So lebt ein Einsiedler

Pater Cuypers vor der Kapelle
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Pater Cuypers vor der Kapelle, in der er für Gläubige immer Kerzen im Vorrat hat.
Allein, nicht einsam
Die Klause von Norbert Cuypers steht neben einer gut besuchten Kapelle am Waldrand. Er lebt "in der Welt", aber zurückgezogen. In der Stille und im Alleinsein hat der Pater für sich einen Wert gefunden.

Den Eingang zu dem kleinen weißen Haus mit Spitzdach zieren zwei Kunststoffschafe, Blumentöpfe und ein Gartenzwerg, der den Namen Norbert trägt. Das blaue Schaf habe er auf der Insel Pellworm gekauft und vor seine Tür gestellt, erzählt Pater Norbert Cuypers. Eines Tages stand das hellgrüne Schaf daneben. Auch Gartenzwerg Norbert hat einen unbekannten Spender, ebenso die Marmeladengläser, Kuchenstücke und sonstigen Leckereien, die der Pater regelmäßig an seiner Tür findet.

Allein, aber nicht einsam

"Die Menschen hier freuen sich, dass die Klause bewohnt ist", vermutet er lächelnd. Norbert Cuypers lebt seit fünf Jahren als Eremit im Sauerland, in Deutschland gebe es davon etwa 100. Sie leben eine der ältesten Formen eines gottgeweihten Lebens. Die Klause bei der Ortschaft Wenden im nordrhein-westfälischen Landkreis Olpe wurde 1865 auf einer Lichtung am Waldrand errichtet. Direkt daneben steht die Kapelle "Dörnschlade", benannt nach dem 1414 erstmals urkundlich erwähnten Marienwallfahrtsort.

Cuypers schließt die Kapelle morgens um 7.30 Uhr auf und abends wieder ab, er sorgt für Kerzennachschub, von denen die Besucherinnen und Besucher täglich zwischen 300 und 500 Stück anzünden. Und er kümmert sich am Nachmittag um das seelische Heil der Menschen, die das Gespräch mit ihm suchen. Die Vormittagsstunden jedoch gehören ihm - und der Stille. Auch wenn die Motorengeräusche an- und abfahrender Autos immer wieder das Gezwitscher der Vögel unterbrechen.

Auf der Suche nach einem "anderen" Leben

Der 1964 in Köln geborene Sohn einer Krankenschwester und eines Sozialarbeiters wächst mit fünf Geschwistern auf. Nach einer Ausbildung tritt er dem katholischen Männerorden der Steyler Missionare bei. Er wird Lehrer in Papua-Neuguinea, studiert Theologie in Österreich und wird zum Priester geweiht. Irgendwann landet er in Berlin als Leiter des Noviziates seines Ordens in Deutschland. Er liest Bilanzen, diskutiert über Strukturen und hat volle Tage. Doch er sucht etwas anderes. Es ist ein Prozess über Jahre, der ihn, der immer in Gemeinschaft gelebt hat, in die Einsiedelei am Waldrand führt.

Vier Kilometer sind es bis zum Einkauf im nächsten Dorf. Dorthin geht der Eremit zu Fuß oder wird von Freunden mit dem Auto mitgenommen. Mit über 50 Jahren hat er gelernt zu kochen und sich selbst zu versorgen. "Inzwischen klappt das ganz gut", erzählt er lachend. Den Kontakt zu Freunden und Familie hält
er telefonisch, auf seinem Laptop schaut er auch mal einen Film. Nachdem die Kapelle morgens aufgeschlossen ist, frühstückt er, begleitet von einem Podcast, beschäftigt sich anschließend etwa eine halbe Stunde mit einem Bibeltext und geht dann eine Stunde in die Stille. Er schweigt und meditiert. Kein Text, keine Musik. "Dann bin ich einfach ich und versuche, in der Gegenwart Gottes zu sein", sagt Cuypers. Er sei in die Einsiedelei gegangen, um eine intensive Gottesbeziehung zu pflegen. Und er ist überzeugt, dass es "zunehmend wichtiger wird, auch im christlichen Kontext darauf hinzuweisen, dass wir einen Weg nach innen wagen müssen, den wir gerade hier in Europa verloren haben".

In der Stille spüren wohin das Leben gehen soll

"Wir sind so oft im Außen, immer abgelenkt und machen irgendetwas." Die Stille helfe, sich zu zentrieren und in den Mittelpunkt zu kommen, ist der 60-Jährige überzeugt. In der Stille entwickelt Cuypers ein Gespür für die Richtung, in die sein Leben gehen kann. Das sei nicht so einfach, wie es klingt. "Denn wenn du äußerlich ruhig wirst, wird es innerlich noch längst nicht still. Dann kommt der Schmodder hoch, der so tief in deinem Herzen sitzt, die ungelösten Fragen und die Schattenseiten des Lebens." In seinen seelsorgerlichen Gesprächen trifft Cuypers oft auf Menschen, die unter Einsamkeit leiden.

Sie kommen zu dem Pater, weil die Ehefrau gestorben ist, ein Paar sich hat scheiden lassen oder die Kinder zu selten kommen. "Die Menschen sind einsam, weil sie allein leben müssen. Sie haben sich das nicht ausgesucht." Er dagegen lebe allein, nicht einsam. Er habe das bewusst gesucht und einen Wert darin gefunden: "Im Alleinsein und der Stille spüre ich eine ganz große Verbundenheit mit allem, mit den Menschen und mit der Schöpfung

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