TV-Tipp: "Harter Brocken: Der Goldrausch"

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18. November, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Harter Brocken: Der Goldrausch"
Darstellerisch sehenswert ist auch diese Folge der Reihe rund um den Harzpolizisten Frank Koops und eine ehemalige Stasi-Offizierin. Sie erreicht aber nicht ganz die Rafinesse der vorherigen Geschichten, meint unser Rezensent.

In den Wirren der ostdeutschen Revolution ist so Manches beiseite geschafft worden. Dabei ging es beileibe nicht bloß um belastendes Archivmaterial; und davon erzählt "Der Goldrausch" mit Aljoscha Stadelmann als Provinzpolizist im Harz, in dessen beschauliches Dorf immer wieder mal das große Verbrechen vorbeischaut.

Der Reihenkern entspricht einem typischen Western-Topos: hier Dorfsheriff Frank Koops, dort die hartgesottenen Killer, die den gemütlich wirkenden Beamten regelmäßig unterschätzen. Nicht selten tritt das Böse dabei in weiblicher Gestalt auf, was den Auseinandersetzungen einen doppelten Reiz verleiht: Während die Frauen noch glauben, Koops um den Finger wickeln zu können, tappen sie bereits in seine Falle.

Diesmal ist die Gegenspielerin eine ehemalige Stasi-Offizierin. Die Besetzung dieser kaltblütigen Killerin mit Lina Wendel ist gewissermaßen ein ARD-Augenzwinkern in eigener Sache, denn in der Donnerstagsreihe "Die Füchsin" verkörpert die Schauspielerin als Privatdetektivin ebenfalls eine frühere Mitarbeiterin der Staatssicherheit. Dank ihres Charmes ist Wendel ohnehin eine formidable Schurkin: Seit 1989 wartet Inka Sassner darauf, eine Rechnung begleichen zu können. Damals wollte sie einen Laster voll Stasi-Gold klauen, aber die beiden NVA-Soldaten, die den Transport begleiteten, hatten was dagegen, ließen die Agentin vermeintlich tot zurück und versteckten den Schatz in einem der vielen Bergwerkstollen, die den Harz durchziehen.

Clever schlägt das Drehbuch von Mika Kallwass und Regisseur Markus Sehr den Bogen in die Gegenwart, als Koops’ bester Freund, der brave Postbote Heiner Kelzenberg (Moritz Führmann), im Rahmen der Vorbereitungen seiner Hochzeit mit Polizistin Mette (Anna Fischer) ein Foto ins Internet hochlädt, das ihn mit seinem vor zwanzig Jahren spurlos verschwundenen Kumpel Thorsten zeigt. In Halle an der Saale bekommt eine Frau umgehend einen entsprechenden Hinweis, und nun nehmen die Dinge ihren Lauf.

Natürlich geht es Inka auch um das Gold, aber vor allem will sie Vergeltung. Allerdings gibt es noch eine dritte Partei: Plötzlich taucht ein Trio vom Verfassungsschutz in St. Andreasberg auf; und Koops steckt wieder mal im Schlamassel zwischen den Fronten.

Das Drehbuch erfreut durch kleine Klondike-Verweise, überraschende Wendungen und interessante Figuren, hat aber nicht ganz die Raffinesse früherer Geschichten. Schöpfer der Reihe ist der mehrfache Grimme-Preisträger Holger Karsten Schmidt. Er ist auch der kreative Kopf hinter "Nord bei Nordwest", hat jedoch beide Reihen mittlerweile abgegeben.

Die Inszenierung wirkt ebenfalls entschärft, was schade ist; der besondere Reiz der früheren Filme lag gerade im Kontrast zwischen sympathischem Humor und Thriller-Spannung. Es ist zwar wie stets eine große Freude, dabei zuzuschauen, wie sich der tiefenentspannte Koops auch in Momenten größter Not nicht aus der Ruhe bringen lässt, aber wirklich packend ist der Film nicht. Stellenweise wirkt "Der Goldrausch" gar familienfreundlich.

Sehr hübsch sind dagegen die Szenen mit Wendel und Stadelmann. Am amüsantesten ist ein kleines Kneipenereignis, als die Mörderin, die bereits einen alten Mann auf dem Gewissen hat, dem Polizisten K.o.-Tropfen verabreichen will, was Koops jedoch ahnt, weshalb die beiden während eines Halma-Spiels fortan mehrfach für Ablenkungsmanöver sorgen, um die Biergläser vertauschen zu können.

Die achte "Harter Brocken"-Episode ist bereits Sehrs dritte Arbeit für die Reihe. Die beiden anderen, "Der Geheimcode" und "Der Waffendeal" (2019/2021), waren allerdings deutlich gelungener und stellten für den 2011 mit der skurrilen Kurt-Krömer-Kinokomödie "Eine Insel namens Udo" gestarteten Regisseur zudem eine Art Rehabilitierung dar, denn seine zwischen 2016 und 2018 entstandenen vier Episoden für die ZDF-Krimireihe "Friesland" waren allesamt kraftlos und entwickelten keinerlei Biss.

Gerade "Der Waffendeal" war ein fesselnder Thriller. Davon ist sein jüngstes Werk zwar abgesehen vom Finale weit entfernt, aber darstellerisch ist "Der Goldrausch" sehenswert wie eh und je. Dass die Ensemble-Mitglieder Lina Wendel, Judith Engel, Jörg Witte und Christian Grashof, die Figuren mit DDR-Vergangenheit verkörpern, allesamt gleichfalls einen ostdeutschen Hintergrund haben, mag eine Fußnote sein, ist aber zumindest eine Erwähnung wert. Das gilt auch für Anna Bachmann: Goldschmiedin Kim fragt sich bis heute, warum ihr Vater Thorsten sie damals im Stich gelassen hat. Die Antwort ist grimmig, aber die Frage, wo der Schatz wohl versteckt ist, beschert dem Film eine sympathische Schlusspointe.