Berührungen tun gut, sind wohltuend und heilsam. Zum Handauflegen in biblischer Tradition lädt die Freiburger Körpertherapeutin Anke Zillessen ein. In dem gemütlichen, kleinen Seelsorgeraum der Evangelischen Friedenskirche brennt eine Kerze, der Tee dampft, draußen geht die Sonne gerade unter: Zeit für ein kurzes Gespräch, dem Ankommen in der Stille und der inneren Sammlung.
Anke Zillessen klärt zunächst, ob eine physische Berührung an der Schulter gewünscht ist oder lieber eine "Berührung mit Abstand". Das Handauflegen verbinde die Menschen miteinander und sei "sehr stärkend und erdend". Es gehe dabei um eine achtsame Zuwendung, nicht um eine Heilungsabsicht. Zillessen, die auch Seminare für das Handauflegen in biblischer Tradition anbietet, erinnert an das Bibelwort "Gott spricht: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein".
Die Bibel erzähle davon, wie tröstend und heilsam Berührungen sein können. Auch Jesus habe den Menschen die Hände aufgelegt und Kraft, Trost und Segen gespendet. Den Abschluss des Treffens mit Zillessen bildet ein Segen und ein kurzes Nachgespräch. Das Projekt von Evangelischer Kirche und Erwachsenenbildung in Freiburg kommt bei den Teilnehmenden gut an. Sie genießen die körperliche Zuwendung und Spiritualität. Manche spüren eine Wärme und danach einen tiefen inneren Frieden.
Eine Teilnehmerin beschreibt das Handauflegen als eine "segnende Schutzschicht". Es schaffe eine Verbindung mit sich selbst, dem anderen "und mit Gott". Die wohltuende Kraft des Handauflegens komme in kirchlichen Segenshandlungen wie auch im Alltag zum Ausdruck, erklärt die Pforzheimer Dekanin Christiane Quincke. In der kirchlichen Praxis sei es vor allem als Segensgeste bekannt: "Ich lege den Konfirmanden die Hände auf den Kopf, um sie zu segnen."
Theologin: "Die urchristliche Praxis des Handauflegens sei ein "Schatz der Kirche"
Zudem gebe es das "intuitive" Handauflegen im Alltag: "Wenn ich Schmerzen habe, fasse ich an die Stelle. Fällt mein Kind hin und tut sich weh, nehme ich es in die Arme und halte meine Hand über die schmerzende Stelle", erläutert die evangelische Theologin im Gespräch. Die urchristliche Praxis des Handauflegens sei ein "Schatz der Kirche" und sollte wieder einen größeren Stellenwert bekommen, wünscht sie sich.
Dafür sei aber viel Übung nötig, eine Haltung der Demut und eine gute Begleitung, so Quincke. Ein besonderes Charisma brauche es jedoch nicht. Hilfreich sei es, wenn in Gemeinden bereits eine Segens- und Salbungstradition praktiziert werde, wie etwa in ihrer früheren Gemeinde in Markdorf. Dann sei das Handauflegen "der nächste logische Schritt".
Eine Schule des Handauflegens gibt es in Lindau am Bodensee. Gegründet wurde sie 2008 von Anne Höfler. Ziel von "Open Hands" sei es, das Handauflegen auf der Grundlage der Kontemplation zu praktizieren und zu verbreiten, erklärt Höfler im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die gebürtige Engländerin hat mehrere Jahre bei Heilern in verschiedenen Kulturen studiert und war langjähriges Mitglied der Nationalen Vereinigung spiritueller Heiler in England.
Durch das Handauflegen verändere sich etwas auf der psychischen, emotionalen und mentalen Ebene. "Es ist ein stilles Gebet mit den Händen", erläutert Höfler: "Dabei bitten wir um eine göttliche, heilende Kraft." Jeder könne kommen, egal ob religiös oder nicht. "Wir wissen nicht, was es bewirken wird." Das Handauflegen könne helfen, Ängste und Spannungen abzubauen und eine tiefe spirituelle Erfahrung ermöglichen. Heilungsversprechen würden aber nicht gemacht, betont Höfler.