epd: Herr Saalfrank, wie sind Sie dazu gekommen, den Film "Obdachlos in Bayreuth" zu machen?
Günter Saalfrank: Es gab letztes Jahr eine Veranstaltung in Bayreuth und ein Theaterstück zum Thema Wohnungslosigkeit. Das hat mich nicht mehr losgelassen und ich habe Mitstreiter gesucht, um einen Film zu drehen. Wir wollten unbemerkte Schicksale sichtbar machen.
Uns lag besonders daran, die Menschen selbst zu Wort kommen zu lassen, ohne sie vorzuführen oder auf die Tränendrüse zu drücken. Es sollte ein Film mit ihnen werden und nicht über sie. Wir haben den Film dann zu dritt gemacht: Ich habe mit Gunter Becker, einem Journalisten im Ruhestand, das Drehbuch geschrieben und die Interviews geführt. Der Filmemacher Andreas Harbach war für die Aufnahmen und die Produktion verantwortlich.
Wir haben das alles ehrenamtlich gestemmt. Im Ruhestand in Bayreuth hat mich also jetzt meine journalistische Vergangenheit wieder eingeholt. Für die Interviews war wiederum meine seelsorgerliche Erfahrung von großem Vorteil.
Was hat Sie während der Arbeit an dem Film besonders beeindruckt?
Saalfrank: Das Projekt war eine Entdeckungsreise für mich. Anders als etwa in Nürnberg oder München ist Obdachlosigkeit in Bayreuth nicht so offensichtlich. Aber wenn man genau hinschaut, ist sie auch hier ein Thema. Besonders berührt hat mich, dass Obdachlosigkeit jeden treffen kann und keine Frage einer bestimmten Bevölkerungsschicht ist.
Eine Sozialarbeiterin von einer Notunterkunft hat mir erzählt, dass sie schon Rechtsanwälte, Versicherungsagenten und sogar einen Uniprofessor in der Einrichtung hatte. Es kann von heute auf morgen geschehen, auf der Straße zu stehen: Wenn etwa die Ehe in die Brüche geht, es finanzielle Engpässe gibt oder sich eine psychische Erkrankung breitmacht.
Wie kann obdachlosen Menschen geholfen werden?
Saalfrank: Die Gesprächspartner in unserem Film erzählen, dass ihnen vor allem andere Menschen geholfen haben, die für sie da waren und sie aufgefangen haben. Wichtig waren zudem Anlaufstellen, an denen sie Essen bekommen haben und wo ihnen jemand zugehört hat. Einigen hat auch der christliche Glaube geholfen.
Die Stadt Bayreuth bemüht sich und versucht zum Beispiel, Wohnraum zu schaffen. Vielleicht kann auch die eine oder andere Privatperson schauen, ob sie Räume hat, die leer stehen. Insgesamt ist sicher noch Luft nach oben.
Wir wollen mit dem Film Menschen sensibilisieren, etwa an Schulen oder bei Fortbildungen im sozialen Bereich. Denn es genügt nicht, einem Obdachlosen mal einen Euro zu geben. Sondern es kommt darauf an, ihm mit Respekt zu begegnen und zuzuhören, wie seine Geschichte ist. Damit Obdachlose merken, sie sind im Blick.
Am 3. Juni um 20 Uhr wird der Film "Obdachlos in Bayreuth" im Neuneinhalb gezeigt, dem Kunst- und Kulturhaus am Gerberplatz. Im Anschluss an den Film, der knapp 20 Minuten dauert, moderiert Jutta Geyrhalter vom Evangelischen Bildungswerk eine Podiumsdiskussion.