Valeria beschließt mit 11 Jahren ihr Elternhaus zu verlassen. Sie fühlt sich zu Hause sehr unwohl. Fortan lebt sie in Wohngruppen, mit wechselnden Betreuer:innen. Als eine Betreuerin ihre Wohngruppe verlässt, bricht für Valeria die Welt zusammen. Autorin Stephanie Hecke beschreibt, dass Valeria ihr Grundvertrauen verloren hat, weil sie nie erlebt hat, dass eine Bezugsperson sicher für sie da ist. Also manifestiert sich eine Angst bei ihr.
Die 35-Jährige Autorin schildert auch die Geschichte von Julian, der gemobbt wurde oder von Johanna, die in der Landwirtschaft aufgewachsen ist, aber mit Kindern zur Schule ging, die zum Beispiel aus Arztfamilien stammten. Ihre Herkunft hat sie also einsam gemacht und ihr das Gefühl gegeben "die Andere" zu sein.
Das Buch zeigt eindrücklich, wie facettenreich Einsamkeit sein kann. Es ist in drei Teile gegliedert. Am Anfang definiert Stephanie Hecke Einsamkeit, im zweiten Teil kommen die Geschichten von Menschen, die Einsamkeit erleben oder erlebt haben und im dritten Teil zeigt sie auf, wie wir Einsamkeit überwinden können.
Im Interview sagt mir Stephanie: "Einsamkeit kann jeden von uns treffen." Einsamkeit ist ein ganz normales Gefühl, das zum Leben dazu gehört. Ihr Wunsch mit dem Buch ist es, dass sich niemand für seine Einsamkeit schämt, sondern vielleicht auch den Mut hat, etwas an der Situation zu verändern. Möglichkeiten, die Autorin Hecke zum Beispiel nennt sind:
- Ein Anruf bei der Telefonseelsorge
- Mit Freunden oder Bekannten über Einsamkeit sprechen
- Das Angebot von Begegnungsstätten nutzen
- Angebote nutzen, wie gemeinsames Spazierengehen in deiner Stadt
- Schauen, welche Angebote die Kirchengemeinde vor Ort hat
Bestattung von einsamen Menschen
Stephanie hat in Stuttgart für die Diakonie gearbeitet. Dort hat sie Menschen beerdigt, die einsam gestorben sind. Als sie Freunden, Bekannten und Kolleg:innen von ihrer Arbeit erzählt, erfährt sie überraschende Details. Viele der Menschen erzählen ihr von den eigenen Erfahrungen mit dem Thema Einsamkeit.
Gut zwei Jahre lang hat die Autorin, die mittlerweile in Berlin arbeitet, an ihrem Buch geschrieben. Sie hat Menschen getroffen und deren Geschichten aufgeschrieben. Jede Geschichte habe sie sehr berührt und auch mit Gefühlen der Einsamkeit aus ihrem Leben in Verbindung gebracht.
Einsamkeit und Alleinsein sind nicht identisch!
Stephanie betont, dass Einsamkeit häufig unsichtbar für andere Menschen ist, weil dieses Gefühl sehr schambehaftet ist. Sie unterscheidet im Buch ganz klar zwischen der Einsamkeit und dem Alleinsein. Einsamkeit ist nicht selbst gewählt. Beim Alleinsein ist das anders. Da geht es und wir können die Zeit alleine genießen. Zum Beispiel, indem wir alleine Yoga machen, ein Buch lesen oder in ein Café gehen (zum Beispiel ohne Kleinkinder). Bei unserem Gespräch am Main sagt Stephanie, dass wir Einsamkeit immer dann fühlen, wenn wir uns emotional getrennt fühlen von anderen Menschen.
Wie wir mit Einsamkeit umgehen sollten
Stephanie wünscht sich, dass wir mit unserem Umfeld achtsamer umgehen. Dass wir manchmal unsere Hand ausstrecken, wenn wir merken, dass ein Mensch einsam ist. Einen interessanten Aspekt nennt sie noch, zum Thema Einsamkeitsrisiken. Es sei besonders hoch, wenn sich in unserem Leben viele Dinge auf einmal veränderten. Veränderungen, die Einsamkeit begünstigen sind zum Beispiel:
- Umzug in eine fremde Stadt
- Verlust der Arbeitsstelle
- Tod eines geliebten Menschen
- Ende einer Partnerschaft
Wenn mehrere dieser Veränderungen auf einmal auftreten, dann kann es sehr schnell passieren, dass wir uns sehr einsam fühlen und es zu einer Einsamkeit führen kann, die krank macht.
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