"Den Dom einfach kommen lassen"

Dom zu Speyer vor blauem Himmel
epd-bild/Heike Lyding
Seit vier Jahren bietet der Domdekan und Domkustos des Kaiserdoms in Speyer ein höchst beliebtes "Dom-Erlebniswochenende" an.
Erlebniswochenende in Speyer
"Den Dom einfach kommen lassen"
"Himmlisches für unser Leben" lautet ein besonderes Angebot des Bistums Speyer. Domdekan und Domkustos Christoph Kohl führt ein Wochenende lang in die Welt des Unesco-Weltkulturerbes Speyerer Dom ein.

Immer wieder bittet Christoph Kohl seine Gäste um etwas Geduld, wenn viele Fragen auf ihn einprasseln. Warum hat das fast 1.000 Jahre alte Unesco-Weltkulturerbe am Rhein die Form eines Kreuzes, warum ist es nach Osten gen Jerusalem ausgerichtet?

Seit vier Jahren bietet der Domdekan und Domkustos des Kaiserdoms in Speyer ein höchst beliebtes "Dom-Erlebniswochenende" an. Gemeinsam mit jeweils bis zu 15 Personen taucht der katholische Theologe drei Tage lang ein in Geschichte, Architektur und vor allem das spirituelle Programm der größten romanischen Kathedrale der Welt.

"Himmlisches für unser Leben" ist das stets ausgebuchte gebührenpflichtige Bildungs- und Besinnungswochenende überschrieben, das 2026 fortgesetzt werden soll: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen etwas "mitnehmen" können für ihr eigenes Leben. Seine wichtigste Aufgabe sehe er darin, "den Dom für die Menschen zu erschließen und diesen mit Leben zu erfüllen", erklärt der oberste Verwalter des Speyerer Doms.

Domdekan Dr. Christoph Kohl erläutert die Kathedrale und leitet Besucher in den Dom zu Speyer.

Erwartungsvoll sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Tagungsstätte, das Priesterseminar St. German, gekommen. Von dort geht es nach einer Einführung von Dom-Kulturmanagerin Friederike Walter zur Architekturgeschichte zu Exkursionen in den Dom, in dem zahlreiche Könige, Kaiser und Bischöfe bestattet sind. Während der Führung erklingt die Orgel, man steigt hinab in die Krypta für einen Bibel-Stuhlkreis. Es gibt einen Gottesdienst im geschlossenen Dom und abends einen "Absacker" in der Klause des Priesterseminars.

Viele der Dom-Interessierten stammen aus Speyer, ein Ehepaar ist aus Mannheim und eine Frau aus Schlüchtern im hessischen Main-Kinzig-Kreis angereist. "Es ist mein Dom, aber ich kenne ihn nicht", sagt Gaby aus Speyer. Dem pflichtet Claudia bei, die ebenfalls in der Domstadt lebt. Der Dom sei wie ein guter Freund, für den sie sich Zeit nehmen wolle, um ihn besser kennenzulernen.

Im Seminar den verlorenen Glauben wiederfinden

Auch Sigrid aus Neustadt an der Weinstraße hat sich zu der Veranstaltung angemeldet. Sie ist dort Kirchenführerin in der protestantischen Stiftskirche. "Oft kommt die spirituelle Dimension zu kurz bei Führungen", sagt sie. "Dafür will ich etwas mitnehmen." Hohe Erwartungen hat auch der Katholik Joachim aus Bad Dürkheim, der vor allem wegen des Missbrauchsskandals mit seiner Kirche hadert. Er hoffe, seine Entfremdung zu überwinden und durch das Seminar auch seinen verlorenen Glauben wiederzufinden, sagt er. "Mal sehn, was auf mich wirkt."

Die spirituelle Botschaft des Speyerer Doms könne den Menschen Halt und Hoffnung in ihrem Leben geben, erläutert Domdekan Kohl. Die ganze Symbolik des über die Jahrhunderte immer wieder erweiterten und umgebauten Gotteshauses mit seinem kreuzförmigen Grundriss sei ausgerichtet auf Jesus Christus, das Licht des Lebens. Die Monumentalität des 134 Meter langen Doms mit seinem 33 Meter hohen Mittelschiff solle den Betrachterinnen und Betrachtern die Größe und Macht Gottes eindrucksvoll vor Augen führen.

Stein auf Stein wollten die Erbauer "das himmlische Jerusalem" symbolisch abbilden, erläutert Kohl. Ziel sei es nicht gewesen, die Menschen "kleinzumachen", sondern sie vielmehr innerlich zu stärken. 45 Minuten lang können die Frauen und Männer des Seminars schließlich den Dom bei Sonnenuntergang in absoluter Stille auf sich wirken lassen. Dann spricht Dom-Verwalter Kohl noch ein Abendgebet und einen Segen. "Das hat etwas", sagt er, "man muss den Dom einfach kommen lassen."