Bei Ausgrabungen auf dem Kapellenplatz in Rothenburg sind die Fundamente der dortigen mittelalterlichen Synagoge entdeckt worden. Die freigelegten Kalksteine stimmen in der Bauweise, Ausrichtung und Lage des Haupteingangs "bis ins Detail" mit den bekannten Abbildungen aus dem 18. Jahrhundert überein", wie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit der Stadt am Dienstag mitteilte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handle es sich um die erste Synagoge Rothenburgs, die als großer, freistehender Saalbau das Stadtbild geprägt habe.
Der Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Mathias Pfeil, sagte, der Fund an dieser Stelle sei "überraschend" gewesen. Denn die Experten hatten die Synagoge an einer anderen Stelle in der Altstadt von Rothenburg vermutet. Der Fund zeige nun einmal mehr "den unschätzbaren Wert der Bodendenkmalpflege". Er liefere auch den ersten konkreten Beleg für die Existenz der Synagoge - bislang waren nur historische Zeichnungen bekannt. Rothenburg hatte um das Jahr 1180 eines der ältesten jüdischen Viertel im ganzen süddeutschen Raum.
Die Funde zeugen aber nicht nur von der Blüte jüdischen Lebens in der mittelfränkischen Stadt, sondern auch von dessen Zerstörung. Nach dem Judenpogrom von 1349 während der Pest fielen alle Gebäude der jüdischen Gemeinde inklusive Synagoge an die Stadt. 1404 verkaufte die Stadt diese an einen örtlichen Patrizier, der es von 1406 bis 1407 zur Marienkapelle umbauen ließ. Der Kernbau sei dabei erhalten geblieben. Nach der Säkularisation von 1805 wurde die Kapelle schließlich abgerissen. Mit ihr seien die letzten sichtbaren Reste der Synagoge verschwunden.
Trotz des sensationellen Fundes bleiben einige Fragen offen - etwa zur genauen Entstehungszeit und Baugeschichte der Synagoge. Ebenfalls noch ungeklärt ist, ob sich entlang der Längswände die räumlich getrennte Frauensynagoge befunden hat, die möglicherweise bereits im Zuge des Umbaus zur Marienkapelle abgebrochen wurde. Dem Pogrom von 1349 folgten in der Geschichte der Stadt noch weitere Vertreibungen von Jüdinnen und Juden.