Als Pfarrer im Kleinwalsertal

Pfarrer David Metzger feiert einen Berggottesdienst
epd/R.F.
Pfarrer David Metzger feiert einen Berggottesdienst. Der 39-jährige betreut die evangelische Gemeinde in der östereichischen Enklave im Kleinwalsertal.
Seelsorge grenzüberschreitend
Als Pfarrer im Kleinwalsertal
David Metzger (39) ist Pfarrer in Bayern - und betreut die evangelische Kirchengemeinde in der österreichischen Enklave im Kleinwalsertal. Wann es ihn ins Kleinwalsertal gezogen hat, warum er das Leben dort so schön findet und ob die Kleinwalsertaler als Österreicher eigentlich bayerische Kirchenmitglieder sind, erzählt er im Interview.

Herr Metzger, Sie sind bayerischer Pfarrer, werden auch von der bayerischen Landeskirche bezahlt - Ihre Kirchengemeinde liegt aber in Österreich. Wie geht das denn zusammen?

David Metzger: Der Stellenzuschnitt ist natürlich schon eine Besonderheit. Ich bin ja kein Auslandspfarrer, sondern tatsächlich ein ganz normaler bayerischer Gemeindepfarrer mit Dienstanteil im Tourismus. Meine Stelle ist zwar offiziell der Kirchengemeinde Oberstdorf im Allgäu zugeordnet. Die Kreuzkirche, für die ich zuständig bin, liegt aber im österreichischen Kleinwalsertal. Das hat ganz praktische Gründe: Die Zufahrt ins Kleinwalsertal ist nur über die deutsche Seite möglich. Wenn man aus Österreich kommt, müsste man einen Riesenumweg fahren.

Ist der katholische Pfarrer denn dann auch ein Bayer?

Metzger (lacht): Nein, der ist schon ein Österreicher. Das Kleinwalsertal ist überwiegend katholisch. Für die wenigen Evangelischen, die nach dem Zweiten Weltkrieg hierhin gezogen sind, hat sich eine eigene Pfarrstelle wahrscheinlich nicht rentiert. Im Kleinwalsertal leben etwa 5.000 Menschen, nur 500 bis 600 sind evangelisch. Jedenfalls haben die bayerische Landeskirche und die Evangelische Kirche in Österreich vor Jahrzehnten irgendwann ein Abkommen getroffen.

Was halten die Österreicher denn von ihrem deutschen Pfarrer?

Metzger: Die finden das inzwischen relativ normal, weil sie schon so lange Pfarrer aus Bayern haben. Natürlich bin ich als Deutscher erstmal "der Zugezogene", das wäre aber auch woanders so. Die Kleinwalsertaler fühlen sich trotz ihrer Nähe zu Deutschland natürlich als Österreicher. Ein bisschen gewitzelt wird schon manchmal, aber in einem sehr freundschaftlichen Rahmen. Ich bin jetzt seit dreieinhalb Jahren hier und fühle mich sehr wohl und willkommen.

Was hat Sie denn gereizt, ins Kleinwalsertal zu kommen?

Metzger: In erster Linie natürlich die Berge. Ich gehe gern wandern und Skifahren. Ich genieße die Sonnenaufgänge, das Bergpanorama. Es ist wirklich ein sehr schöner Ort zum Leben. Gereizt hat mich, dass ich neben Gemeindepfarrer auch noch Gästeseelsorger bin. In meinem Vikariat habe ich eine erlebnispädagogische Ausbildung gemacht, die mir in der Tourismusarbeit zugutekommt. Ich war schon immer gern in der Natur. Jedenfalls gehören viele tolle Dinge zu meinen Kernaufgaben: Berggottesdienste, spirituelle Wanderungen, Fackelwanderungen, Taizé-Andachten ...

"Ich hab noch nie so eine schöne Ökumene erlebt."

Berggottesdienste sind ja ein Klassiker in Südbayern. Was gibt es denn bei Ihnen so alles an Angeboten?

Metzger: Die Berggottesdienste von Mitte Juni bis Mitte Oktober sind ein Aushängeschild unserer Tourismusarbeit. Wir feiern bei gutem Wetter jeden Mittwoch auf den Oberstdorfer Bergen - also Nebelhorn, Fellhorn, Alpe Schrattenwang - und donnerstags auf dem Walmendingerhorn. Große Unterstützung gibt es von meiner Kollegin Pfarrerin Susanne Ohr aus Fischen und weiteren Gästepfarrern. Diese Gottesdienste am Berg feiern wir im ökumenischen Sinne: einfach mit jedem, der da ist.

Sie sprechen die Ökumene an: Funktioniert die gut?

Metzger: Ich habe noch nie eine so schöne Ökumene erlebt wie hier. Vielleicht liegt es, neben dem Willen dazu, auch daran, dass mein katholischer Kollege und ich etwas abseits der direkten Wahrnehmung von Bischöfen und Kirchenleitung umso freier agieren können.

Die Kreuzkirche liegt auf 1.150 Metern Höhe im Kleinwalsertal

Die Gästeseelsorge machen Sie aber in der ganzen Region, also im Allgäu und Kleinwalsertal, oder? Dann sind Sie ja im wahrsten Sinne des Wortes ein Grenzgänger.

Metzger: Das Allgäu ist ja ein beliebtes Tourismusziel, genauso wie das Kleinwalsertal. Tourismus ist ein großer Wirtschaftsfaktor. Als Gästeseelsorger bin ich dann entsprechend oft im Einsatz, kümmere mich um die Urlauber, um Menschen, die hier Kirche auf Zeit erleben. Und weil ich das in zwei Ländern mache, passt die Bezeichnung "Grenzgänger" ganz gut. Die Kleinwalsertaler verstehen sich ja selbst als Grenzgänger, als Menschen zwischen den Welten.

"Kirchensteuer zahlen sie der bayerischen Landeskirche"

Da gibt es doch bestimmt kuriose Regelungen, oder?

Metzger: Einkäufe, Arztbesuche - all das erledigen die Kleinwalsertaler natürlich auch in Deutschland. Ein Arztbesuch im Ausland kann ohne entsprechende Krankenversicherung richtig kompliziert und teuer werden. Jeder Ort hat eine deutsche und eine österreichische Postleitzahl, früher auch eine deutsche Telefonvorwahl. Und die meisten Kleinwalsertaler kommen wahrscheinlich im nächstgelegenen Krankenhaus zur Welt: in Immenstadt in Deutschland. An solchen Dingen merkt man, wie besonders das Leben hier eigentlich ist.

Das Kleinwalsertal gehört nach evangelischer Zuordnung zur bayerischen Kirchengemeinde Oberstdorf. Wo zahlen die Gemeindeglieder denn eigentlich ihre Kirchensteuer? In Österreich oder in Bayern?

Metzger: Die zahlen sie tatsächlich der bayerischen Landeskirche. Die Kirchensteuer wird aber nicht vom Gehalt abgezogen, wie in Deutschland üblich. Das erlaubt das österreichische Gesetz nämlich nicht. Die Kleinwalsertaler überweisen ihre Kirchensteuer einfach, so ähnlich wie die Bayern ihr Kirchgeld. Die Kleinwalsertaler sind damit übrigens auch Mitglieder der bayerischen Landeskirche. Und es gibt noch eine Besonderheit.

Welche?

Metzger: Die evangelische Kreuzkirche im Kleinwalsertal auf rund 1.150 Metern Höhe ist die höchstgelegene Kirche der bayerischen Landeskirche - nur, dass sie sich halt auf österreichischem Boden befindet.