Bätzing verteidigt Richterin: Hat sie nicht verdient

Foto von Frauke Brosius-Gersdorf
Britta Pedersen/dpa
Die Richterin Frauke Brosius-Gersdorf war nach ihrer Nominierung für das Bundesverfassungsgericht durch die SPD in die Kritik geraten.
Streit um nominierte Brosius-Gersdorf
Bätzing verteidigt Richterin: Hat sie nicht verdient
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat die von der SPD als Verfassungsrichterin nominierte Frauke Brosius-Gersdorf gegen Angriffe verteidigt: "Diese Frau hat es nicht verdient, so beschädigt zu werden". Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst warnte wegen der Vorwürfe gegen die Staatsrechtlerin nach deren im Bundestag abgesagten Wahl vor einer öffentlichen Schlammschlacht.

Die Richterin Frauke Brosius-Gersdorf war nach ihrer Nominierung durch die SPD wegen ihrer Haltung zum Schutz des ungeborenen Lebens heftig kritisiert worden, auch von hochrangigen Vertretern der katholischen Kirche.

Bätzing zeichnete in der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag) ein differenzierteres Bild: Es gehe zum einen um das Selbstbestimmungsrecht für Frauen, die ungewollt schwanger sind, zum anderen aber um den Schutz ungeborenen Lebens. Die derzeitige Praxis, derzufolge der Paragraf 218a Straffreiheit unter bestimmten Bedingungen garantiert, bedeutet aus seiner Sicht eine "kluge Balance". Daran zu rütteln, hielte der Vorsitzende der Bischofskonferenz für einen Fehler: "Warum soll man den klaren Kompromiss, den es zur Abtreibungsfrage gibt, aufgeben und damit womöglich eine gesellschaftliche Spaltung riskieren?"

Auf die Frage, ob Vertreter der Kirche die Diskussionen um die Besetzung der Richterposten sogar noch angeheizt haben, sagte der Limburger Bischof Bätzing: "In dieser gesamten Debatte ist viel schiefgelaufen." Viele Personen, die mit der Richterinnenwahl befasst sind, seien dadurch beschädigt worden. "Es ist kein Thema für einen Kulturkampf. Wir können diesen Kulturkampf nicht gebrauchen. Es gibt zu viele Profiteure davon."

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, nimmt die umstrittene Juristin in Schutz

Die von der SPD als Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagene Staatsrechtlerin Brosius-Gersdorf, an der sich zahlreiche Unions-Abgeordnete gestört hatten, wies Darstellungen zurück, sie sei "ultralinks" oder "linksradikal". Unzutreffend und verunglimpfend sei auch die Behauptung, sie habe sich für eine Legalisierung und eine Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt ausgesprochen. Die Richterwahl war in der vergangenen Woche vom Bundestag wegen der koalitionsinternen Querelen über Brosius-Gersdorf kurzfristig vertagt worden.

(Das Interview wurde epd vorab in nachrichtlicher Fassung zur Verfügung gestellt.)

Wüst: Keine Schlammschlacht um Richterwahl

Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst warnte vor einer öffentlichen Schlammschlacht gewarnt. Sie distanziere sich von einer "Empörungs-Kultur", die Äußerungen der Juristin zum Abtreibungsrecht "völlig aus dem Kontext gerissen und quasi radikalisiert" hätten, schreibt Wüst auf ihrer persönlichen Facebook-Seite. Per E-Mail war die Kirchenpräsidentin von einer Person zu einer "kirchlichen Stellungnahme" zur Kandidatin Brosius-Gersdorf aufgefordert worden.

Wenn sie sich öffentlich dazu äußere, dann nur gegen eine "aufgeheizte, unsachliche und diffamierende öffentliche Kultur, die Menschen über die Klinge springen lässt, ohne auch nur einen zweiten Blick zu wagen oder mehr wissen zu wollen als das, was Schlagzeilen suggerieren", schreibt die Kirchenpräsidentin. Brosius-Gersdorf sei eine renommierte Juristin, und sie sei ganz offensichtlich geeignet für das höchste Richterinnenamt in Deutschland.

Nach ihrem Kenntnisstand gebe es keine einzige Aussage von ihr, in der diese sich für eine Abtreibung bis zur Geburt ausspreche, wie es ihr unterstellt werde, betonte Wüst. "Ich sehe keinerlei Anlass, mich als kirchliche Vertreterin einer öffentlichen Diskussion anzuschließen, die für mich unter die Kategorie "Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten fällt", so Wüst.

UN Women Deutschland warnen vor Antifeminismus

Auch der Verein UN Women Deutschland warnt im Zusammenhang mit der Debatte um die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts mit drei neuen Richtern vor Aktivitäten "antifeministischer Netzwerke". Die infrage gestellte Wahl der von der SPD vorgeschlagenen Staatsrechtlerin Brosius-Gersdorf an das höchste Gericht zeige, wie solche Netzwerke "gezielt Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können", erklärte UN Women Deutschland am Donnerstag in Bonn.

"Antifeministische Kräfte nutzen gezielte Desinformationskampagnen, um Frauen aus Führungspositionen zu drängen und Geschlechtergerechtigkeit zu diskreditieren", sagte die Vorständin von UN Women Deutschland, Dagmar Schumacher. Der Verein ruft die Bundesregierung, Medienschaffende und die Zivilgesellschaft dazu auf, gemeinsam für demokratische Werte und die Gleichstellung der Geschlechter einzustehen und sich klar gegen Diffamierungskampagnen, Falschinformationen und Demokratiefeindlichkeit einzusetzen.

Weltweit erlebten Frauen, die sich für Frauenrechte, Geschlechtergleichstellung und Demokratie einsetzten, Hass, Einschüchterung und Gewalt, hieß es. "Frauenrechte sind Menschenrechte. Wer sie angreift, greift die Grundlagen unserer Demokratie an", betonte Schumacher.