Schlossherr wird für 49 Jahre Kirchenbesitzer

Pfarrer Peter Herbert vor der sanierten Eingangspforte der Bartholomäuskirche
epd-bild/Jutta Olschewski
Pfarrer Peter Herbert freut sich über das neue Patronat 2.0 für die Bartholomäuskirche.
Kirche für einen Euro gekauft
Schlossherr wird für 49 Jahre Kirchenbesitzer
Es war einmal ein Schlossbesitzer, der ging zu einer armen Kirchengemeinde und wollte neuen Glanz in ihre Kirche bringen. Ein Jahr und ein paar juristische Schritte später feiern alle die gelungene Renovierung - fast wie im Märchen.

"Erstmal war ich skeptisch", räumt Felix Pause ein. Der Jurist und Referatsleiter Gemeindeleitung im evangelischen Landeskirchenamt in München hatte einen solchen Fall noch nie auf dem Tisch: Da erwirbt ein Unternehmer in einem Dorf in der Fränkischen Schweiz vor fünf Jahren ein ehrwürdiges Schloss und will noch die danebenstehende Kirche kaufen, um sie auf eigene Kosten zu sanieren.

Pause ist kein umständlicher Jurist, sondern einer, "der schon dafür bekannt ist, dass ich etwas schnell regele". Nachdem klar ist, dass in der Fränkischen Schweiz in der Kirchengemeinde Unterleinleiter (Landkreis Forchheim) weder Pfarrer noch Kirchenvorstand gegen das Angebot sind, regeln er und der Schlossbesitzer Ludwig Fleckenstein sich auf einen Erbbauvertrag. "Ich hatte es mir schwerer vorgestellt", sagt der neue Kirchenbesitzer, der auch sicher ist, dass vor ihm noch niemand versucht hat, ein solches Konstrukt auf die Beine zu stellen.

Die Vereinbarung nennt sich "Erbbaustellungsvertrag". Darin verpflichtet sich der Besitzer, die Bartholomäuskirche in Schuss zu halten, darf darin aber auch eigene Veranstaltungen abhalten, "wenn sie nicht gegen die Prinzipien der evangelischen Kirchen verstoßen", erklärt Pause. Sollte er etwas tun, das gegen den Vertrag spricht, würde der sogenannte "Heimfall" eintreten, wie das die Juristen nennen, und alles wieder an die Kirche zurückfallen.

Ansicht der sanierten Bartholomäuskirche

Fleckenstein zahlt den symbolischen einen Euro für die Bartholomäuskirche, die ihm und seinen Nachkommen nun für 49 Jahre gehört. Der wuchtige Turm stammt wohl aus dem Jahr 1519, das Kirchenschiff ist im 19. Jahrhundert angebaut worden. Da die Kirche so nahe an der Schlossmauer steht, vermuten Historiker, dass die adligen Geschlechter im Ort auch schon früher ein "Patronat" über die Kirche ausgeübt haben. Diese meist fürstlichen Patrone waren einst Geldgeber der jeweiligen Kirche, zahlten Reparaturen an kirchlichen Gebäuden und durften den Pfarrer auswählen. Heute sind in Bayern nur noch wenige dieser Patronate aktiv, etwa im unterfränkischen Castell. In Stein bei Nürnberg endete das Patronat 2016 mit dem Tod von Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell.

Schlossherr: Geld für Dach und entfeuchtete Mauern

Der moderne Patron Ludwig Fleckenstein hält den altertümlichen schweren Schlüssel der Bartholomäuskirche seit Juli 2024 in Händen und packte die Renovierung gleich an. "Die Kirche, die eigentlich zum Schloss dazu gehört, war in einem jämmerlichen Zustand, das konnte man so nicht lassen", sagt er. Als Geschäftsmann, das merkt man, ist er gewohnt, Nägel mit Köpfen zu machen.

Schon ein Jahr später (Sonntag, 27. Juli) feiern alle Beteiligten mit der Bayreuther Regionalbischöfin Berthild Sachs zusammen die fertige Sanierung. Das Dach ist neu gedeckt, das feuchte Mauerwerk saniert. Es riecht noch nach Farbe, als Pfarrer Peter Herbert an diesem Morgen in das frisch sanierte Gotteshaus tritt. Er zeigt begeistert auf die neuen messingfarbenen Lampen und die abgeschliffenen Kirchenbänke. "Nächstes Jahr ist die Orgel dran", freut sich der Pfarrer und muss sich keine Gedanken machen, wie die neue Maßnahme finanziert wird - der Schlossherr zahlt.

Der hat im Zuge der Renovierung auch noch eine frühere Öffnung in der Mauer um den Schlossgarten wieder öffnen lassen. An den Wochenenden fährt er aus Unterfranken, wo er sein Unternehmen hat, in 90 Minuten nach Unterleinleiter in eine andere Welt. Direkt vom Schloss kann er nun in seine Kirche gehen. Die sei für ihn ein Ruheort, sagt er: "Da fühle ich mich wohl."