Gab es Polizeigewalt gegen "Sektenführer"?

Blaulicht eines Polizeiwagens
Daniel Karmann/dpa
Wegen des Verdachts auf Waffenbesitz stürmte die Polizei am Mittwoch (30.07.25) das Gebäude des Wera-Forums in Duisburg. (Symbolbild)
Wera-Forum in Duisburg
Gab es Polizeigewalt gegen "Sektenführer"?
Bereits vor Jahren war die freikirchliche Wera-Forum-Gemeinde in den Verdacht geraten, sektenähnliche Strukturen zu haben. Infolge des Großeinsatzes des SEK am Mittwoch (30. Juli) wird nun gegen den "Sektenführer" wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt ermittelt, ebenso wird es eine interne Untersuchung zum Verhalten der Polizei geben.

Zuletzt hatte sich Alexander Epp, der "Pastor" der Gemeinde, als Opfer der Polizei dargestellt. Auf der Homepage des Wera-Forums schildert er die Durchsuchung seiner Wohnung durch die Polizei als besonders brutal. Er sei verletzt hinterlassen worden. Mit blutiger Nase und Schmerzen habe er auf dem Boden gelegen, schildert er den Vorfall dort.

In dem persönlichen Bericht fährt er fort: "In der Tiefgarage stand mein Audi A4. Die Schlüssel zum Fahrzeug befanden sich vor Ort und hätten von der Sekretärin ausgehändigt werden können. Doch die Polizisten schlugen die Scheibe ein und verbogen die Tür, um sich Zugang zu verschaffen und das Auto zu durchsuchen." Die Polizei habe außerdem überall "Verwüstung und Zerstörung" hinterlassen.

Im Zuge des Einsatzes sei eine Person verletzt worden, zu Festnahmen sei es aber nicht gekommen, hieß es vonseiten der Polizei. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird das Vorgehen der Beamten nun intern untersucht. "Der Einsatzablauf wird – insbesondere mit Blick auf die öffentliche Darstellung des Beschuldigten – diesseits geprüft", teilte ein Sprecher, laut Bericht der Rheinische Post vom 18. August mit.

Ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt wurde eingeleitet. Alexander Epp wird sich, so schreibt es die RP weiter,  als "Pastor" mit einer Anzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auseinandersetzen müssen. Zeitgleich ermittle die Polizei in dem Fall auch wegen eines möglichen Missbrauchs von Titeln gegen ihn. Der "Sektenführer" habe den Titel "Pastor" zu Unrecht geführt. 

Darf sich jeder Pastor nennen?

Allgemein erwarten die Menschen, dass ein Pastor ein Studium der Theologie absolviert hat. Die Bezeichnung "Pastor" ist aber rechtlich nicht geschützt. Sie wird in vielen religiösen Bewegungen verwendet. Wer beispielsweise in einer freikirchlichen Gemeinde aktiv ist, könne sich grundsätzlich auch als Pastor bezeichnen. Entscheiden kann die Gemeinde selbst darüber.

Am Mittwoch, 30. Juli, stürmten Männer des SEK die Räumlichkeiten des Wera-Forums und stellten dabei mehrere Waffen sicher. Zuvor hatte es laut Bericht von rp-online Hinweise von Zeugen gegeben, wonach ein Ehepaar der Gemeinde im Besitz von illegalen Waffen sein sollte. Die Beamten fanden zwei Luftgewehre, eine Schreckschusswaffe, ein Taser sowie eine Schlagkette. Eine der Waffen soll laut Bericht der Medien offenbar auch zur Einschüchterung von Gemeindemitgliedern eingesetzt worden sein.

Das Aufgebot der Polizei war an diesem Tag groß. Das habe mit weiteren laufenden Verfahren gegen die Gemeinde zu tun, hat es die Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Rheinischen Post mitgeteilt. Auch das private Wohnhaus des Gründer-Ehepaars Epp wurde von der Polizei durchsucht. Hier, so schreibt es rp-online, seien mehrere Kisten mit Datenträgern und Unterlagen von der Polizei aus dem Gebäude getragen worden. 

Langgehegter Verdacht gegen Wera-Forum 

Bereits vor Jahren war die freikirchliche Wera-Forum-Gemeinde in den Verdacht geraten, sektenähnliche Strukturen zu haben. Alexander und Irina Epp gründeten 1995 die Gemeinde und bezeichnen sich als Pastoren des Wera-Forums Duisburg. Ziel sei es laut eigener Aussage des Paares gewesen, "junge Menschen in Duisburg aus der Gefangenschaft von Alkohol und Drogen zu befreien."

Die überwiegend von Russlanddeutschen besuchte freie Gemeinde "Wera-Forum" in Duisburg sorgte schon im Jahr 2019 für Unruhe bei der evangelischen Kirche. Der Pfarrer der Auferstehungsgemeinde Duisburg Süd, Rainer Kaspers, äußerte sich äußerst besorgt über Vorgänge dort. Berichte ehemaliger Mitglieder und Dokumente ließen schon damals den Schluss zu, "dass es sich nicht um eine Freikirche handelt, sondern um eine christliche Sekte". Auch der damalige Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Duisburg, Armin Schneider, sagte, er teilte diese Sorge.

Kaspers erklärte, nach den Aussagen von ehemaligen Wera-Gemeindeglieder, sehe sich deren Pastor als alleiniger Inhaber der Wahrheit und setze sich als Richter über seine Gemeinde an die Stelle Gottes. Er verlangte unbedingten Gehorsam und habe mit seinen Familienangehörigen und Leitungsmitgliedern "ein System der Angst und der Überwachung" aufgebaut. Zweifel an seiner Gemeindeführung ließe er nicht zu, Kritiker mache er mundtot und verfluche sie als vom Satan besessen. 

Laut einem Bericht der WAZ von Donnerstag (6. August) enthülle auch ein neu aufgetauchtes Dokument, wie viel Druck auf die Gemeindemitglieder in Duisburg ausgeübt worden sei. Das reiche, so laut Bericht der Zeitung, bis hin zu Dämonenaustreibungen. Dieses Dokument bestätige den bereits seit Jahren bestehenden Verdacht gegenüber der sektenähnlichen Gemeinde.

Organisatorisch ist die Gruppe dem Verein Evangeliumskirche "Glaubensgeneration" zugeordnet. Neben dem Duisburger Standort betreibt die Glaubensgemeinschaft weitere Gemeinden in Castrop-Rauxel, Wuppertal und Heilbronn.