Deutschlands Sehnsuchtsroute mit Herz

Würzburger Festung im Nebel
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Die Würzburger Festung im Nebel.
Romantische Straße made in Bayern
Deutschlands Sehnsuchtsroute mit Herz
Seit 75 Jahren besuchen jährlich Millionen Touristen die "Romantische Straße" zwischen Würzburg und Füssen. Sie besichtigen Burgen und Fachwerkhäuser, genießen regionales Essen - oder begeben sich auf die Suche nach ihren familiären Wurzeln.

Was genau mit dem "romantisch" in der Romantischen Straße eigentlich gemeint ist? "Da kann jeder hineininterpretieren, was er möchte", sagt Jürgen Wünschenmeyer. Das Thema Romantik sei eine Sehnsucht, die in den Menschen stecke. "Und es hat auf jeden Fall von Anfang an gezogen", erzählt der Geschäftsführer der Touristik-Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße mit Sitz in Dinkelsbühl (Landkreis Ansbach).

Seit 1950 ist die Ferienstraße "Romantische Straße" ein Erfolgsmodell. Aktuell zähle man jährlich über sieben Millionen Übernachtungen und 32 Millionen Tagesbesucher aus aller Welt, berichtet Wünschenmeyer. Auf 460 Kilometern verbindet die Route in Bayern und Baden-Württemberg 29 Orte zwischen Würzburg und Füssen. An der Strecke liegen UNESCO-Welterbestätten wie die Würzburger Residenz und die Wieskirche bei Steingaden, außerdem das weltbekannte Städtchen Rothenburg ob der Tauber mit seinen malerischen Fachwerkhäusern und das Schloss Neuschwanstein, sanfte Hügellandschaften und Weinberge.

Nur ein paar Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, Deutschland lag in Trümmern, überlegten sich die Bürgermeister von Würzburg, Rothenburg ob der Tauber, Augsburg und Füssen, die Ferienstraße wiederzueröffnen, die bereits seit 1900 ihre Städte unter dem Namen "Deutscher Reiseweg Nummer 1" verbunden hatte. Allerdings sollte ein neuer Name her. So wurde am 10. Januar 1950 die "Romantische Straße" eröffnet.

Von Anfang an habe man internationale Gäste ansprechen wollen, erzählt Wünschenmeyer. Die Straße lag im amerikanischen Besatzungssektor und die US-Soldaten wollten in ihrer Freizeit gerne Ausflüge unternehmen und das Land entdecken, in dem sie stationiert waren. Die 1948 gegründete Deutsche Zentrale für Tourismus und die 1953 gegründete Deutsche Lufthansa AG hätten außerdem vor allem in Kanada und Nordamerika Werbung gemacht und die Romantische Straße als Visitenkarte für ein neues, friedvolles und freundliches Deutschland genutzt, sagt Wünschenmeyer. Die meisten Gäste kämen jedoch bis heute aus Deutschland, gefolgt von US-Amerikanern und Besuchern aus den deutschen Nachbarländern, so der Tourismus-Chef.

Gruppenfoto von Wanderern und Fahrradfahrern.

Am 19. Juni 1950 nahm die Buslinie auf der Romantischen Straße ihren Betrieb auf. Die Busse wurden von Hostessen begleitet, die den Gästen auf Englisch etwas über Land und Leute erzählen konnten. "Dieser Bus ist das magische Bindeglied", sagt Wünschenmeyer, der selbst im Alter von 16 Jahren begann, im Bus zu arbeiten - zunächst als Begleitperson und später auch als Fahrer. Heute gibt es keinen Linienverkehr mehr, aber weiterhin Ausflugstouren mit dem "Romantic Road Coach", bei denen man zum Beispiel auch an einer Weinprobe teilnehmen kann.

Statt mit dem Bus bereisen immer mehr Menschen die Romantische Straße mit dem Rad oder zu Fuß, seit in den 80er Jahren der Radfernweg eröffnet wurde und im Jahr 2006 der Weitwanderweg hinzukam. Die Entwicklung gehe insgesamt weg von den Gruppenreisen hin zum Individualtourismus, sagt Wünschenmeyer. Die heutigen Besucher hätten auch ein großes Interesse an den unterschiedlichen regionalen Küchen von Baden-Württemberg, Franken, Schwaben und Oberbayern. Und das Zwischenmenschliche sei wichtig, eine unbeschwerte Auszeit vom Alltag: "Die ausländischen Gäste kommen gerne mit Einheimischen in Kontakt, die freuen sich, wenn sie in ein Lokal kommen und jemand sagt, setz dich doch gern dazu."

Was der Tourismus-Chef auch immer öfter beobachtet: Ältere Menschen, vor allem US-Amerikaner, die sich auf die Suche nach der eigenen Familiengeschichte machen, etwa nach ihren jüdischen Wurzeln oder nach Vorfahren, die ausgewandert sind. Mit ein paar Amerikanern habe er neulich extra einen Umweg zu einem ehemaligen Flugplatz gemacht, wo sie nach dem Zweiten Weltkrieg stationiert waren, erzählt Wünschenmeyer.

Ein Thema, das ihn auch mit Blick auf die junge Generation sehr beschäftigt, sind die fehlenden Bahnverbindungen an der Romantischen Straße. Mit dem Deutschland- oder dem Bayernticket könne man heutzutage zwar theoretisch für kleines Geld Deutschland entdecken, sei flexibel und reise umweltbewusst, sagt Wünschenmeyer. "Das geht aber leider an uns vorbei, weil wir in größten Bereichen nicht erreichbar sind." Hier sei die Politik gefordert, dafür zu sorgen, dass die Region nicht gänzlich abgekoppelt, beziehungsweise wieder angekoppelt werde.