auseinandersetzung zwischen dem Rocker und Frederike, als Fehse und Kameramann Hendrik A. Kley allein mit Hilfe der Beleuchtung verdeutlichen, wer in der stärkeren Position ist. Auch inhaltlich erfreut "Der Rote Wolf" bis zum Schluss durch allerlei überraschende Wendungen, die allerdings nicht so raffiniert ausfallen wie das zentrale Täuschungsmanöver in "Gier nach Gold", als Mia unfreiwillig für allerlei Turbulenzen gesorgt hatte. 

Auch diesmal hält die Tochter (Nadja Sabersky) ihre Mutter auf Trab: Frederike ist überzeugt, dass Mias neuer Freund Dreck am Stecken hat, doch das ist nur ein Nebenschauplatz. Zankl ist gleichfalls bloß eine größere Nebenfigur, kriegt aber zum Finale seinen großen Auftritt, den beide, der Detektiv und sein Darsteller, weidlich nutzen. Für Kurzweil sorgen vor allem die Begegnungen mit Hermine Grill, zumal Xenia Tiling die eigenwillige Kommissarin mit einer interessanten Mischung unterschiedlichster Emotionen versieht. Zankl träumt sich zwar an die Seite Frederikes, doch die Beziehung zur Polizistin hat deutlich mehr Potenzial, und das nicht nur wegen des größeren Heiterkeitsfaktors.