Pizza, Pasta, Spätzle mit Rahmsauce, Kartoffelgratin mit Thymian und einer Spur Knoblauch,… Wenn ich so über meine Lieblingsgerichte nachdenke, könnte ich wirklich eine ellenlange Liste schreiben. Aber Erbsenpüree mit Brathering würde da vermutlich nicht einmal ziemlich am Ende auftauchen. Auf der Liste von Martin Luther allerdings soll das Gericht ziemlich weit oben gestanden haben. Zu Recht? Ich werde es ausprobieren!
Aber erst einmal herzlich Willkommen zu unserer neuen Serie: Kreuz & Krümel – evangelische Rezepte zu besonderen Anlässen. Hier nehme ich euch mit in meine Küche und schaue mir an, wie sich traditionelle Gerichte ganz easy umsetzen lassen.
Pünktlich zur Reformation habe ich mich natürlich gefragt, was wohl Martin Luther am liebsten aß und da er bekanntermaßen nicht gerade ein Kostverächter war, dürften auf seiner Liste so einige Leckerbissen gestanden haben. Und das sieht man auch auf den Portraits des Reformators – wohlgenährt, trotz bekannter Verdauungsprobleme. Und die ein oder andere theologische Idee kam ihm angeblich auch an stillen Örtchen, die nicht gerade die Kanzel waren. Ob er dort auch die Idee für seine 95 Thesen hatte? Die schlug er am 31. Oktober 1517 an die Schlosskirche in Wittenberg und löste damit eine Bewegung aus, die den Glauben dorthin zurückbrachte, wo er hingehört: mitten hinein ins Leben, in die Hände der Menschen.
Zu Hause, da hatte seine Frau Katharina von Bora auch alle Hände voll zu tun. Denn für ein Gericht wie das Erbsenpüree mit Brathering musste sie damals noch so richtig lange in der Küche stehen. Alleine die Erbsen! Die waren nämlich meist getrocknet und mussten dann erst einmal über Nacht einweichen, um am nächsten Tag dann stundenlang zu köcheln, bis sie mal weich wurden. Und der Hering? Der war der Haltbarkeit wegen meist mit einer guten Portion Salz eingelegt und musste davon erst mal mühselig befreit werden. Sollte er dann noch eingelegt werden, musste der Fisch erst ein paar Tage in einer Marinade aus Essig und Gewürzen ziehen, bevor er genossen werden konnte.
Die gute Frau hat damals sogar ihr eigenes Bier gebraut! Zugegeben, im 16. Jahrhundert war das so üblich und es war auch nur ein sehr dünnes Bier, das sogar Kinder tranken, da Wasser oft nicht sauber genug war, um damit den Durst zu löschen. Aber trotzdem: Hut ab!
Meine Variante des Luther-Lieblingsgerichts kommt heute dank moderner Technik und Supermärkten zum Glück weit weniger aufwendig daher:
Zutaten für 2 Personen:
1 kleine Zwiebel
1 kleine Knoblauchzehe
2 EL Butter
500 g Erbsen, tiefgekühlt 
200 ml Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer, Zucker
Minze, nach Belieben
1-2 Konserven Brathering (je nachdem, wie sehr ihr ihn mögt)
Zubereitung:
1. Die Zwiebel und den Knoblauch in kleine Würfel schneiden und mit 1 EL Butter im Topf glasig dünsten. Die Erbsen sowie die Gemüsebrühe dazu geben und 5-10 Minuten auf mittlerer Hitze köcheln lassen.
2. Die Minze abzupfen, zugeben und alles mit einem Pürierstab fein pürieren. Mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker abschmecken. Für besondere Cremigkeit noch 1 EL Butter unterrühren. Und wer es gar nicht cremig genug haben kann, der streicht das Püree am Ende noch durch ein feines Sieb.
3. Das Erbsenpüree auf einem Teller anrichten, den Brathering daneben drapieren und genießen.
Als vegetarische Alternative zu den Heringen passen übrigens auch eingelegte Zucchini oder Auberginen hervorragend zum Erbsenpüree, auch wenn das die Menschen zu Luthers Zeiten noch nicht kannten.
Ja, im frühen 16. Jahrhundert, so ganz ohne Tiefkühltruhe, Konserven und Zauberstab, waren beim Kochen nicht nur die Zubereitungsschritte aufwendig, sondern auch viele Zutaten extrem kostbar. Pfeffer war der reinste Luxus und Salz galt als weißes Gold. Dafür dürfte der Kräutergarten von Katharina von Bora um einiges grüner und voller ausgesehen haben, als mein verkümmertes Beet, in dem außer Minze und Rosmarin alles eingegangen ist.
Und so brachte die selbstbewusste Frau für ihren Mann, ihre sechs Kinder und die nicht wenigen Gäste ihres berühmten Gatten immer wieder einfache, ehrliche Gerichte auf den Tisch. Und vielleicht passt genau das ja gerade gut zur Reformation – und auch zu unserer heutigen Zeit: weg vom Überfluss, hin zum Wesentlichen. Und daran erinnert auch Luthers Lieblingsmahl aus Erbsen und Fisch.
Mein Fazit: In die Top 3 meiner Liste kommt das Gericht nicht, aber lecker ist es allemal, besonders das Püree. Und ein Reminder, wie dankbar wir immer wieder sein können für das, was wir haben.
Geht also gesegnet und gesättigt in diesen Tag!



