Vorwürfe gegen verstorbenen Pfarrer

Dunkles Kircheninneres mit Kirchenfenster und Jesusstatue
Getty Images/iStockphoto/barbaraaaa
(Symbolbild)
Sexualisierte Gewalt in Kirche
Vorwürfe gegen verstorbenen Pfarrer
Gegen einen 2015 gestorbenen evangelischen Pfarrer aus Düsseldorf werden Vorwürfe von sexualisierter Gewalt erhoben. Der Tatverdächtige war durch sein Engagement für Homosexuelle bekannt geworden. Eine Studie soll nun Klarheit schaffen.

Gegen einen mittlerweile gestorbenen Pfarrer der evangelischen Markusgemeinde in Düsseldorf werden Vorwürfe von sexualisierter Gewalt erhoben. Die Vorfälle beziehen sich auf den Zeitraum der Jahre 1970 bis 1990 und basieren auf Aussagen von zwei betroffenen Männern, wie der Kirchenkreis Düsseldorf am Dienstag mitteilte. Der Kirchenkreis, die Evangelische Kirche im Rheinland und die Markusgemeinde haben deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, die die Taten in der Gemeinde aufklären soll und mögliche Betroffene sowie Augenzeugen zur Teilnahme aufruft.

Der 2015 gestorbene tatverdächtige Pfarrer hatte sich für die Rechte homosexueller Menschen eingesetzt und war bundesweit etwa durch seine Arbeit für die Ökumenische Arbeitsgruppe "Homosexualität und Kirche" bekannt geworden. Der Pfarrer war von 1973 bis 2001 in der Markusgemeinde tätig, anschließend wurde er pensioniert. Im Rahmen seiner seelsorglichen Tätigkeit soll es zu den Vorfällen gekommen sein. Nähere Angaben zu der Art der Übergriffe oder der Zahl der Vorfälle machten Kirchenkreis und Gemeinde nicht.

Die zwei Betroffenen hatten sich in den Jahren 2022 und 2023 an die Ansprechstelle für den Umgang mit Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung gewandt, die der Stabsstelle Prävention, Intervention und Aufklärung (Pia) der rheinischen Kirche zugeordnet ist. Beide Betroffene waren zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Taten bereits erwachsen. Zudem wird im Rahmen der Studie ein erster Verdachtsfall geprüft, der schon im Jahr 2011 gemeldet worden war. Damals konnte der entsprechende Verdacht gegen den Pfarrer aber nicht erhärtet werden.

Studienergebnisse werden 2026 veröffentlicht

Die Studie wird von der Sozialwissenschaftlerin Johanna Sigl vom Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden verantwortet, die bereits an der bundesweiten ForuM-Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche und Diakonie mitgewirkt hat. Die Ergebnisse der Studie sollen im Frühjahr 2026 veröffentlicht werden. Man nehme die Schilderungen der Betroffenen "sehr ernst", sagte der Superintendent des Kirchenkreises Düsseldorf, Heinrich Fucks. Ziel der Studie sei es, den Betroffenen "Gehör zu verschaffen und strukturelle Bedingungen aufzudecken, die sexualisierte Gewalt ermöglicht oder begünstigt haben".

Projektleiterin Sigl verwies darauf, dass die Durchführung der Studie und ihre Veröffentlichung vollständig in der Verantwortung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler liege. Die Kontaktaufnahme zu möglichen Betroffenen oder Zeugen erfolge unabhängig von kirchlichen Stellen. Art und Umfang des Kontaktes werde von den Betroffenen bestimmt. Die Ergebnisse der Untersuchung sollten dazu "dienen, die kirchlichen Prozesse und Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt zu verbessern und eine Kultur der Fürsorge und Sicherheit für Schutzbefohlene in der Evangelischen Kirche zu stärken".

Superintendent Fucks sieht in dem Fall auch die Kirche in der Verantwortung: "Wir richten den Blick nicht nur auf den Beschuldigten, sondern auch auf ein System, das Machtmissbrauch, spirituellen Missbrauch und Grenzverletzungen zugelassen hat." Deshalb habe man sich für eine unabhängige Studie entschieden, die dazu diene, die interne Aufarbeitung für das Thema der sexualisierten Gewalt voranzutreiben.

In einem anderen Fall hatte die rheinische Kirche im September vergangenen Jahres unter anderem mit dem Kirchenkreis Düsseldorf Ermittlungen gegen einen bereits gestorbenen Kirchenmusiker eingeleitet. Der einschlägig vorbestrafte Mann, der in NRW in den Kirchenkreisen Düsseldorf, Leverkusen und Moers tätig gewesen war, soll an zwei Kindern beziehungsweise Jugendlichen der Luther-Kirchengemeinde in Düsseldorf sexualisierte Gewalt ausgeübt haben. Laut Fucks meldeten sich im Fall des Kirchenmusikers bislang fünf Betroffene sowie mehrere Zeitzeugen. Das Aktenscreening zu den Vorgängen sei "bald abgeschlossen". Dann solle zügig mit der Aufarbeitung der Vorfälle begonnen werden.