Die Behörden in Sachsen-Anhalt haben bisher zehn Menschen die Einbürgerung verweigert, weil die Personen kein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abgeben wollten. Das sagte das Innenministerium in Magdeburg gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). In mindestens einem weiteren Fall sei ein Verfahren zur Rücknahme der deutschen Staatsbürgerschaft eingeleitet worden.
Seit Ende 2023 müssen Ausländer, die in Sachsen-Anhalt leben und deutsche Staatsbürger werden wollen, ein schriftliches Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel ablegen. In einem Erlass an die kreisfreien Städte und Landkreise im Land hatte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärt, das Existenzrecht Israels sei deutsche Staatsräson.
In dem Runderlass vom November 2023 wird folgender Wortlaut empfohlen: "Ich erkenne ausdrücklich die besondere deutsche Verantwortung für den Staat Israel und das Existenzrecht Israels an und verurteile jegliche antisemitischen Bestrebungen. Ich verfolge weder Bestrebungen, die gegen das Existenzrecht des Staates Israel gerichtet sind, noch habe ich solche Bestrebungen verfolgt."
Länder skeptisch zu Israel-Bekenntnis
Die große Mehrheit der Bundesländer hält es laut einer epd-Umfrage allerdings nicht für notwendig, bei der Einbürgerung standardmäßig eine schriftliche Anerkennung des Existenzrechts Israels einzufordern. Die gegenwärtige Rechtslage, die im Staatsangehörigengesetz verankert ist, werde meist als ausreichend angesehen.
Der Berliner Senat plant derzeit offenbar kein Israel-Bekenntnis als Voraussetzung für eine Einbürgerung. Allerdings zeigt sich Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) Änderungen gegenüber aufgeschlossen. "Ich persönlich kann mir sehr gut vorstellen, auch die Anerkennung des Existenzrechts Israels als Voraussetzung für eine Einbürgerung aufzunehmen." Darüber werde er mit dem Nachbarland Brandenburg und mit dem Koalitionspartner SPD "in den Austausch gehen".
Schutz jüdischen Lebens in Deutschland
In Brandenburg sprach Landesinnenminister René Wilke (parteilos) Mitte Juli im Landtag ebenfalls von einer Änderung im Einbürgerungsverfahren, um der Anerkennung des Existenzrechtes Israels mehr Gewicht zu verleihen. Das Brandenburger Ministerium verwies auf epd-Anfrage ebenso wie viele weitere Landesministerien auf Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsrecht, die das Bundesinnenministerium Ende Mai verschickt hatte.
Darin wird das vor einer Einbürgerung abzugebende Bekenntnis "zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens" ausformuliert und näher erläutert. Das Bekenntnis erwähnt Israel nicht; gleichwohl heißt es in den Hinweisen, es umfasse auch "die Anerkennung des besonderen und engen Verhältnisses der Bundesrepublik Deutschland zum Staat Israel, insbesondere, dass die Sicherheit und das Existenzrecht Israels zur deutschen Staatsräson gehören".
Auf diese Auslegung beziehen sich viele Bundesländer. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern teilte dem epd mit, die Anerkennung des Existenzrechts Israels sei "bereits ein Bestandteil der Einbürgerungsvoraussetzungen". Deshalb bedürfe es "aus hiesiger Sicht keiner Abgabe einer weiteren gesonderten Erklärung", wie es sie in Sachsen-Anhalt gibt.
Das Innenministerium in Thüringen hält die aktuelle Regelung ebenfalls für ausreichend. Es sei nicht geplant, "den Einbürgerungsbewerbern ein Bekenntnis zur Anerkennung des Existenzrechts Israels abzuverlangen". Auch aus Schleswig-Holstein hieß es, wer antisemitische Bestrebungen verfolge und das Existenzrecht Israels bestreite, könne "bereits jetzt nach Bundesrecht nicht eingebürgert werden".
Thema in Integrationskursen ansprechen
In Bremen weist ein Infoblatt die Bewerberinnen und Bewerber ausdrücklich auf die Auslegung des Bekenntnisses hin, wie die Innenbehörde mitteilte. Aus Nordrhein-Westfalen kam der Wunsch nach einer einheitlichen Vorgabe: "Eine bundesweit einheitliche Regelung, die klarer auf ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel als Einbürgerungsvoraussetzung abstellt", sei anzustreben, erklärte die Düsseldorfer Staatskanzlei.
Der deutsch-israelische Psychologe und Autor Ahmad Mansour sagte dem epd, er finde es zwar richtig, die Haltung zu Israel im Einbürgerungsverfahren zu beleuchten. Letztlich gehe es aber um "reine Symbolik": "Sie glauben doch nicht, dass jemand, der antisemitisch denkt und deutscher Staatsbürger werden möchte, das wegen dieses Bekenntnisses nicht unterschreiben würde." Wichtiger ist laut Mansour, "mit den Menschen in den Integrationskursen, während ihrer Integrationsprozesse immer und immer wieder über das Thema zu sprechen, damit sie verstehen, warum das Existenzrecht Israels so wichtig ist und sie als Deutsche eine besondere historische Verantwortung tragen".